Perlen des Lokaljournalismus St. Wendeler Exhibitionist wird zum Knüller

St. Wendel · Es sind nicht immer nur die ernsthaften Geschichten, die eine Tageszeitung ausmachen. Liebevolle Entgleisungen tun es ebenso. Wie der Bericht über einen zeigefreudigen Mann.

 In diesem ersten Band ist der verbale Ausrutscher (kleines Bild rechts oben) der Saarbrücker Zeitung verewigt, der bundesweit für Furore sorgte. Zwei Journalisten tragen seit Jahren Stilblüten aus der Presse zusammen. Darunter auch die der St.Wendeler Ausgabe.

In diesem ersten Band ist der verbale Ausrutscher (kleines Bild rechts oben) der Saarbrücker Zeitung verewigt, der bundesweit für Furore sorgte. Zwei Journalisten tragen seit Jahren Stilblüten aus der Presse zusammen. Darunter auch die der St.Wendeler Ausgabe.

Foto: SZ/hgn

Sie sind überall zu entdecken, wo Menschen Texte schriftlich fabrizieren. In einem klitzekleinen Augenblick der Unaufmerksamkeit entstehen sie: Formulierungen, die ungeschickt, falsch, doppeldeutig sind und damit ungewollt komisch daherkommen: Stilblüten eben. Auch eine Tageszeitung ist davor nicht gefeit. Obwohl in aller Regel mehrere Kollegen neben dem Verfasser zur Kontrolle vor der Veröffentlichung den Text lesen.

Ach wie schön ist es, dass trotz dieser Korrekturmechanismen verhohnepipelnde Äußerungen durchrutschen, ins Blatt oder Internet wandern. So ist es auch schon diverse Male der St.Wendeler Lokalredaktion der Saarbrücker Zeitung widerfahren. Die meisten Fälle bleiben fast unbeachtet. Nur ein paar Spitzfindigen fallen die verbalen Ausrutscher in schöner Regelmäßigkeit auf.

Ein Fauxpas indes schaffte es dann doch in die große Öffentlichkeit. Er war dermaßen ungewollt gelungen, so dass er seinen Siegeszug weit über die Grenzen der Region antrat, zuletzt sogar in einem Buch veröffentlicht wurde, somit bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Es handelte sich dabei um eine fast schon routinemäßige Polizeimeldung. Allerdings ist es den unfreiwilligen Künsten eines Journalisten zu verdanken, dass daraus mehr wurde.

Der Vorfall: Ein zeigefreudiger Mann entblößte sein bestes Stück vor den Augen einer verblüfften Spaziergängerin. Sie erinnerte sich bei ihrer Anzeige an die Frisur des ihr Unbekannten: Seine Haare waren zu einem Zopf zusammengebunden. Wenig später nahmen die Ermittler den mutmaßlichen Täter fest. Eine Erfolgsstory, die unter folgender wohlfeilen Schlagzeile publiziert wurde: „Exhibitionist mit Pferdeschwanz gefasst“.

Damit sorgte eine simple Nachricht, wie sie in ähnlicher Variante überall in Deutschland erscheinen könnte, für Furore. Die Macher der Internetseite Perlen des Lokaljournalismus nahmen sich der Sache an. Sie veröffentlichten den Text samt der äußerst zweideutigen Überschrift in ihrem sich Stilblüten und sprachlichen Entgleisungen widmenden Internetforum beim sozialen Netzwerk Facebook. Tausende Nutzer klickten diese Geschichte an, viele kommentierten süffisant.

Eine Auswahl solcher spaßigen Journalistenfehlleistungen packten die beiden Macher Ralf Heimann und Jörg Homering-Elsner in ein erstes Buch. Der Titel, beruhend auf eine ebenfalls veröffentlichte Zeitungsstilblüte: „Lepra-Gruppe hat sich aufgelöst – Perlen des Lokaljournalismus.“ Und siehe da: Unter diesen Perlen ist der St.Wendeler Exhibitionist zu finden.

Die Meldung blieb auch anderen Kollegen nicht verborgen. Ein Journalist beim Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel entdeckte im jungen Internetangebot der Saarbrücker Zeitung, www.sol.de, ebenfalls den Entblößer mit der auffälligen Haarpracht. Rafael Buschmann informierte daraufhin via Kurznachrichtendienst Twitter darüber.

Die St.Wendeler Zeitung hat darüber hinaus noch weitere Stilblüten zu bieten, die einfach durchgerutscht sind, zum Amüsement vieler Leser. Weiteres Beispiel gefällig? Am 5.Mai 2014 berichtete die Lokalausgabe über den Oberthaler Keramikmarkt. Es ging um die Zimmerpflanze Hauswurz. Allerdings erhielt sie einen anrüchigen neuen Namen: „Die Zimmerpflanzen kommen aus Südafrika, die Keramiken mit Hausfurz kann man ins Freie stellen.“ Unserer Auffassung nach muss man sie sogar tunlichst nach draußen bugsieren.

Außerdem hoffen wir inständig, dass es der Mutter gutgeht, die im März dieses Jahres ein gesundes Kind zur Welt brachte. Allerdings war folgendes, schier Unglaubliches da zu lesen, was uns daran zweifeln lässt: „Dann war Elias da, 49Zentimeter groß und 2810Kilo schwer.“ Ein wahrer Wonneproppen.

Der Sammelsuriumerfolg der beiden Autoren Heimann und Homering-Elsner, die selbst journalistisch tätig sind, ließ sie einen zweiten Band auf den Markt bringen, ebenfalls im Münchner Wilhelm-Heyne-Verlag erschienen: „Bauchirurg schneidet hervorragend ab“. Beide Werke sind weiterhin zu haben.

Die Meldung zum St. Wendeler Exhibitionisten ist im Internetangebot der Saarbrücker Zeitung weiterhin abzurufen:

 Kind gerettet: Alles sieht danach aus, als hätte dieses Mädchen Höllenqualen durchleiden müssen. Ein Gewehrkolben durch den Kopf gerammt. Wir können entwarnen: Es aß nur eine Suppe während des Indianerfestes am Bostalsee im August 2013. Die Flinte hing im Hintergrund an der Wand. Ja, auch Bilder können was Stilblütenhaftes an sich haben. Diese Aufnahme landete übrigens in unserem Archiv, wurde wohlweißlich nicht publiziert.

Kind gerettet: Alles sieht danach aus, als hätte dieses Mädchen Höllenqualen durchleiden müssen. Ein Gewehrkolben durch den Kopf gerammt. Wir können entwarnen: Es aß nur eine Suppe während des Indianerfestes am Bostalsee im August 2013. Die Flinte hing im Hintergrund an der Wand. Ja, auch Bilder können was Stilblütenhaftes an sich haben. Diese Aufnahme landete übrigens in unserem Archiv, wurde wohlweißlich nicht publiziert.

Foto: SZ/Inkognito
 Am 18. Januar 2012 auf der  Internetseite erschienen: die Schlagzeile, die einen Siegeszug antrat. Hier der Abdruck aus dem ersten Buch „Lepra-Gruppe hat sich aufgelöst“ aus der Reihe „Perlen des Lokaljournalismus.“

Am 18. Januar 2012 auf der  Internetseite erschienen: die Schlagzeile, die einen Siegeszug antrat. Hier der Abdruck aus dem ersten Buch „Lepra-Gruppe hat sich aufgelöst“ aus der Reihe „Perlen des Lokaljournalismus.“

Foto: SZ/hgn
  Rafael Buschmann (Der Spiegel) wurde ebenso auf die SZ-Schlagzeile aufmerksam und brachte sie via Kurznachrichtendienst Twitter in Umlauf.

Rafael Buschmann (Der Spiegel) wurde ebenso auf die SZ-Schlagzeile aufmerksam und brachte sie via Kurznachrichtendienst Twitter in Umlauf.

Foto: SZ/hgn
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