Serie Selbsthilfegruppen „Psoriasis ist eine zeitaufwendige Krankheit“

St. Wendel · Schuppenflechte ist eine Krankheit, die Betroffene sehr quält. Helene Ball hat es sich zur großen Aufgabe gemacht, Ratsuchenden zu helfen.

 Helene Ball engagiert sich mit viel Leidenschaft und Einsatz ehrenamtlich für Psoriasis-Patienten.

Helene Ball engagiert sich mit viel Leidenschaft und Einsatz ehrenamtlich für Psoriasis-Patienten.

Foto: Marion Schmidt

Wenn die Haut plötzlich juckt, sich rötet und stark schuppt, dann beginnt für die Erkrankten eine nicht enden wollende quälende Zeit, die geprägt ist von vielen Arztbesuchen, Therapien und meist einer Einschränkung der Lebensqualität. Wer an Schuppenflechte (Fachbegriff: Psoriasis) erkrankt, hat zeitlebens einen lästigen Begleiter, der tagaus, tagein in jeder Lebenslage gemanagt werden will. „Psoriasis ist eine zeitaufwendige Krankheit. Ich muss mich morgens, mittags einsalben und zweimal wöchentlich baden, um die Beschwerden zu lindern“, berichtet Helene Ball, die selbst seit 1995 an Psoriasis-Arthritis erkrankt ist. Der eigene Leidensweg und die Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem haben Helene Ball motiviert, dem Deutschen Psoriasis Bund (kurz: DPB) beizutreten und sich zu engagieren: „Ich wollte Fachwissen aus erster Hand erwerben, Kompetenz entwickeln, und der Austausch mit ebenfalls Betroffenen war mir sehr wichtig.“

Seit Januar 2013 ist sie im Saarland Kontaktperson der Patientenselbsthilfeorganisation, und seit Oktober 2014 unterstützt sie als Beisitzerin den Vorstand des DPB. „Ich bin seit 50 Jahren im Gesundheitswesen tätig und habe schon immer gern meine Stimme erhoben. Heute will ich meine Erfahrung mit der Psoriasis und Psoriasis-Arthritis und mein Wissen weitergeben und Ratsuchende unterstützen.“

Die Schuppenflechte ist eine chronische Hauterkrankung, die mit unübersehbaren Krankheitszeichen wie rötlich-entzündeten Hautstellen und silbrigen Schuppen einhergeht. Die Psoriasis-Arthritis ist dazu eine Gelenkerkrankung, die alle Gelenke und Sehnen befallen und ohne Behandlung zur Versteifung führen kann. Die Erkrankung beruht auf einer genetischen Veranlagung und ist nicht heilbar. „Menschen mit Psoriasis leben und leiden meist im Verborgenen. Denn ein von der Norm abweichendes Hautbild kann äußerst belastend sein. Viele Erkrankte haben nicht nur Probleme, sich selbst anzunehmen, sondern sie schützen unbewusst auch ihr soziales Umfeld. Sie verstecken sich und ihre Erkrankung, damit sich ihr Umfeld nicht mit dem anderen Körperfeld auseinandersetzen muss“, berichtet Helene Ball.

Die Diagnose Schuppenflechte könne eine soziale Vereinsamung nach sich ziehen und sich negativ auf die private wie berufliche Lebensplanung auswirken. Ball: „Wer mit viel Kundenkontakt arbeitet, kann aufgrund der sichtbaren Krankheitszeichen auf der Haut seinen Beruf vielleicht nicht mehr ausüben. Die Erkrankung kann auch eine große Belastung für die Partnerschaft sein.“ Aber auch auf Freizeitaktivitäten wirke  sich die Erkrankung negativ aus. Viele Patienten scheuen zum Beispiel einen Besuch im Schwimmbad. „Es gab Zeiten, da durften die Bademeister Schwimmbadbesucher mit Schuppenflechte rausschmeißen. Gegen solche Formen der Diskriminierung müssen wir massiv vorgehen“, so  Ball. Zwar wurde 2006 die Badeordnung geändert und somit anerkannt, dass Psoriasis keine ansteckende Krankheit ist, die Scham, sich im Schwimmbad den  Blicken auszusetzen,  seijedoch bei vielen geblieben.

Die Schuppenflechte wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2014 offiziell als schwere nichtinfektiöse Krankheit anerkannt und zählt zu den häufigsten Hauterkrankungen überhaupt. Mehr als zwei Millionen Menschen sind in Deutschland erkrankt. Die WHO forderte 2014, dass auf der Behandlung der Psoriasis größtmögliche Aufmerksamkeit liegen solle. Ein jedes Jahr für den 29. Oktober ausgerufener Welt-Psoriasis-Tag solle dazu beitragen, die öffentliche Wahrnehmung der Erkrankung positiv zu beeinflussen und aktiv gegen die Diskriminierung von Betroffenen vorzugehen. Ball sieht noch viel Handlungsbedarf und fordert mehr Aufklärungsarbeit. „Gerade hier im Saarland leben wir in Sachen medizinischer Versorgung von Psoriasis-Patienten noch in einer Diaspora. Es ist oft schwer, einen Arzt zu finden, der eine Diagnose nach einer von Experten, dem wissenschaftlichen Beirat des DPB, aufgestellten Leitlinie zur Therapie von Psoriasis vornehmen kann. Daher müssen wir selbst zu Experten unserer Erkrankung werden“, rät  Ball.  Über den DPB sind bundesweit Selbsthilfegruppen organisiert. Im März 2017 hat Helene Ball die Selbsthilfegruppe Saarland gegründet. Die Treffen der Selbsthilfegruppe finden in den ungeraden Monaten jeweils an jedem dritten Mittwoch in den Räumen des UTZ in St. Wendel statt. Zwischen vier und 15 Psoriasis-Patienten besuchen diese Treffen. „Wir tauschen uns über Therapien aus, über Erfolge und Misserfolge. Aber auch alternative Behandlungsmethoden sind ein Thema“, so Ball. Neben diesen Treffen organisiert der DPB Wochenendseminare für Eltern mit ihren Kindern oder Seminare für Jugendliche. „Die Teilnehmer erleben das Wochenende mit Experten und bei gemeinsamen Freizeitaktivitäten als Wohltat und Entspannung zu ihrem quälenden Alltag im Leben mit der Schuppenflechte.“ Der Selbsthilfetag am 8. September in St. Wendel ist für Helene Ball ein Baustein für ihre Öffentlichkeitsarbeit und ein Forum, um die öffentliche Aufmerksamkeit im Sinne der WHO auf die Psoriasis zu lenken. Den Selbsthilfetag will sie aber auch nutzen, um mit Erkrankten und ihren Angehörigen in Kontakt zu treten und über die Arbeit der Selbsthilfegruppe zu informieren.

Kontakt Selbsthilfegruppe Psoriasis: Helene Ball, Tel. (0  68  52) 99  17  39
oder rg-saarland@psoriasis-bund.de.

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