Deutschland Rallye Zusätzliche Lärm- und Luftbelastung

Niederkirchen · Rallyesport und Naturschutz vertragen sich nicht ganz so gut. So gibt es auch bei der Rallye Deutschland wieder Konfliktpotenzial.

Die ADAC Rallye Deutschland mit weltweitem Medieninteresse sorgt im Landkreis St. Wendel für ein Motorsport-Großereignis. Was den Veranstalter ADAC und Tausende Rallyeanhänger begeistern mag, bereitet dem Bund Naturschutz Ostertal (BNO) große Bauchschmerzen. Deren Pressereferent Reinhard Reis aus Niederkirchen führt Gründe an, die aus Sicht des BNO gegen die Veranstaltung, die in den nächsten drei Jahren im Saarland geplant ist, sprechen. Gerade in einer Region, die zum Teil im Naturpark Saar-Hunsrück liege, werde der Erholungswert durch die Veranstaltung erheblich eingeschränkt. „Das St. Wendeler Land wird mit Lärm und Abgasen überzogen werden. Viele erholungsuchende Touristen und Kurzurlauber werden dann wohl lieber fern bleiben“, prophezeit Reis. Die Landesregierung kritisiert er dafür ab, dass die Festwiese am Bostalsee in Parkplätze und in „Reparaturlager für Rennautos“ umgestaltet worden ist. Im Landkreis St. Wendel sei man zudem noch stolz darauf, für diese unsinnige Maßnahme auch noch Fördergelder in Höhe von 800 000 Euro erhalten zu habe. Für BNO-Pressereferent Reis Gelder, die an anderer Stelle fehlen. „Für eine nachhaltige Verkehrsanbindung des Nationalparks Saar-Hunsrück ist kein Geld da“, kritisiert er. Und dazu würden sich nun zusätzliche Probleme am Bostalsee auftun. „Öle und giftige Stoffe aus den Rallyeautos können direkt in den See fließen“, mahnt er. Der BNO hält die Rallye weiterhin aus „ökologischen und pädagogischen Gründen für einen Anachronismus“. Wenn schon Motorsport, dann auf entsprechendem Gelände und nicht quer durch Städte und Gemeinden.

Viele Strecken erscheinen besonders problematisch. Dazu zählen insbesondere die Feldwege. „Wozu werden Wildruhezonen, Landschaftsschutzgebiete und ein Natura-2000-Gebiet ausgewiesen, wenn sie dann doch als Spielwiese für den ADAC dienen?“, so Reis. Denn die Wertungsprüfungen im Landkreis tangierten ökologische Vorranggebiete mit hoher Biotopdichte und führten vorbei an Gebieten, die als Naturpark und Landschaftsschutzgebiete deklariert seien. „Gerade in diesen Gebieten hat eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt eine Rückzugs- und Überlebensmöglichkeit gefunden“, stellt der Naturschützer fest.

Negativbeispiel für Reis ist die Rallye Rheinland-Pfalz-Saarland, die Anfang März teilweise auf Strecken im Ostertal ausgefahren wird. „Die Lärmbelastung ist zu hoch, Leute kommen nicht an ihre Grundstücke“, weiß er. Dass die Wertungsprüfung (WP) Bosenberg zu Beschwerden aus der Bevölkerung geführt hat, bestätigt Thea Edinger (SPD), Ortsvorsteherin des Gemeindebezirks Niederkirchen (Bubach, Marth, Saal und Niederkirchen). Aber „einen einstimmigen Ortsratsbeschluss gegen Durchführungen von Wertungsprüfungen im Ostertal“, wie Reis schriftlich mitteilt, habe es laut Edinger dagegen nicht gegeben. „Das Thema Rallye ist nachträglich als Tagesordnungspunkt der Ortsratssitzung am 12. April aufgenommen worden, und es wurde darüber angeregt diskutiert“, berichtet die Ortsvorsteherin. Gemeinsam mit allen Beteiligten sollte anschließend ein runder Tisch einberufen werden, um über Lärm, Flurschäden und den Umwelt- und Naturschutz aufmerksam zu machen. „Gegebenenfalls soll dann keine Rallye auf den betreffenden Gemarkungen mehr stattfinden“, erklärt Edinger.

Für die derzeit laufende Rallye Deutschland ist die WP Bosenberg nicht berücksichtigt worden und am runden Tisch saß bislang noch niemand. „Bei der Rallye Deutschland gab es mit dem ADAC noch nie Probleme, anders bei der Rallye Rheinland-Pfalz-Saarland“, stellt die Ortsvorsteherin klar. Problematisch für sie dabei ist, die Anfang März beginnende Brut- und Setzzeit. Des Weiteren bemängelt sie wie ihr Hoofer Amtskollege Gernot Müller (SPD) die schleppende Beseitigung der Wegeschäden. „Ein Jahr musste ich schon einer Firma hinterherlaufen, bis die bei der Rallye Rheinland-Pfalz-Saarland verursachten Schäden endlich behoben wurden“, berichtet Müller.

Pressereferent Reis ist der Auffassung, dass die Verantwortlichen während dieser Veranstaltung auf den Innenstadt-Rundkurs in St. Wendel verzichten sollten. Dieser führe zu massiven Verkehrsbehinderungen und Beeinträchtigungen für Anwohner. „Der vorgesehene Stadtkurs sorgt für zusätzliche Luft- und Lärmbelastung und bringt erhebliche verkehrstechnische Probleme mit sich. Das habe der „Ausnahmezustand“ im März dieses Jahres gezeigt, als zahlreiche Sperrungen und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit selbst bei Fußgängern für erheblichen Unmut gesorgt haben“, sagt Reis. Viele Städte in Deutschland würden unter den Schadstoffbelastungen und dem Lärm leiden, die durch den Verkehr verursacht werden. „Wir sollten den ländlichen Raum nicht auch noch damit belasten“, fordert Reis.

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