St. Wendel Der letzte Auftritt als Superintendent

St. Wendel · Gerhard Koepke verabschiedet sich in einem Gottesdienst in St. Wendel als Chef des Kirchenkreises Saar-Ost.

 Das war’s: Präses Manfred Rekowski (links) entpflichtet Gerhard Koepke.

Das war’s: Präses Manfred Rekowski (links) entpflichtet Gerhard Koepke.

Foto: Frank Faber

Gerhard Koepke hat alle Hände voll zu tun. Im Jahr 1982 ist er Pfarrer in St. Wendel geworden. Der nun scheidende Superintendent steht am Portal der Evangelischen Stadtkirche und begrüßt die Gäste zu seiner Verabschiedung. „Ich freue mich, schön, dass du gekommen bist“, heißt er Familienangehörige, Freunde, Bekannte und Weggefährten willkommen. Koepke ist verheiratet und Vater von drei Söhnen.

Das Gotteshaus füllt sich. Koepkes letzten Auftritt als Superintendent erleben im bestuhlten Gemeindesaal viele Besucher. Jazzig eröffnen Organist Thomas Layes und Volker Jung am Saxofon den Gottesdienst mit Keith Jarretts Werk „Memories of tomorrow“. Das ist ganz nach dem Geschmack des Superintendenten. „Volker hat acht Jahre versucht, mir das Saxofonspielen beizubringen“, sagt der 65-Jährige mit Blick zu den beiden Musikern hinauf zur Empore.

Den Gottesdienst allgemein bezeichnet Koepke als ein Fest des Lebens. Während seiner Predigt blickt er zunächst auf die Jahre zurück, in denen in der Evangelischen Kirche in St. Wendel viel gelungen sei. „Den Kirchenkreis St. Wendel konnten wir uns nicht leisten, es wurden neue Verwaltungsstrukturen eingesetzt“, erklärt er.

Der aus Saarbrücken stammende Theologe ist 1999 zum Superintendenten des Kirchenkreises St. Wendel gewählt worden und nach dessen Auflösung 2010 dann zum Superintendenten des neuen Kirchenkreises Saar-Ost. In seiner Amtszeit hat er es geschafft, die Gemeinden im neuen Kirchenkreis zusammenzuführen.

„Habe zuletzt an all das gedacht, was gelungen ist“, sagte Koepke. Aber dann habe er eine E-Mail von einem Freund, den er Manfred nennt, bekommen und von dessen neuerlicher Krebserkrankung erfahren. „Ich habe noch ein halbes Jahr zu leben“, hat er dem Pfarrer mitgeteilt. Und der gesteht: „Die Ohnmacht hat mich danach übermannt“.

Ohnmacht, so Koepke weiter, mache sich nicht nur bei Krankheiten breit. So habe der Dieselskandal eine andere Art der Ohnmacht verursacht, genau wie der Missbrauch von Datensätzen in den sozialen Netzwerken. Koepke berichtet von einer Frau, die ihren Sohn und den Enkel durch Mord verloren hat. „Der Mörder konnte nicht hingerichtet werden, weil keine Zeugen zur Hinrichtung gekommen sind“, ergänzt er. Nun reise die Frau als Zeugin von Hinrichtung zu Hinrichtung, halte damit den Schmerz wach und schade sich damit aber selbst. „Auch in der Ohnmacht entsteht Stärke, denn Gott steht einem immer bei, deshalb gehe ich nicht unter“, stellt Koepke fest.

Seit dem Amoklauf im Februar an einer Schule in Parkland in Florida demonstrieren Schüler in den ganzen USA für schärfere Waffengesetze. „Sie sind nicht ohnmächtig geblieben, so eine Protestwelle hat es in der US-amerikanischen Geschichte nicht gegeben“, meint er, „und so etwas kann entstehen, wenn die Wut so groß ist.“ Wenn die Führer sich wie Kinder verhalten würden, so der Superintendent, müssten die Kinder führen. „Das waren nur ein paar Beispiele, die zeigen, wie wir uns aus der Ohnmacht bewegen können“, merkt Koepke an und schließt die Predigt.

Passend dazu intoniert die Kantorei Obere Nahe das Lied „Ermutigung“ von Wolf Biermann. Dessen Text warnt sein Gegenüber, sich trotz der herrschenden Zustände nicht verhärten und verbittern zu lassen. Und dann wird es still im Altarraum. Manfred Rekowski, seit 2013 Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, tritt nach vorne. „Achte den Dienst, dem sich der Superintendent hingegeben hat“, lobt er und entpflichtet ihn aus dem Dienst. „Ich bin entpflichtet und gebe das Heft aus der Hand“, sagt Koepke.

Sein Nachfolger als Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Saar-Ost wird der 49-jährige Markus Karsch, der vor einer Woche an gleicher Stelle als Pfarrer in der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde St. Wendel verabschiedet worden ist.

Das Duo Layes/Jung beendet mit der Jazz-Komposition „Mercy, Mercy, Mercy“ (Joe Zawinul) das hauptberufliche Wirken des Superintendenten.

In all den Jahren hat er zahlreiche Kontakte in die Ökumene gepflegt, er war Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Saarbrücken und hat in der Konferenz der Kirchen am Rhein mitgearbeitet. Seit 1993 ist er Autor von Rundfunkandachten und hat in Rundfunkgottesdiensten gepredigt.

1996 hat Koepke die Predigtreihe bei der Abendandacht am Neujahrstag in der Stadtkirche installiert. Politiker erläutern zu Beginn des neuen Jahres anhand der Jahreslosung der Evangelischen Kirche ihre Gedanken zur Zukunft von Staat und Gesellschaft.

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