Jean-Jacques präsentiert seine Neue

Werschweiler · Kommt Storchendame Jacqueline über ihren untreuen Partner hinweg? Das ist die Frage, die Tierfreunde beschäftigt. Als Jacqueline am Ostermontag aus ihrem Winterquartier nach Werschweiler zurückkehrte, wartete auf ihrem Horst eine böse Überraschung: eine fremde Storchendame.

 Storch Jean-Jacques (links) legt seinen Flügel um die Storchendame an seiner Seite so, als wollte er sagen: Schaut her, das ist meine Neue. FOTO: B&K

Storch Jean-Jacques (links) legt seinen Flügel um die Storchendame an seiner Seite so, als wollte er sagen: Schaut her, das ist meine Neue. FOTO: B&K

Was haben sich die Tierfreunde gefreut, als Anfang März Storch Jean-Jacques in Werschweiler gesichtet wurde. Ganz selbstverständlich kehrte er auf jenen Horst zurück, in dem er im vergangenen Jahr mit seiner Storchendame Jacqueline residierte und den gemeinsamen Nachwuchs groß zog. Wie es typisch für Storchenmänner ist, kam auch Jean-Jacques vor der Partnerin aus dem Süden zurück. Und machte sich daran, das Nest herzurichten. Vorbildlich!

Doch jetzt hat sich der fleißige Hausmann als echter Casanova entpuppt. Denn statt auf die Rückkehr seiner Jacqueline zu warten, hat er sich eine neue Storchendame angelacht. Wie Peter Volz, Koordinator der "Aktion Storch" beim Bund Naturschutz Ostertal (BNO), berichtet, wurden vergangenen Freitag neun Störche über dem Werschweiler Horst gesichtet. Zu diesem Trupp gehörte auch Jean-Jacques' Neue. Woher genau das Tier stammt, ist nicht bekannt. Denn die Störchin trägt keinen Ring. Nach Beobachtung von Volz kreisten am vergangenen Samstag noch sechs Tiere über Werschweilers Horst, dann nur noch vier.

Ostermontag folgte die große Überraschung; Jacqueline kam nach Hause. Doch neben dem treu sorgenden Partner aus dem vergangenen Jahr fand sie auch eine fremde Storchendame in ihrem Horst. Das wollte die Verschmähte nicht auf sich sitzen lassen. Und attackierte laut Volz zusammen mit einem ebenfalls unbekannten und unberingten Storch das traute Paar. Dass die Sitzengelassene nicht nur ordentlich austeilte, sondern auch einstecken musste, beweist eine Wunde. "Sie blutet am Kopf", berichtet Volz, der sich Sorgen um die Storchendame macht.

Solche Revierkämpfe sind nicht unüblich, weiß Nabu-Storchenbetreuer Christoph Braunberger. Es komme regelmäßig vor, dass sich Storchenmänner gegenseitig die Weibchen ausspannen. Auch Kämpfe um besonders gute Nistplätze seien an der Tagesordnung. Solche Revierkämpfe könnten auch richtig gefährlich für die Tiere und den Nachwuchs werden. Denn es würden auch mal Eier oder sogar Jungtiere aus dem Nest geworfen. Und noch ein Faktor ist nicht zu unterschätzen: "Für die Tiere ist das Stress pur", sagt Braunberger. Dass die Revierkämpfe in Werschweiler noch vor der Brutzeit ausgetragen werden, wertet der Ornithologe (Vogelkundler) positiv. Denn so stünde einer erfolgreichen Brut nichts im Wege.

Zumindest wenn Jacqueline ihren Liebsten aufgibt und ihn und die Neue in Ruhe lässt. Doch momentan sieht es danach nicht aus. Naturfotograf Otmar Becker aus Niederkirchen kommt zwei Mal täglich zum Horst in Werschweiler . Er beobachtet die Attacken der Verschmähten. Die neue Horst-Bewohnerin wehre sich nach Kräften. Eine Verletzung hat Becker bei ihr bisher noch nicht feststellen können. "Das Männchen hält sich zurück", sagt Becker. Also ist Jean-Jacques doch ein Gentleman oder nur ein Pantoffelheld?

Eines ist er in jedem Fall nicht: ein Kostverächter. Denn nach Informationen von Peter Volz haben sich Jean-Jacques und seine neue Herzensdame gepaart. Damit aber nicht genug. Als sich Jacqueline auf eine Plattform an der Werschweiler Kläranlage zurückgezogen hatte, stattete ihr Ex-Partner ihr einen Besuch ab. "Die beiden haben sich gepaart und dann wieder getrennt", sagt Volz. Der tierische Franzose, der nach Informationen von Otmar Becker 2009 geschlüpft ist, lässt also nichts anbrennen. Trotz des Techtelmechtels mit der Ex scheint Jean-Jacques bei seiner neuen Partnerin bleiben zu wollen.

Früher galt der Storch als treu. "Seit der Beringung wissen wir, dass das nicht immer der Fall ist", so Volz. Da habe sich wie bei den Menschen vieles geändert.

Aber was wird jetzt aus der 2012 geschlüpften Jacqueline? "Noch ist Zeit, dass ein Männchen vorbeikommt, dem sie sich anschließen kann", sagt Becker. Im vergangenen Jahr habe sie auch erst spät gebrütet. Vielleicht gibt es in diesem Jahr im Ostertal gleich zwei Storchenpaare mit Nachwuchs. Freie Horste gibt es zum Beispiel noch an der Saaler Kläranlage.

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