Motorsport Motorrad-Klassiker lassen Augen leuchten

St. Wendel · Über 4000 Liebhaber historischer Motorräder besuchten das dreitäge Event der engagierten MCW-Motorsport-Historiker in St. Wendel.

 Aufregend und spannend: Akrobatisch legen sich die Beifahrer aus dem Seitenwagen in einer Kurve des Wendelinusparks über den Asphalt.

Aufregend und spannend: Akrobatisch legen sich die Beifahrer aus dem Seitenwagen in einer Kurve des Wendelinusparks über den Asphalt.

Foto: Frank Faber

Nostalgischen Motorrädern neuen Glanz zu verleihen, das  haben sich die MCW-Motorsport-Historiker aus St. Wendel zum Auftrag gemacht. Ihre dreitägige Klassikveranstaltung hat zum sechsten Mal gut 200 Besitzer solch alter Maschinen aus neun Nationen in den Wendelinuspark gelockt. Selbst schlappe 800 Kilometer Anreise konnte eine Gruppe aus der österreichischen Steiermark nicht von der Teilnahme in St. Wendel abhalten. „Das Flair und die Atmosphäre hier ist einmalig“, sagt Gerhard Ehrenreich, der ein englisches Modell der Marke AJS aus dem Jahre 1954 fährt. Er und sein Kumpel, Triumph-Pilot Alfred Rautner, freuen sich auf die Präsentationsfahrt über den Rundkurs. „Bei uns gibt es solche Gelegenheiten nur ganz selten“, berichtet Rautner. Die Zeiten spektakulärer Motorradrennen sind in St. Wendel zwar schon lange vorbei, doch die Erinnerungen an die Rennen sind während der Klassiktage allgegenwärtig.

Von jüngeren Leuten unerkannt bewegt sich ein Senior anonym mitten durch das Ausstellungsgelände. Dreimal in Folge war Hans-Georg Anscheidt in den 1960er-Jahren auf einer Suzuki in der 50-Kubikzentimeter-Klasse Motorrad-Weltmeister. „Es freut mich, dass die älteren Motorräder einem Publikum präsentiert werden“, sagt der mittlerweile 83-Jährige. Rückblickend zu den Rennen in St. Wendel berichtet er von zum Teil schlechten Straßenverhältnissen und gefährlichem Kopfsteinpflaster. „An der Strecke war immer sehr viel los, es war familiär und wir Fahrer sind sehr gut von Rennleiter August Balthasar betreut worden“, erzählt Anscheidt.

Ein paar Jährchen jünger als er ist ein rasendes Ü70-Ehepaar aus England. Während der Demonstrationsschleife der Gespanne lenkt Dennis die Gilera Saturno 500, Baujahr 1950, und Christine Etherridge legt sich akrobatisch im Seitenwagenkasten in den Kurven über den Asphalt.

Zwischendrin macht Streckensprecher Klaus Lambert die Besucher auf ein besonderes Motorgeräusch aufmerksam. Laut Lambert handele es um den Motor der ehemaligen Norton Manx, die früher der Winterbacher Motorradrennfahrer Karl Recktenwald (1931 bis 1964) gesteuert habe. Lange Zeit sei über den Verbleib nichts bekannt gewesen, bis Händler Helmut Kilian aus München den Motor 2015 auf der Veterama, Europas größtem Oldtimer-Markt, in Mannheim erstanden habe. „Wo das Fahrgestell der Maschine, mit der Karl Recktenwald damals verunglückte, verblieben ist, ist noch unbekannt“, teilt Lambert mit.

Es vergeht kein Lauf, ohne dass er passende Anekdoten und Fakten über die Motorräder parat hat. „Die alten Dinger müssen ja auch bewegt werden“, sagt Besucher Wilhelm Stumpf aus Krottenbach. In der sogenannten Kaiserklasse tuckern stilecht gekleidete Fahrer im Sattel der rund 100 Jahre alten Zweirrad-Veteranen mit gemäßigter Geschwindigkeit über den 1000 Meter langen Rundkurs.

 Eine perfekte Kombination: Wenn historische Motorräder und Gespanne durch die historische Altstadt von St. Wendel knattern, schlägt das Herz eines jeden Oldtimer-Fans höher.

Eine perfekte Kombination: Wenn historische Motorräder und Gespanne durch die historische Altstadt von St. Wendel knattern, schlägt das Herz eines jeden Oldtimer-Fans höher.

Foto: Frank Faber

„Es war eine rundum gelungene Veranstaltung“, resümiert Werner Klär, Vorsitzender der Motorsporthistoriker am Sonntagabend. Nach erster Schätzung hätten rund 4000 Freunde historischer Zweiräder die Motorsport-Klassik-Veranstaltung besucht. Eine Klasse für sich war die Rundfahrt für Menschen mit Handicap durch das St. Wendeler Land. In diesem Jahr konnte Waldemar Lauck aus Wemmetsweiler insgesamt 65 Gespann-Fahrer mit Seitenwagen dafür gewinnen. Für den guten Zweck haben Lotus-Piloten Fahrgäste über den Rundkurs und ins Umland chauffiert. Der Erlös geht an den Kinderhospizdienst Saar. Die Klassik-Fete war am Freitag mit einer Stadtrundfahrt der zwei- und vierrädrigen Oldies gestartet. „Die Teilnehmer lieben das, weil es so etwas deutschlandweit sonst nicht mehr gibt“, stellt Klär fest. Zu neuen Ehrenmitgliedern haben die Motorsport-Historiker St. Wendels Bürgermeister Peter Klär (CDU) sowie Ferry Brouwer aus den Niederlanden, einst Mechaniker bei Weltmeister Phil Reid und Chef des Yamaha-Racing-Teams, ernannt.

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