Multi-Kulti Ein Miteinander nicht nur zu Weihnachten

St. Wendel · Bei Plätzchen und Christstollen plauderten Flüchtslingsfrauen im Café Miteinander über Bräuche zu Weihnachten und im Advent.

 Frauen aus Syrien und Eritrea treffen sich regelmäßig zum gemeinsamen Frühstück im Café Miteinander. An diesem Vormittag plauderten sie über Weihnachten.

Frauen aus Syrien und Eritrea treffen sich regelmäßig zum gemeinsamen Frühstück im Café Miteinander. An diesem Vormittag plauderten sie über Weihnachten.

Foto: Evelyn Schneider

Hautfarbe, Herkunft, Glaubsrichtung. All das spielt keine Rolle, wenn sich die Frauen zum gemeinsamen Frühstück im Café Miteinander treffen. An diesem Morgen liegt beim Betreten des Raumes ein süßlicher Duft in der Luft. Auf dem Tisch stehen Teller mit Plätzchen und Christstollen bereit, daneben eine Süßspeise aus Syrien. Ein geschmückter Tannenbaum verrät, worüber sich die Frauen unterhalten wollen: Weihnachten.

Ein Glöckchen erklingt. Die Frauen, gerade noch untereinander ins Gespräch vertieft, schauen auf. Hilde Weber, die sich ehrenamtlich in dem Café, einem gemeinsamen Projekt des Caritasverbandes Schaumberg Blies, des Dekanats St. Wendel und der Stadt St. Wendel, engagiert, deutet auf eine Magnettafel, an die zwei große Blätter angeheftet sind. Darauf stehen Stichworte rund um die deutschen Bräuche zu Weihnachten. Nach und nach gibt Weber den Blick darauf frei. Heiligabend, Tannenbaum oder Adventskalender sind Begriffe, die Weber erklärt. Ghedem Tesfaghergish, Leiterin des Cafés springt als Übersetzerin ein, wenn noch einige der Wörter unbekannt sind. Mit vielen können die Frauen aber schon etwas anfangen. „Meine Kinder haben einen Adventskalender zuhause“, verrät Manal aus Syrien. Sie kennt einige Bräuche noch aus ihrer Heimat, wo die Christen auch Weihnachten gefeiert haben. Dort gebe es auch den Weihnachtsmann.

Was den Frauen am Tisch gemein ist, ist ein Teil ihrer Lebensgeschichte. Sie alle sind aus ihrer Heimat geflohen: aus Eritrea oder Syrien. Sie unterscheiden sich in ihrem Glauben. Christen und Moslems sitzen hier zusammen. Eine Bedeutung hat das nicht, es steht nicht zwischen ihnen. Sie tauschen sich gut gelaunt aus.  Für die Moslems ist Jesus ein Prophet, informieren die Frauen aus Syrien. Aber nicht Gottes Sohn. In Eritrea, so berichtet Saba, gebe es katholische und orthodoxe Christen. Letztere feiern Christi Geburt am 7. Januar. „Es gibt in Eritrea auch Weihnachtsbäume“, sagt Saba und lächelt. Doch die sind künstlich.

Begeistert sind die Frauen vom St. Wendeler Weihnachtsmarkt. Aber auch andere haben sie besucht, beispielsweise den Christkindl-Markt in Saarbrücken. Hala erzählt mit leuchtenden Augen vom fliegenden Weihnachtsmann. Besonders die Engel mit ihren Flügeln, welche die Fahrt  des Schlittens über die Köpfe der Besucher hinweg begleiten, hätten es ihren Kindern angetan. „Sie glauben auch an den Nikolaus“, sagt Hala und erinnert an einen weiteren deutschen Brauch der Vorweihnachtszeit. „Und sie lieben ihn“, fügt sie lächelnd an. Sitznachbarin Nousaiba denkt bei dem Stichwort Nikolaus an ihr erstes Weihnachten in Deutschland zurück. Ihre Kinder fanden das alles toll. „In diesem Jahr hat eine deutsche Frau für sie den Nikolaus gespielt.“

Und  wie verbringen die Frauen den Heiligen Abend? Manal wird zu ihrer Mutter gehen und Zeit mit ihr und ihrem Bruder, der aus Dänemark anreist, verbringen. „Wir wollen zusammen feiern — ganz gleich ob muslimische oder christliche Feste.“ Sie weiß, dass strenggläubige Moslems das nicht gut heißen. „Aber wir haben kein Problem damit.“

Nousaiba hat noch keine genauen Pläne, aber vielleicht hält sie es wie im vergangenen Jahr. Da ist sie zu den deutschen Nachbarn gegangen, um ihnen Frohe Weihnachten zu wünschen.

Ghedem Tesfaghergish schaut lächelnd in die Runde. Das wöchentliche Frühstück unter Frauen, mittwochs etwa von 11.30 bis 14.30 Uhr, hat sich etabliert. Meist säßen dann 13 bis 18 Frauen zusammen, beredeten persönliche Probleme oder beschäftigten sicht mit speziellen Themen. Fastnacht, Ostern oder der heilige Wendelin zählten zu den Themen. Was Ghedem Tesfaghergish vermisst, sind deutsche Frauen. „Sie könnten vorbeischauen und von ihrer Kultur erzählen.“ Manal jedenfalls freut sich, dass sie hier viele Leute kennen gelernt hat. Vielleicht kann sie im nächsten Jahr auch neue Bekanntschaften mit einheimischen Frauen im Café Miteinander schließen.

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