Dreh Dreh zu Doku-Drama um Lenchen Demuth

St. Wendel · Die gebürtige St. Wendelerin hat über 30 Jahre als Haushälterin die Höhen und Tiefen der Familie von Karl Marx miterlebt.

 Historiker Roland Geiger (links) begrüßt Elfriede und Michael Demuth. Kameramann Gunter Moskau und Regisseur Klaus Gietinger halten die Szene fest.

Historiker Roland Geiger (links) begrüßt Elfriede und Michael Demuth. Kameramann Gunter Moskau und Regisseur Klaus Gietinger halten die Szene fest.

Foto: Frank Faber

Sie war als junges Mädchen zur Familie Marx als Hausgehilfin gekommen und machte in mehr als 30 Jahren alle Höhen und Tiefen dieser Familie mit. Nun wird das Leben der gebürtigen St. Wendelerin Helena „Lenchen“ Demuth verfilmt. Die Dreharbeiten für das SR-Doku-Drama mit dem Arbeitstitel „Lenchen Demuth und die Familie Marx“ sind abgeschlossen. Nach dem Arbeitsort Trier folgten die eintägigen Filmaufnahmen in Lenchen Demuths Geburtsstadt St. Wendel. Gedreht wurde an der Stadtmauer, in der Balduinstraße, dem Pfarrarchiv und an der Stelle vor ihrem Geburtshaus in der Grabenstraße. Autor und Regisseur des Streifens ist Klaus Gietinger (siehe Infokasten). Zuletzt hat der Sozialwissenschaftler einen Roman über den Proletarierhelden Karl Marx (1818-1883) verfasst.

„Helena Demuth ist die berühmteste Hausmagd der Welt. Sie hatte magischen Einfluss und hat im Hause von Karl Marx alles zusammengehalten. Außerdem war sie Schachpartnerin von Marx“, fasste Gietinger das Wirken der Filmfigur kurz zusammen. Bindeglied im Film zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist Elfriede Demuth, geborene Sattler, Jahrgang 1938, und ihr Sohn Michael (47). Beide sind Nachkommen von Katharina Demuth, der Schwester von Lenchen Demuth. In der Kreisstadt trafen sie beim Filmdreh den Heimatforscher Roland Geiger aus Alsfassen an der Stadtmauer. Sie stellten eine elektrische Kerze auf dem Bronzedenkmal von Helena Demuth ab, dann zeigte ihnen der Heimatforscher den ehemaligen Standort des Hauses der Demuths in der Balduinstraße. „Im Jahre 1808 haben die Demuths das Haus gekauft, es kamen darin drei Kinder zur Welt“, berichtete er. Doch wie Geiger herausgefunden hat, ist Helena Demuth am 31. Dezember 1820, als fünftes von sieben Kindern in einem Haus „Im Graben“ (Grabenstraße) in der Unterstadt, wo jetzt der Pizzaservice da Sergio beherbergt ist, geboren worden. „Es ist das erste Mal, dass wir an der Stelle des Geburtshauses sind“, sagte Elfriede Demuth.

Nach dem Besuch im Pfarrarchiv ist sie dann völlig erleichtert. Denn in der Öffentlichkeit galt Lenchen Demuth bislang noch oft als Analphabetin. Laut Heimatforscher Geiger gebe es weder Briefe noch Aufzeichnungen von ihr. Elfriede Demuth beklagte daraufhin sofort: „Es gab Briefe, die unser Urgroßvater Jakob mit Akten früher mal hergegeben hat und sie sind nie mehr zurückgekommen.“ In einem Schriftstück, so die Seniorin, habe Lenchen mitgeteilt, dass sie bei Treffen zwischen Karl Marx und Friedrich Engels Notizen machte, damit Marx am nächsten Tag wusste, was gesprochen worden war.

Allerdings das eigene Testament und den Totenschein ihrer Schwester Elisabeth, so Geiger, habe Lenchen Demuth jeweils mit einem Kreuz signiert. „Deshalb hat man geglaubt, dass sie nicht lesen und schreiben konnte“, erklärte er. Bei seinen Recherchen ist er jetzt auf zwei Dokumente mit der handgeschriebenen Unterschrift gestoßen. „Bis vor einer Woche haben wir davon noch nichts gewusst“, teilte der Heimatforscher mit. Dabei handelt es sich um ein Polizeiprotokoll aus dem Jahre 1843 und eine Vollmacht von 1888. Im Pfarrarchiv legte er den Demuths noch den Eintrag über Lenchens Taufe und Firmung vor.

Gegen Abend packten Regisseur Gietinger und Kameramann Gunter Moskau das Equipment zusammen und der Drehtag in St. Wendel war geschafft. Fortgesetzt wurden die Filmaufnahmen in einem historischen Bauernhaus im Eppelborner Ortsteil Habach. Dort übernahmen die Schauspielerinnen Iris Reinhardt-Hassenzahl und Alice Hoffmann (als älteres Lenchen) in nachgestellten Szenen die Rolle von Helena Demuth. Die Texte für die Darstellerinnen hat Geiger in St. Wendeler Mundart umgeschrieben. Das Doku-Drama ist eine Auftragsarbeit des Saarländischen Rundfunks und soll nach Angabe von Regisseur Gietinger in einer Länge von 45 Minuten gesendet werden. Ausgestrahlt wird der Film am 26. April.

Stichwort: Das Doku-Drama ist ein Filmgenre, das hauptsächlich im Fernsehen Anwendung findet. Im Doku-Drama werden die Formen Dokumentar- und Spielfilm (Drama) miteinander vermischt. Ein Doku-Drama sieht an vielen Stellen wie ein Spielfilm aus. Es geht aber um wahre Ereignisse – meistens aus der Vergangenheit. Da aber niemand mit der Kamera dabei war, werden einzelne Szenen von Schauspielern nachgestellt.

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