Europa-Akademie Europa begegnet sich in Otzenhausen

Otzenhausen · Europa-Akademie in Otzenhausen feiert die Fertigstellung jüngster Umbaumaßnahmen mit vielen überzeugten Europäern.

 Der jüngste Neubau an der Europa-Akademie in Otzenhausen ist fertiggestellt. Somit sind nun alle Sanierungsarbeiten abgeschlossen. Fotos: Thorsten Grim

Der jüngste Neubau an der Europa-Akademie in Otzenhausen ist fertiggestellt. Somit sind nun alle Sanierungsarbeiten abgeschlossen. Fotos: Thorsten Grim

Flammende Appelle für ein geeintes Europa - in Otzenhausen sind sie fast schon Routine. Dass das so ist, dass die dort beheimatete Europäische Akademie (EAO) sozusagen ein Bollwerk gegen nationalstaatliches Klein-Klein, gegen Widerstreit der Nationen und für ein (grenz-)offenes Miteinander ist, daran hat ein Mann wesentlichen Anteil: Arno Krause, Gründer und Vorstandsvorsitzender der EAO. Am 2. Mai wurde Krause 87 Jahre alt. Doch dass sein Geist frisch wie eh und je ist, bewies der Europäer aus Überzeugung jüngst bei einem Festakt in der EAO, zu dem sich sowohl die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer als auch der luxemburgische Ehrenstaatsminister Jacques Santer sowie der Europaabgeordnete Jo Leinen die Ehre gaben. Anlass für die Feierstunde war der Abschluss von Um- und Neubauten auf dem Gelände der Europa-Akademie.

Krause wurde die Ehre zuteil, zuletzt ans Pult treten zu dürfen. In seiner bewegenden Rede blickte er zurück auf die Anfänge des Weges, der letztlich aus den Wirren, der Zerstörung und den Ruinen, die die beiden Weltkriege auf dem Kontinent hinterlassen hatten, zur Europäischen Union führte. Er erinnerte an die Montanunion, aus der sich die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft entwickelte, die dann nach dem Maastrichter Vertrag 1992 von der EU abgelöst wurde. "Wir haben diesen Prozess der wirtschaftlichen Vereinigung und Ausweitung immer mit Überzeugung begleitet", sagte Krause. Aber diese Fokussierung auf die Wirtschaft habe etwas ausgelöst, "was den Anfang der europäischen Idee ausgehebelt hat." Die Idee, die in der Montanunion noch ihren Niederschlag gefunden habe und vor allem im Vertrag zur Bildung der europäischen Verteidigungsgemeinschaft und der damit verbundenen politischen Gemeinschaft vorgesehen gewesen sei: dass die sechs ursprünglichen Mitgliedsstaaten ihre Souveränität aufgeben. Dazu seien die Gründerstaaten trotz zuvor anderslautender Bekenntnisse letztlich nicht bereit gewesen. Was Krause bis heute bedauert. "Dass sie nicht gesagt haben: Jawohl, angesichts des Ost-West Gegensatzes (. . .) wollen wir eine europäische politische Gemeinschaft, in der wir die Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik und die Grundfrage der Rolle Europas in der Welt gemeinsam lösen." Das sei plötzlich nicht mehr gewünscht gewesen. Vielmehr habe es nun geheißen: "Wir wollen zuerst mit der Wirtschaft vorangehen."

Doch der europäische Wirtschaftsprozess habe in der Folge das Denken der Menschen derart beeinflusst, dass man in letzter Zeit das Gefühl habe, Europa werde von vielen nur als Geschäft gesehen. "Wenn ich etwas reinzahle, was kriege ich dafür? Was habe ich davon?" Das sei zu wenig für das, "was Europa der Welt einst bringen wollte, bringen konnte und bringen musste", befand Krause und bedauerte, "dass es seine Verantwortung für zwei Weltkriege, die mit dem Abwurf zweier Atombomben beendet wurden, dass es diese Verantwortung letztlich nicht wirklich übernehmen wollte". Dabei hätten die Verantwortlichen der Länder er- und bekennen müssen, dass der Nationalstaat als das Mittel der Politik alleine nicht ausreiche, um die Zukunftsprobleme dieser Welt zu lösen. Nun stünden Europa und die Welt vor dem Problem, einen völligen Neuanfang denken zu müssen. Besonders, nachdem Populismus und Nationalismus wieder "ganz klar in den Bevölkerungen vorhanden sind und unter Umständen zu Entwicklungen führen können, die ein Rückwärts in ganz schlimme Zeiten bedeuten könnten". Den Menschen müsse klar gemacht werden, "dass Europa mehr ist als nur die Sicherung eines wirtschaftlichen Wohlstandes". Mit stehenden Ovationen wurde Krause vom Publikum gefeiert.

Zuvor hatte Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer die EAO als europäische Bildungsinstitution im Herzen Europas gelobt und ihr bescheinigt, fit für die Zukunft zu sein - zum einen durch die Erweiterungsbauten. Vor allem aber durch den europäischen Geist, der dort seit jeher und auch in Zukunft herrsche. Die Akademie sei ein Aushängeschild für das Saarland und unmittelbar mit der Geschichte unseres Bundeslandes verbunden.

Die EAO sei eben nicht nur irgendeine Institution, die irgendwann einmal entstanden ist, sondern sie "ist für uns auch ein Symbol, ein Bild, eine Art Wiege für das, was uns als Land, als Region und auch in unseren Grundüberzeugungen auszeichnet". Die Europa-Akademie sei immer "und bis zum heutigen Tag" ein Ort der Begegnung gewesen, "an dem sich insbesondere junge Menschen getroffen haben, sich kennengelernt haben, miteinander diskutiert haben und damit im Grunde genommen das Beste von Europa auch repräsentiert und gelebt haben".

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 EAO-Gründer Arno Krause. Foto. T. Grim

EAO-Gründer Arno Krause. Foto. T. Grim

 Der luxemburgische Ehrenstaatsminister Jacques Santer hob die Bedeutung der Großregion für die europäische Einigung hervor.

Der luxemburgische Ehrenstaatsminister Jacques Santer hob die Bedeutung der Großregion für die europäische Einigung hervor.

Die Akademie in Otzenhausen Die EAO wurde 1954 in Otzenhausen als Begegnungsstätte für die europäische Jugend gegründet. 1959 wurde sie zu einer überparteilichen und -konfessionellen Bildungs- und Forschungsstätte für Fragen der europäischen Einigung. 1968 kam das Institut für Rhetorik und Methodik hinzu, 1971 das Institut für Regionalpolitische Zusammenarbeit in Innergemeinschaftlichen Grenzregionen und 1991 das Sozialwissenschaftliches Forschungsinstitut. Die Akademie ist heute ein modernes Kompetenz- und Kongresszentrum, das jährlich über 150 Veranstaltungen anbietet.

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