Wenn der Postmann fahren lernt

Quierschied · Fünf Tage pro Woche sind die Zusteller der Post auf der Straße unterwegs. Da ist sicheres Fahren unabdingbar. Auf dem Verkehrsübungsplatz in Fischbach lernen die Post-Azubis nicht nur Fahren – sondern auch Sitzen.

 Fahrsicherheitstrainer Karl Heinz Wunn erklärt Azubi Sebastian Guht, wie er sein Postauto bei Gefahr am schnellsten zum Stehen bringt. Foto: Becker&Bredel

Fahrsicherheitstrainer Karl Heinz Wunn erklärt Azubi Sebastian Guht, wie er sein Postauto bei Gefahr am schnellsten zum Stehen bringt. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Der schwarze Kleinwagen gibt Gas. Das Auto ist schon älter, vorne prangt ein französisches Nummernschild, die Beifahrertür ist etwas eingedellt. Jasmina Jakobs sitzt am Steuer, sie fixiert zwei Plastikstangen, die vor ihr stehen. Die Stangen kommen näher und näher. Jasmina tritt auf die Kupplung und die Bremse, so fest und schnell sie kann. Ihre Reifen bleiben stehen, quietschen, das Auto rutscht noch zehn Meter weiter. Weißer Rauch qualmt hinter dem Auto hervor, die Reifen haben zwei schwarze Bremsspuren auf den Asphalt gezeichnet. "Aaaha!", ruft Karl Heinz Wunn in sein Funkgerät. "So soll das aussehen!" Im dritten Anlauf hat Jasmina die Gefahrenbremsung geschafft.

Ständig auf der Straße

Zwei Stunden früher: Jasmina sitzt mit elf anderen Azubis der Post im Vorbereitungsraum auf dem Verkehrsübungsplatz in Fischbach. Wunn ist heute ihr Trainer. Vor den Azubis liegt ein Tag Fahrsicherheitstraining, Teil der Ausbildung bei der Post. "Denn die Zusteller sind später fünf Tage die Woche auf der Straße unterwegs", sagt Hermann Stillenmunkes, Post-Ausbilder in Saarbrücken. Im Vorbereitungsraum, einer urigen kleinen Holzhütte, erzählt Trainer Wunn, was seine Schüler heute erwartet - und was Gefahr im Verkehr bedeutet. Seine grauen Haare wackeln, wenn er spricht. "Vor euch rennt ein Kind auf die Straße. Was machen wir?", beginnt er zu erzählen. Plötzlich springt er kurz nach vorne, versteift Hals und Hände und ruft: "Oh Gott, Kind!" Einige Azubis reißen ihre Augen auf, Wunns Gesicht bekommt einen tief rosafarbenen Ton. Dann wird er wieder ruhiger und ergänzt: "Wir erschrecken. Jeder."

Aus seiner Tasche nimmt er einen kleinen blauen Ball, wirft ihn locker in die Runde der Azubis. "Wer den Ball hat, stellt sich vor", sagt er. Schnell erreicht der Ball Jasmina. Sie ist 21, hat blonde Haare, trägt eine weite Jeanshose und wohnt in Frankreich. "Ich bin nicht gern Auto gefahren", sagt sie. "Denn Autofahren tötet Menschen." "Sind es nicht die Menschen, die töten?", fragt Wunn zurück. Jasmina hatte vor zwei Jahren fast einen Unfall und lange furchtbare Angst. Seit einem Jahr lebt sie aber fast in ihrem Auto, wie sie sagt.

Auch Sitzen will gelernt sein

Sebastian Guht ist 24 Jahre alt und kommt aus Saarbrücken. Er hatte sogar wirklich einmal einen Unfall. Seine Mutter fuhr damals, zwei Lastwagen kamen ihnen entgegen, sie wich in den Graben aus. Passiert ist nichts. Auch ohne Training habe seine Mutter richtig reagiert, sagt er. Heute übt er zu Beginn im großen Paketwagen.

Nach den ersten Übungen ruft Wunn seine Schüler zusammen: "Wisst ihr, wie man richtig sitzt?" Ausbilder Stillenmunkes soll es vormachen - doch auch er kennt nicht alles. "Streckt die Arme aus, klappt die Daumen unter eure Finger und legt die Hände dann auf das Lenkrad", sagt Wunn. "Wenn die Daumen aufliegen, sitzt ihr in der richtigen Entfernung." "In der Fahrschule", sagt Sebastian, "hat mir das keiner gesagt."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort