Was das Land den Kirchen überweist

Saarbrücken · Die Grünen stellen die jährlichen Staatsleistungen des Landes an die Kirchen infrage. In den vergangenen zehn Jahren überwies das Land rund sechs Millionen Euro. Die Grundlagen dafür sind zum Teil mehr als 200 Jahre alt.

In Zeiten der Schuldenbremse werden die Zahlungen des Saarlandes an die Kirchen mehr und mehr zum Politikum. Nachdem Grünen-Chef Hubert Ulrich 2010 als erster Landespolitiker die sogenannten Dotationen infrage gestellt hatte, setzt sein Fraktionskollege Klaus Kessler das Thema nun wieder auf die Tagesordnung. "Angesichts der öffentlichen Diskussion über die Finanzen der Kirchen und das Finanzgebaren einiger Bischöfe ist es den Bürgerinnen und Bürgern kaum noch vermittelbar, warum der Staat die Kirchen in dieser Form aus Steuergeldern unterstützt", teilte Kessler mit.

Der Ex-Bildungsminister hatte der Landesregierung eine Reihe schriftlicher Fragen zu dem Thema gestellt. Die Antworten liegen nun vor. Demnach überweist das Land im laufenden Jahr zusammen knapp 566 000 Euro an die Bistümer Trier und Speyer sowie gut 67 000 Euro an die Evangelischen Kirchen im Rheinland und in der Pfalz. Die Gelder sind überwiegend für Besoldung und Versorgung der Pfarrer im Saarland bestimmt.

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann sagte kürzlich bei einem Besuch in Saarbrücken: "Ob die halbe Million, die das Saarland an Staatsleistungen an das Bistum Trier gibt, den saarländischen Haushalt wirklich rettet, das würde ich mal infrage stellen. Aber es ist richtig: Eine halbe Millionen zu haben oder nicht zu haben, ist ein Unterschied." In der Tat fallen die Staatsleistungen an die Kirchen bei einem Haushaltsvolumen von vier Milliarden Euro nicht sonderlich ins Gewicht. Andere Länder zahlen bedeutend mehr. So überweist Rheinland-Pfalz pro Jahr über 50 Millionen Euro an die Kirchen.

In den vergangenen zehn Jahren zahlte das Saarland rund sechs Millionen Euro an die Kirchen. Den mit Abstand größten Teil erhält das Bistum Trier als Dotationen "zum Unterhalt des Bischöflichen Stuhls". Die Personaldotationen (402 000 Euro im Jahr 2014) machten aber "nur einen geringen Anteil der Gehälter des Bischofs, der Weihbischöfe, der Mitglieder des Domkapitels und der Domvikare" aus, erklärte die Landesregierung.

Die Rechtsgrundlagen für die Zahlungen reichen bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück, als den Kirchen für ihre Enteignung eine dauerhafte Entschädigung gewährt wurde. Kessler hält die Vereinbarungen für "nicht mehr zeitgemäß" und die Zahlungen daher für "nicht mehr zu rechtfertigen".

Laut Grundgesetz können die Staatsleistungen durch ein Landesgesetz abgelöst werden - sofern der Bund vorher in einem Gesetz Grundsätze aufstellt, die nach dem Reichskonkordat von 1933 wiederum mit dem Heiligen Stuhl abgestimmt sein müssen. Weil es bis heute kein Bundesgesetz gibt, ist auch ein Landesgesetz zur Ablösung nicht möglich. Ablösung bedeutet, dass die Länder den Kirchen per Einmal- oder Ratenzahlung eine größere Summe zahlen, um die jährlichen Zuwendungen zu beenden. Bischof Ackermann hatte zuletzt Gesprächsbereitschaft der deutschen Bistümer signalisiert. "Das ist kein Dogma, an das man nicht rühren dürfte", sagte er. Die Schwierigkeit sei, wie sich ein gerechter und rechtmäßiger Weg für eine Ablösung finden lasse.

Nach Ansicht der Landesregierung gäbe es einen zweiten Weg für eine Ablösung der Zuwendungen: freiwillige Vereinbarungen mit den Kirchen. Allerdings würden auch hier Kosten entstehen, so die Landesregierung. In der Literatur wird als mögliche Ablösungssumme das Zehn- bis 40-fache eines Jahresbetrags genannt.

Der Grüne Klaus Kessler fordert die Landesregierung zu Gesprächen mit den Kirchen über eine Absenkung der Staatsleistungen auf: "Wenn alle Ministerien Sparprogramme auflegen müssen, Lehrer- und Polizeistellen gestrichen werden und Kürzungen im Bildungsangebot der Universität anstehen, dürfen auch die großen Kirchen nicht außen vor bleiben." Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte bei Ackermanns Saarland-Visite vor wenigen Tagen aber schon erklärt: Wenn die Staatsleistungen zum Thema werden sollten, müsse man "in einem nationalen Kontext" darüber diskutieren, nicht auf Bistumsebene.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Der Kommunale Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz ist
Land muss Kommunen mehr Geld geben
Urteil des Verfassungsgerichts von Rheinland-Pfalz nach Musterklage von Pirmasens und Kreis KaiserslauternLand muss Kommunen mehr Geld geben
Aus dem Ressort