Vom erlittenen Leid in der menschenverachtenden Nazizeit

Bexbach · Geschichtsunterricht einmal anders: Der Zeitzeuge Walter Löb hielt jetzt einen Vortrag vor Bexbacher Waldorfschülern. Löb berichtete unter anderem von seiner Schwester Marlies, die von den Nazis ermordet wurde.

Einen Geschichtsunterricht der etwas anderen Art haben jetzt Schülerinnen und Schüler der Waldorfschule Bexbach erlebt. Zeitzeuge Walter Löb berichtete den Jugendlichen über seine Erfahrungen und Erlebnisse während der Nazizeit. "Euch erwartet eine ganz spannende Geschichtsstunde, die man ganz selten erlebt", versprach Willi Portz, Geschäftsführer des Adolf-Bender-Zentrums (ABZ) in St. Wendel und Moderator des Oberstufenforums, den Schülern eine interessante Veranstaltung mit dem 1928 geborenen Zeitzeugen Walter Löb.

Dieser habe "unheimlich viel zu erzählen, was sein Leben so tragisch und spannend macht", betonte Portz. Löb habe "sehr bewusst und am eigenen Leib erlebt, was es heißt, gedemütigt zu werden", so der ABZ-Geschäftsführer. "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn der Name vergessen ist", wies Reinhold Strobel, zuständig für die Zeitzeugengespräche beim ABZ, auf die Verlegung von annähernd 35 000 Stolpersteinen in vielen europäischen Ländern hin, unter anderem auch in hiesigen Städten und Gemeinden. Mit dieser Aktion erinnere der Kölner Bildhauer Gunter Demnig an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten Wohnort Gedenktafeln aus Messing im Bürgersteig verlege, so Strobel. Walter Löb wurde 1928 als ältester Sohn unter insgesamt sechs Kindern geboren und zog 1934 mit seiner Familie nach Saarlouis.

Als Zeitzeuge berichtet er unter anderem Schülergruppen, wie er als Sechsjähriger den Anschluss des Saargebietes an Nazi-Deutschland sowie die schleichende Entrechtung, Verfolgung und Vernichtung der Juden durch die Nationalsozialisten erlebte. Als uneheliches Kind und als Sohn eines jüdischen Vaters sei er in der Volksschule von seinen Klassenkameraden ausgeschlossen und beschimpft worden. Gut in Erinnerung seien ihm als damals Zehnjährigem die Ereignisse in der Reichspogromnacht, welche Löb als "eine Nacht der anormalen Historie" bezeichnete. "Mein Vater wurde abgeholt und unter den Schmährufen von Bürgern, darunter vielen Jugendlichen, durch die Straßen in den Schlachthof in Saarlouis getrieben", berichtete er.

In seinem Vortrag vor den Waldorfschülern in Bexbach ging er zudem auf die Euthanasiepolitik der NS-Zeit ein. So berichtete er den Waldorfschülern vom tragischen Schicksal seiner eigenen Schwester Marlies. Er schilderte, wie sie im Alter von zehn Jahren wegen ihrer Kleinwüchsigkeit gegen den Willen ihrer Mutter in eine Heil- und Pflegeanstalt nach Idstein im Taunus und anschließend nach Hadamar ("eine Tötungseinrichtung") gebracht und im Rahmen des Euthanasie-Programms mit einer Spritze ermordet und verbrannt wurde. Löb appellierte am Ende seines Vortrages an die Jugendlichen, sich für die Demokratie einzusetzen, wählen zu gehen und ihre Meinung zu sagen.

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