Späte Ehre für einen Freiheitskämpfer

Niedaltdorf · Wer zu viel Freiheit forderte, riskierte seinen Kopf. Zum Tode verurteilt war 1836 der Niedaltdorfer Johannes Guittienne, später folgte die Begnadigung. 125 Jahre nach seinem Tod würdigte ihn die Gemeinde Rehlingen-Siersburg nun als bislang ersten Ehrenbürger.

 Kämpfer für Demokratie und Freiheit, der Niedaltdorfer Johannes Guittienne (1809 bis 1889). Fotos: Kreisarchiv

Kämpfer für Demokratie und Freiheit, der Niedaltdorfer Johannes Guittienne (1809 bis 1889). Fotos: Kreisarchiv

 Als zweiter Name von unten steht der Kämpfers für Demokratie und Freiheit Johannes Guittienne auf der Sandsteinplatte des Familiengrabes an der Niedaltdorfer Pfarrkirche.

Als zweiter Name von unten steht der Kämpfers für Demokratie und Freiheit Johannes Guittienne auf der Sandsteinplatte des Familiengrabes an der Niedaltdorfer Pfarrkirche.

Das Vergehen des Niedaltdorfers Johannes Guittienne war die Forderung nach Freiheit und Demokratie. Das brachte ihm Festungshaft und ein Todesurteil ein. Im 125. Todesjahr Guittiennes verlieh ihm der Rat der Gemeinde Rehlingen-Siersburg am Donnerstag einstimmig die ehrende Bezeichnung "Ehren-Bürger" (wir berichteten).

Diese Würdigung entspricht rechtlich nicht der einer Ehrenbürgerschaft. Denn Letztere ist per Gesetz nur zu Lebzeiten möglich. Für die Gemeinde jedoch ist Guittienne ihr bislang erster Ehrenbürger.

Johannes Guittienne wurde am 15. April 1809 im damals französischen Niedaltdorf geboren, schilderte Gernot Karge, ehemaliger Geschäftsführer des Kreisarchivs Saarlouis. In Trier machte Guittienne sein Abitur. Ein Jahr lang gehörte er dann zum 30er Regiment in Saarlouis, anschließend studierte er in Bonn Jura.

Guittienne trat einer Burschenschaft bei, die die monarchistische Verfassung abschaffen wollte. Dadurch wurde es 1833 beim Studienaufenthalt in Berlin brenzlig für ihn. Bevor er sich zur Grenze bei Niedaltdorf absetzen konnte, wurde er verhaftet. Der Vorwurf lautete auf Bestrebungen zum Umsturz der monarchistischen Verfassung.

Es folgten acht Wochen Einzelhaft mit 50 Verhören von jeweils bis zu sechs Stunden Dauer. Von 1834 bis 35 war er unter unmenschlichen Bedingungen in der Festung Magdeburg inhaftiert. Das Urteil kam 1836, drei Jahre nach seiner Verhaftung. Es lautete auf Aberkennung der Ehrenrechte und Einzug des Vermögens. Aber auch auf Tod durch das Beil. Erst später erfuhr er, dass die Todesstrafe in 30 Jahre Festungshaft umgewandelt worden war.

Nach sieben Jahren Haft wurde er am 10. August 1840 begnadigt. Anlass war eine Amnestie infolge der Thronbesteigung von König Friedrich Wilhelm IV. Wieder in Niedaltdorf übernahm Guittienne zahlreiche Ämter. Darunter als Bürgermeister seines Heimatortes, als Abgeordneter des Kreises Saarlouis im Provinziallandtag und zeitweise als Mitglied der preußischen Nationalversammlung in Berlin.

Guittienne stand unter Beobachtung der Polizei, verlor 1851 alle Ämter. Ab 1853 war er wieder offiziell aktiv, unter anderen als Mitglied des Rheinischen Provinzial-Landtages und des Abgeordnetenhaus. 1870 erhielt er den Kronenorden für seine vaterländischen Verdienste - damit war er völlig rehabilitiert.

"Der Franzos", lautete Guittiennes Spitznamen. Aber laut Gernot Karge gehe der Familienname wohl auf den deutschen Namen Göttinger zurück. Johannes Guittienne wird auch ein großes Engagement für die Menschen der Region nachgesagt. Er starb im Alter von 80 Jahren am 10. Mai 1889. Seine letzte Ruhestätte befindet sich im Familiengrab rechts vom Eingang der Niedaltdorfer Pfarrkirche.

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