Seefest am Bostalsee Die Schlager-Familie zeigt sich textsicher

Bosen · 13 000 Besucher lockte das Seefest schon am ersten Abend an den Bostalsee. Die Oldies der leichten Unterhaltung brachten die Massen in Schwung.

 Der Leadsänger der barmherzigen Plateausohlen Michael Engel nimmt zwischendurch ein Bad in der Menge.

Der Leadsänger der barmherzigen Plateausohlen Michael Engel nimmt zwischendurch ein Bad in der Menge.

Foto: B&K/Bonenberger/

Von wegen Schlagerparty. Das, was sich am Samstagabend auf der Festwiese am Bostalsee abspielte, war eine Zeitreise quer durch viele Musikrichtungen. Graham Bonney zeigte vor rund 13 000 Zuschauern, dass er eigentlich ein Rock’n’Roller ist, Bata Illic wandelte auf den Spuren Adriano Celentanos und Michael Holm rockte sich zum „Highway to Hell“.

Aber erst einmal von vorn. Nachdem Landrat Udo Recktenwald (CDU) bei der offiziellen Eröffnung des Seefestes gestand, sich „auf die Stars meiner Jugend“ zu freuen, folgt der obligatorische Fassanstich. Neben Recktenwald stehen Nohfeldens Bürgermeister Andreas Veit (CDU) sowie die beiden Kreisbeigeordneten Werner Wilhelm und Friedbert Becker (beide CDU) bereit. Drei Schläge – und schon gibt es Freibier für die zu diesem Zeitpunkt schon zahlreich versammelten Besucher. Während die Offiziellen noch den kühlen Gerstensaft verteilen, beginnt bereits das Programm auf der Bühne.

 Graham Bonney entdeckt den Rock’n’Roller in sich.

Graham Bonney entdeckt den Rock’n’Roller in sich.

Foto: B&K/Bonenberger/

In hohen roten und schwarzen Stiefeln haben die zwei Sängerinnen von Herzgold die undankbare Aufgabe der Einheizer übernommen. Der Applaus für ihre aktuelle Single „Du hast es wieder einmal geschafft“ hält sich noch in Grenzen. Bekannte Stimmungslieder stehen auf dem Programm der Gruppe Huddel & Brass. Während das Publikum eifrig mitklatscht, kommt es in dem Künstler-Zelt hinter der Bühne zu einer besonders herzlichen Begegnung. Nach längerer Zeit treffen Bata Illic und Graham Bonney wieder aufeinander. Eine lange Umarmung, Freude pur. Bonney spricht  von einer großen Schlager-Familie. „Graham kenne ich von Anfang an, es ist immer eine Freude, ihn zu sehen“, sagt Illic. Die zwei fangen an zu plaudern, während sich Bonney bereits für den Auftritt zurechtmacht. Schnell noch das gelbe Hemd über das schwarze T-Shirt ziehen, den Ärmel richtig krempeln. „Seit Weihnachten sind die Kleider irgendwie enger geworden“, scherzt der Sänger. Dann geht’s raus auf die Bühne. Sofort hat er das Publikum auf seiner Seite: „Jetzt bin ich mehr als 50 Jahre im Showgeschäft und nun zum ersten Mal am Bostalsee.“ Und weiter: „Wenn ich umkippen sollte, tut mir den Gefallen: Helft mir auf, dann singe ich weiter.“ Er legt mit dem Klassiker „Pretty Woman“ los. Als er seinen Hit „Du bist viel zu schön, um alleine nach Hause zu geh’n“ anstimmt, lässt er das Publikum den Refrain singen. Und das zeigt sich textsicher. Bonneys Kommentar: „Jetzt weiß ich auch, wie alt Ihr seid.“ Schließlich stammt das Lied aus dem Jahr 1972. Neben weiteren eigenen Stücken wie „Papa Joe“, „Siebenmeilenstiefel“ oder „Wähle 3-3-3“ hat der 1943 in London geborene Sänger Lieder anderer Stilrichtungen im Repertoire, die seine Vielseitigkeit beweisen. So greift er selbst zur E-Gitarre, bezeichnet sich als Country-Fan und singt Songs wie „Some broken hearts never mend“ von Don Williams. Er ist aber auch ein Rock’n’Roller. Das zeigt er mit Chuck Berrys „Johnny B. Goode“ oder Bill Haleys „Rock around a clock“. Brandneu sei sein eigener Rock’n’Roll-Song, sagt er. Zum ersten Mal präsentiere er ihn live auf einer Bühne. Er müsse noch üben, sei nicht textsicher. Daher ließ er zum Song „Rock’n’Rolling durch die Nacht“ Vollplayback mitlaufen. Das Publikum ist auch von der neuen Nummer begeistert.

 Bata Illic wandelt auf den Spuren Adriano Celentanos.

Bata Illic wandelt auf den Spuren Adriano Celentanos.

Foto: B&K/Bonenberger/

Nach etwa einer Stunde übernimmt Bata Illic. Kaum steht er auf der Bühne, ertönen die ersten Sprechchöre: „Michaela, Michaela.“ Illic ist das gewohnt, wie er im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung verraten hatte: „Daher singe ich Michaela immer zu Beginn eines Konzertes, sonst können sich die Fans nicht auf die anderen Lieder konzentrieren.“ So auch am Samstagabend. Das Publikum singt lautstark mit. Illic weiß, was die Fans hören wollen: „Ich hab noch Sand in den Schuhen von Hawaii“, „Ich möcht‘ der Knopf an deiner Bluse sein“ oder „Candida“. Für „Schwarze Madonna“ holt er sich Verstärkung aus dem Publikum auf die Bühne: Conny aus Wittlich singt den Refrain mit.  Aber Bata Illic zeigt auch eine andere Seite. Der in Belgrad geborene Künstler, der im kommenden Jahr seinen 80. Geburtstag feiert, rockt gemeinsam mit den Barmherzigen Plateausohlen, den Gastgebern des Abends. Und begeistert mit Adriano Celentanos „Una festa sui prati“ oder dem Evergreen „Buona Sera“.

 Michael Holm begibt sich auf den „Highway to hell“.

Michael Holm begibt sich auf den „Highway to hell“.

Foto: B&K/Bonenberger/

Dritter im Bunde ist Michael Holm. Kaum zu glauben, dass er wenige Augenblicke nach dem Konzert 75 Jahre alt wird. Voller Energie singt er seine großen Hits: „Lucille“, „Barfuß im Regen“, „El Lute“, „Nur ein Kuss, Maddalena“ oder „Wart‘ auf mich“. Die ersten zwei Takte des Intros genügen, und die Masse singt lautstark „Hahahaha“ von „Tränen lügen nicht“ mit. Holm ist begeistert: „Besser kann man es nicht machen.“ Er habe, so scherzt er, dem Landrat versprochen, das Publikum das Intro eine halbe Stunde singen zu lassen. Dem Sänger merkt man die Freude am Singen an. So eine Stimmung, eine blaue Nacht am See – „da ist man froh, Musiker zu sein“. Und bei der lautstark geforderten Zugabe zeigt der Musiker, dass er nicht nur Schlager kann. Er kündigt den „M-M-M“ an, den „Mega-Monster-Mix“. Und bietet ein Potpourri rockiger Hits: Von „We will rock you“ über „Beinhart“, „Sexy“ oder „Highway to hell“ bis hin zu „Born to be wild“ oder „Satisfaction“. Das wirkt ganz und gar nicht aufgesetzt, Holm ist auch hier authentisch. Er tanzt und rockt in roten Schuhen, gibt eine Zugabe nach der anderen: „Hier ist noch lange nicht Schluss.“ Irgendwann ist dann aber doch Schluss. Und die Barmherzigen Plateausohlen übernehmen bis Mitternacht. Mit Schlagern von Udo Jürgens bis Dschingis Khan. Zumindest zum Ende hin ist es dann doch eine reine Schlagerparty.

> Weitere Impressionen vom Seefest gibt es auf der Seite C3

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