Schloss ist gute Jazz-Adresse

Saarbrücken · Was passiert, wenn bei einer Jazz-Session ein eingefleischter Traditonalist auf Vertreter der Experimentalfraktion trifft? Christoph Mudrich ließ am Sonntag ein ungewöhnliches Ensemble entstehen.

 Christoph Mudrich, Arnulf Ochs, Kirsti Alho, Stefan Engelmann, Christof Thewes und Daniel Prätzlich jammen im Schloss. Foto: Rich Serra

Christoph Mudrich, Arnulf Ochs, Kirsti Alho, Stefan Engelmann, Christof Thewes und Daniel Prätzlich jammen im Schloss. Foto: Rich Serra

Foto: Rich Serra

"Wenn du das 20 Jahre machst, ist das ein bisschen ein Konzertsaal-Wohnzimmer", sagt Christoph Mudrich. Seit 1994 ist der Saarbrücker Jazzpianist, Komponist und Arrangeur als Chef verschiedenster Ensembles Gastgeber der Sonntagsreihe "Blue notes im Schloss". Über die Jahre hinweg machten zahlreiche namhafte Jazzer im Schlossfestsaal Station; besonders erfolgreich waren die Vorweihnachtstermine unter dem Nenner "Christmas in blue". "Dass es möglich war, so etwas wie ein Stammpublikum aufzubauen", habe nur mit einem festen Spielort geklappt, erzählte Mudrich am Sonntag am Rand der dritten Ausgabe seiner "Jazz Session". Dies ist eine neue Unterserie der Blues notes, bei der er in jedem Januar einmal Musiker auf die Bühne bittet, "die noch nie in dieser Besetzung zusammen gespielt haben".

Eine Session, die Eintritt kostet? Da kann der zahlende Kunde schon etwas erwarten. Nun, tatsächlich durfte man hier erleben, wie binnen einer Stunde aus einem bunt zusammengewürfelten Haufen, bei dem zunächst vieles wie Kraut und Rüben durcheinanderging, ein veritables Jazzensemble wuchs. Besonders spannend war das Ganze, weil Mudrich, bekanntermaßen eingefleischter Traditionalist, auch Kollegen der Experimentalfraktion ins Boot nahm. Der am Flügel thronende Meister gab selbst den ruhenden Pol des frischen Teams und überließ im Lauf des Abends der quirligen Sängerin Kirsti Alho die Moderation und Leitung. Mit warmem ausdrucksvollem Timbre und starken Scat-Einlagen unterstrich die Wahlsaarbrückerin einmal mehr ihre überregionale Klasse und flocht ein paar Noten aus ihrer finnischen Heimat in den Reigen der Standards ein.

Temperamentvollster Akteur auf dem Podium war erwartungsgemäß Christof Thewes, bekanntester Newjazzer mit saarländischem Geburtsschein, der seine Posaune mit Emphase auf Temperatur brachte. Kaum minder heißblütig ging der junge Schlagzeuger Daniel Prätzlich, gleichfalls der Avantgarde-Fraktion zuzurechnen, zur Sache - souverän flocht er mitreißend swingende Rhythmen, als wäre dies seine angestammte Stilistik. Ein druckvolles Prätzlich-Solo wurde denn auch einer der Höhepunkte der Session. Da ließ sich der ansonsten eher moderat zupfende Kontrabassist Stefan Engelmann nicht lumpen und griff ebenfalls für eine Solopassage erfreulich beherzt in die Saiten.

Ein pures Vergnügen war es schließlich auch, den durch und durch musikalischen Fantasien des Gitarristen Arnulf Ochs zu lauschen - er pflegt einen kraftvoll-natürlichen Gitarrenton wie aus dem Bilderbuch.

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