Saarländer wollen Radweg statt Züge

Türkismühle · Mit den Bemühungen zur Wiederbelebung der Hochwaldbahnstrecke zwischen Türkismühle und Hermeskeil können sich im Saarland mehrere Kommunal- und Landespolitiker nicht anfreunden. Aus ihrer Sicht stehen die Kosten dafür in keinem Verhältnis zum späteren Nutzen. Sie schlagen stattdessen vor, die 22 Kilometer lange Strecke in einen Radweg umzuwandeln. In Hermeskeil stößt diese Idee aber auf Skepsis.

 Bonjour Tristesse: Nur noch das Gerippe eines Waggons erinnert am Hermeskeiler Bahnhof an die Zeiten, als dort noch Züge fuhren. Foto: Axel Munsteiner

Bonjour Tristesse: Nur noch das Gerippe eines Waggons erinnert am Hermeskeiler Bahnhof an die Zeiten, als dort noch Züge fuhren. Foto: Axel Munsteiner

Foto: Axel Munsteiner

Nach der Vorstellung der Mobilitätsstudie für den neuen Nationalpark müssen die Gutachter vom Dortmunder Büro "Planersocietät" seit Ende Oktober viel Kritik einstecken (wie berichtet). Aus dem Birkenfelder und Hermeskeiler Raum wird bemängelt, dass das Konzept zum Beispiel keine Buslinie zur inneren Erschließung des Nationalparkgebiets vorsieht, mit der auch das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Bereich Neuhütten/Züsch verbessert würde.

Es gibt in der Region auch insgesamt drei Vereine beziehungsweise Initiativen von Eisenbahn-Befürwortern, die eine andere Aussage der Gutachter beklagen. Diese hatten mit Blick auf eine touristische Wiederbelebung der Hochwald- und Hunsrück-Querbahn, die von Türkismühle über Hermeskeil, Thalfang und Morbach bis nach Büchenbeuren führt, von einem "lediglich überschaubaren Nachfragepotenzial für einen Museumsbahnverkehr" gesprochen. Demgegenüber würden Instandsetzungskosten für die Strecke in zweifacher Millionenhöhe stehen, so die Gutachter.

Genau diese Feststellung wird im Saarland, wo vor allem das Interesse auf dem Abschnitt von Türkismühle nach Hermeskeil liegt, von einflussreichen Landespolitikern aber als Bestätigung ihrer bisherigen Position gesehen. Einer von ihnen ist Magnus Jung , stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion , die in Saarbrücken zusammen mit der CDU die Regierungskoalition bildet. Er sagt: "Die neue Studie bestätigt uns darin, dass eine kostenintensive Reaktivierung der stillgelegten Strecke keinen positiven Effekt für den ÖPNV hat und dass der Nutzen durch eine ausschließlich touristisch begründete Wiederinbetriebnahme nur sehr geringe positive Folgen hätte. Die zu erwartenden Kosten stehen demnach in keinem Verhältnis zum Nutzen." Der SPD-Politiker schlägt eine Alternative vor: Es sollte geprüft werden, ob auf diesem Abschnitt ein "Nationalpark-Radweg" entstehen könnte, der unter anderem in der Nähe des Bostalsees und des keltischen Ringwalls bei Otzenhausen vorbeiführen würde. Bei Hermeskeil gebe es dann Anschluss an den Ruwer-Hochwald-Radweg und damit eine direkte Verbindung hinunter an die Mosel. Diese Idee lässt sich aus Jungs Sicht im Vergleich zur Wiederbelebung der Bahn zu einem "weitaus günstigeren Kostenvolumen" umsetzen.

Rückendeckung erhält der SPD-Mann auch von einem CDU-Kommunalpolitiker aus dem Nordsaarland. Mit einem Weg zwischen Türkismühle und Hermeskeil würde ein "idealer Lückenschluss" zwischen den Radwegenetzen im Saarland und in Rheinland-Pfalz geschaffen, sagt Andreas Veit , Bürgermeister der Gemeinde Nohfelden.

In Hermeskeil wird dieser Enthusiasmus allerdings nicht geteilt. Verbandsgemeindechef Michael Hülpes sieht zwar die bisherigen Überlegungen zur Reaktivierung der Bahnstrecke ebenfalls kritisch. "Ich bin absolut bei den Saarländern, dass die Anfangsinvestitionen und späteren Unterhaltungskosten den wirtschaftlichen Betrieb der Strecke nicht darstellbar machen." Er findet es aber ebenso wenig sinnvoll, einen neuen Radweg zu bauen. Hülpes verweist in diesem Zusammenhang vor allem darauf, dass zwischen Hermeskeil und Nonnweiler-Bierfeld in der Nähe der Bahnstrecke bereits ein - allerdings nicht asphaltierter - Radweg durch das Lösterbachtal besteht. Hülpes favorisiert deshalb eine zunächst abwartende Haltung.

Den beiden Bundesländern liegt ein Vertragsentwurf zur Trassensicherung durch den Eigentümer der Strecke - die DB Netz AG - vor. Dass dieser Vertrag zustande kommt, würde sich der CDU-Politiker wünschen. "Dadurch wäre der Bahn nicht mehr erlaubt, Grundstücke an der Strecke an Privatleute zu verkaufen", sagt Hülpes. Somit wäre auch die Gefahr gebannt, so Hülpes, dass auf einzelnen Abschnitten die Gleise abgebaut würden und es dann unwiderruflich keine Möglichkeit zur Reaktivierung der Strecke mehr gebe.Die Positon der Eisenbahnfreunde: Erhard Pitzius ist Sprecher der Initiative zur Erhaltung und Reaktivierung der Hochwaldbahn und Hunsrückquerbahn. Zu den neuen Vorschlägen aus dem Saarland sagt er: "Wenn man eine vorhandene Infrastruktur für einen Radweg opfern würde, wäre das eine Sünde an den nachfolgenden Generationen." Das will Pitzius aber nicht als generelle Ablehnung eines Radwegs verstanden wissen. Er weist darauf hin, dass zumindest auf dem Abschnitt zwischen Türkismühle und Nonnweiler-Bierfeld zwei Schienenstränge bestehen. Das Gleisbett sei dort also breit genug, um Zugverkehr und Radweg parallel laufen zu lassen. Nach seiner Berechnung würde eine Reaktivierung der Bahnstrecke im saarländischen Teil etwa 1,7 Millionen Euro kosten.

Auf rheinland-pälzischer Seite müsste allerdings noch die Lösterbachbrücke für eine Million Euro saniert werden. Pitzius widerspricht der Aussage von Magnus Jung (SPD ), dass der Bau eines Radwegs günstiger wäre als die Wiederbelebung der Strecke. Pitzius verweist auf den insgesamt 48 Kilometer langen Ruwer-Hochwald-Radweg, der 10,5 Millionen Euro gekostet hat. Das entspricht 219 Euro pro Meter. Umgerechnet auf die 22 Kilometer lange Strecke zwischen Hermeskeil und Türkismühle würde man in einen Radweg also 4,8 Millionen Euro investieren müssen.

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