Millionen-Entlastung vertagt

Saarbrücken · Der Bund will – anders als vereinbart – die Kosten für die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung erst 2018 übernehmen. Das würde das Saarland beim Sparen vor ein großes Problem stellen.

Als die Spitzen von Union und SPD nach der Bundestagswahl in Berlin zusammensaßen und einen Koalitionsvertrag aushandelten, gab es für die saarländischen Vertreter in der Runde zwei wichtige Themen: Der Bund sollte erstens die erdrückende Altschuldenlast der Bundesländer auf die Tagesordnung setzen und zweitens einen Teil der Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung übernehmen. Beides würde das Saarland dem ehrgeizigen Ziel - einem Haushalt ohne Neuverschuldung im Jahr 2020 - deutlich näher bringen. Beides tauchte schließlich so auch im Koalitionsvertrag auf. "Was in Berlin verabredet wurde, ist aus Sicht des Landes ein sehr guter Koalitionsvertrag", sagte Finanzminister Stephan Toscani (CDU).

Doch zumindest aus der Entlastung bei der Eingliederungshilfe, einem der größten Ausgabenposten des Landes, wird in der bis 2017 laufenden Legislaturperiode wohl nichts mehr. Denn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) plant, dass sich der Bund erst ab 2018 mit fünf Milliarden Euro pro Jahr an der Eingliederungshilfe beteiligt - obwohl das Vorhaben im Koalitionsvertrag ausdrücklich als "prioritär", also vordinglich, eingestuft wurde.

Für das Saarland geht es nicht gerade um Peanuts. Im Landeshaushalt sind für die Eingliederungshilfe im laufenden Jahr 235 Millionen Euro veranschlagt, Tendenz steigend. In den meisten anderen Bundesländern wird die Eingliederungshilfe von den Kommunen gezahlt, im Saarland vom Land. Die Pläne der großen Koalition im Bund hätten den Landeshaushalt nach Schätzung des Finanzministeriums um 50 bis 60 Millionen Euro pro Jahr entlastet. Das ist immerhin knapp die Hälfte dessen, was das Land mit dem beschlossenen Abbau von 2400 Stellen im öffentlichen Dienst spart. Die Entlastung bei der Eingliederungshilfe wäre der zweitgrößte Spar-Brocken gewesen, um das Defizit im Haushalt von rund 700 Millionen Euro zu schließen.

Entsprechend sauer ist nun Finanzminister Toscani. "Ich erwarte, dass der Bund zu seinen Zusagen steht und sich nicht aus seinen Zusagen herauswindet", sagte der Ressortchef. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Entlastung dürfe "nicht zur Disposition gestellt werden". Auf Nachfrage räumte das Ministerium ein, dass die von Schäuble geplante Verzögerung der Bundeshilfen "eine Belastung für den bevorstehenden Konsolidierungsweg des Saarlandes" bedeuten würde. Allerdings seien die positiven Effekte der Bundeshilfen bislang noch nicht in der mittelfristigen Finanzplanung des Landes eingerechnet gewesen. Ob der Bundestag Schäubles Pläne am Ende absegne, obwohl die Länder auf eine schnellere Hilfe drängten, bleibe abzuwarten.

Statt einer schnellen Entlastung bei der Eingliederungshilfe - als Einstieg war eine Milliarde Euro geplant - hat der Bund nun Folgendes vor: Von 2015 an will er die Kommunen mit einer Erhöhung des Gemeinde-Anteils an der Umsatzsteuer entlasten, und zwar um eine Milliarde Euro pro Jahr. Das Land hätte davon jedoch nichts - dafür aber die Städte und Gemeinden an der Saar, die sich über zehn bis zwölf Millionen Euro mehr pro Jahr freuen dürften.

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