Konzerte der Toten Hosen am Bostalsee Menschenmassen an Tagen wie diesen

Bosen · Am Wochenende feierten 50 000 Menschen bei den Konzerten der Toten Hosen am Bostalsee. Textsicher sangen die Fans mit ihren Idolen.

 Campino, Sänger der Toten Hosen, gab am Mikrofon alles – ob bei den Liedern oder seinen Plädoyers für mehr Zivilcourage.

Campino, Sänger der Toten Hosen, gab am Mikrofon alles – ob bei den Liedern oder seinen Plädoyers für mehr Zivilcourage.

Foto: B&K/Bonenberger/

Welch eine grandiose Begrüßung für die ankommenden und das Bier aus der Dose schluckenden Fans der Toten Hosen. Refuseds Hammersong „New Noise“ schallt über das Festivalgelände am Bostalsee. 25 000 Menschen sind es, die sich am Freitagnachmittag auf das Laune-der-Natour-Konzert freuen. Im geräumigen Einlass-Bereich versucht ein Besucher noch Tickets zu erhaschen, ein anderer will seine Eintrittskarte vom Samstag gegen den Freitagstermin tauschen. „Wegen der Vorbands“, sagt er. Generationenübergreifend schreiten die Massen gut gelaunt auf das Open-Air-Gelände. Es scheint Punkrock ist Unterhaltung für die ganze Familie – und deren Lieblinge, die Toten Hosen aus Düsseldorf, sind nach 36-jähriger Bandgeschichte vom Image des Bürgerschrecks längst zu einem Topact der Musikindustrie aufgestiegen. Bassist Andi Meurer gibt den Moderator, sagt mit den Argentiniern Attaque 77 eine Vorgruppe an, die in den 1990er-Jahren im Heimatland durch ihre politischen und sozialkritischen Texten in den Mittelpunkt der Medien gerückt waren.

Später folgt ein Moment des Innehaltens: Feine Sahne Fischfilet intoniert den Song „Warten auf das Meer“, zu dem Sänger Jan „Monchi“ Gorkow auf der Bühne eine Pyrofackel abbrennt. Einige Medien haben die Abriss-Punkband aus Mecklenburg-Vorpommern nach ihrem gemeinsamen Auftritt gegen Fremdenfeindlichkeit „Wir sind mehr“ mit den Toten Hosen in Chemnitz kritisch in die Mangel genommen. Feine Sahne Fischfilet steht weit links und engagiert sich gegen Rassismus und Hass. Deren Sänger verurteilt die Messerattacke in der drittgrößten Stadt des Freistaates Sachsen und betont: „Wenn aber Nazis dann so etwas zum Anlass nehmen, andere anzugreifen, dann hat man denen entgegenzutreten.“ Verharmlose jemand Videos von einer Hetzjagd als Fake-News, dann habe dieser das Problem und müsse zurücktreten, zielt er in Richtung des Präsidenten des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen. „Ob nun Muslime oder Christen auf dem Mittelmeer mit einem Boot in Not geraten, es sind Menschen, die hat man zu retten“, meint „Monchi“. Zur Bandhymne „Komplett im Arsch“ schaut Toten-Hosen-Sänger Campino vorbei und intoniert mit Monchi: „Wir sind komplett im Arsch, wir haben nichts zu verlieren.“

 Flug am Samstag gegen 18.30 Uhr über das Festgelände am Bostalsee. Die Fans strömen zum zweiten Konzert der Toten Hosen.

Flug am Samstag gegen 18.30 Uhr über das Festgelände am Bostalsee. Die Fans strömen zum zweiten Konzert der Toten Hosen.

Foto: B & K/Franz Rudolf Klos

Den dritten Aufwärmgang übernehmen die Beatsteaks aus Berlin. „2001 haben uns die Toten Hosen auf die erste große Tour mitgenommen“, bedankt sich Sänger Arnim Teutoburg-Weiß. Die Band spielt ein paar ihrer Bestseller wie „I don’t care as long you sing“ oder „Jane became insane“ und holt mit Nils einen Jungen aus dem Publikum auf die Bühne. „Habt ihr Bock zum springen?“, fragt der Beatsteaks-Sänger und Tausende hopsen und kreisen mit den Armen. Professionell holen die Berliner auch die Besucher, die ihre Songs weniger oder gar nicht kennen, zum Warmsingen mit. Mit dem ersten Takt des Queen-Klassikers „I want to break free“ haben die Beatsteaks eine fantastische Stadionatmosphäre kreiert. Die Toten Hosen können kommen.

 Farbspektakel mit Monchi, Sänger von Feine Sahne Fischfilet (links).

Farbspektakel mit Monchi, Sänger von Feine Sahne Fischfilet (links).

Foto: B&K/Bonenberger/
 Einmal auf Händen getragen werden: Dieser Fan surft während des Auftritts der Band Feine Sahne Fischfilet auf den Wogen einer Menschen-Welle.

Einmal auf Händen getragen werden: Dieser Fan surft während des Auftritts der Band Feine Sahne Fischfilet auf den Wogen einer Menschen-Welle.

Foto: B&K/Bonenberger/

„Auswärtsspiel“, brüllt Campino. Es folgt Hit an Hit zum Mitsingen ohne Liederbüchlein, verstärkt durch ein knallhartes Gitarrenbrett und ein hämmerndes Schlagzeug. Die Musik der Düsseldorfer Band befindet sich auf kommerziellem Höhenflug. Neben neueren Nummern schauen die Toten Hosen in den Rückspiegel und bieten Songs wie „Alles aus Liebe oder „Steh auf“. Und diese Forderung passt zum Gegen-Rechts-Sprachrohr Campino. Wie zuvor Monchi meldet sich auch der 56-Jährige zu Wort. Im Nachgang der Gewalttaten in Chemnitz und den Äußerungen von Verfassungsschutz-Chef Maaßen sagt er: „Wir fragen uns, warum Maaßen nicht seinen Posten räumt und offiziell für die AfD kandidiert.“ In den ersten Reihe vor der Bühne schwenken die Fans Fahnen mit dem Bundesskelett und Jolly Joker, während Campino mehr Zivilcourage gegen Rechts fordert. Der Schlagerhit und Gassenhauer „Tage wie diese“ darf nicht fehlen und nach „You never walk alone“ verlassen 25 000 begeisterte Menschen das Festivalgelände.

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