Freizeitweg Landkreis St. Wendel will den Freizeitweg

St. Wendel · Radweg und Schienenstrang nebeneinander? Unmöglich, sagt der Landkreis und treibt sein Bauvorhaben voran.

 Der Wendelinusradweg zwischen Tholey und St. Wendel gilt als Vorbild für den geplanten Freizeitweg zwischen Freisen und Nonnweiler.

Der Wendelinusradweg zwischen Tholey und St. Wendel gilt als Vorbild für den geplanten Freizeitweg zwischen Freisen und Nonnweiler.

Foto: atb/atb-thiry/Fotograf-Bonenberger

Mit der Vergabe der Projektsteuerung und Projektplanung an das Velobüro Saar hat der Landkreis St. Wendel offiziell mit der Umsetzung des Projektes Freizeitweg Freisen-Nohfelden-Nonnweiler begonnen. Der 30 Kilometer lange Weg für Radler, Läufer, Spaziergänger oder auch Skater – nicht für Bahnfahrer – soll behindertengerecht sein, weshalb nur ein Ausbau in Asphalt in Frage komme. Der wird voraussichtlich fünf Millionen Euro kosten. Landrat Udo Recktenwald (CDU) sagt dazu: „Dies ist gut angelegtes Geld in eine Infrastruktur, die das bisherige Angebot an Rad-, Wander- und Freizeitwegen hervorragend ergänzt.“ Recktenwald spricht von einem saarlandweiten Highlight.

So sieht es auch die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD), die eine Machbarkeitsstudie zu diesem Freizeitweg im September vergangenen Jahres in Freisen vorgestellt hatte. Das Land fördert den Ausbau demnach mit 70 Prozent und spricht von einem neuen Leuchtturmprojekt. Wichtige Sehenswürdigkeiten und Freizeiteinrichtungen in den Gemeinden könnten mit dem Freizeitweg optimal angebunden werden: Naturwildpark, Windpark, Mineralienmuseen, Burg Nohfelden, Bostalsee und Center Parcs, Keltenpark, Primstalsperre und der Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Auch als Alltagsradweg für die Schulstandorte Türkismühle und Freisen werde die neue Trasse eine wichtige Funktion übernehmen, ebenso würden größere Firmen in den Gewerbegebieten von Eckelhausen und Otzenhausen direkt angeschlossen. Wohlgemerkt an einen Radweg, nicht zusätzlich an das (noch) vorhandene Schienennetz, wie das die Interessensgemeinschaft (IG) Nationalparkbahn Hunsrück-Hochwald fordert (siehe Text unten). Ein Nebeneinander von Bahn und Radweg sei nicht nur möglich, sondern liege auch im Interesse der Nordsaarländer, meint man da zu wissen.

Ganz anders ist indes die Sicht im Verkehrsministerium, im Landratsamt und den Kommunen: Gemessen an der zu erwartenden Wertschöpfung und den ökonomischen Ergebnissen im Vergleich zu den immens hohen Kosten für die Instandsetzung und Unterhaltung der Bahnstrecke, dem Wiederaufbau der Haltestellen sowie einem ständigen Zuschussbedarf für die Nutzung der Bahnlinie sei die Entscheidung, einem Freizeitweg vor einer Aufrechterhaltung einer Bahnlinie den Vorzug zu geben, absolut richtig.

In diesen Überlegungen hätten auch die neuesten Zahlen einer Studie der Saarbrücker Hochschule für Technik und Wirtschaft über die regionalökonomischen Effekte des Center Parcs am Bostalsee eine Rolle gespielt: Laut der Studie reisen nur 0,5 Prozent der Gäste mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) an. Zum gleichen Ergebnis komme die Mobilitätsstudie von 2015, die für den Nationalpark Hunsrück-Hochwald erstellt wurde: Lediglich drei Prozent der Befragten gaben demnach an, mit dem ÖPNV in den Nationalpark fahren zu wollen. Insofern habe eine Erhaltung der Bahnlinie allein schon aus Nutzergründen keinen Sinn.

Auch einen eventuellen Anschluss von Türkismühle nach Hermeskeil als Museumsbahn habe man in den Entscheidungsprozess einbezogen. Allerdings seien im nördlichen Saarland durch die Ostertalbahn und die Merzig-Büschfelder Eisenbahn zwei Museumsbahnen vorhanden, die aus Kosten- und Personalgründen nur an wenigen ausgewählten Tagen im Jahr Fahrdienste anbieten. Wobei jüngst die Museumsbahn Merzig-Losheim erst durch Zuschüsse von einigen Hunderttausend Euro nochmals habe gerettet werden können.

Doch zurück zum Freizeitweg Freisen-Nonnweiler, wo die Gleise von Freisen nach Wolfersweiler ohnehin schon Jahre abgebaut sind. Mit Blick auf die Finanzen sagt Martina Scheer, Leiterin der Tourist-Info St. Wendeler Land: „Die Kosten für die Anlage und Unterhaltung einer Bahntrasse als Freizeitradweg sind marginal im Vergleich zu den Kosten zur Reaktivierung der Bahnstrecke und aus Nutzergründen nicht darstellbar.“ Und weiter: „Die Mobilitätstudie ging 2015 von einem Kostenvolumen von zwölf Millionen Euro für die Reaktivierung der Bahnlinie aus. Diese Kosten dürften heute wesentlich höher liegen, wobei die Kosten für den Bau und die Ertüchtigung von sieben Haltepunkten noch nicht einmal eingerechnet sind!“

Trotz aller Argumente für einen Freizeitweg halten das Land Rheinland-Pfalz, die Interessengemeinschaft (IG) Nationalparkbahn und der Verkehrsclub (VCD) Saarland nach wie vor an Überlegungen fest, die Bahnlinie im saarländischen Teilbereich von Hermeskeil bis nach Türkismühle zu erhalten, weiß man im St. Wendeler Landratsamt. Scheer: „Das Land Rheinland-Pfalz und die Interessengemeinschaft liebäugeln damit, einen Anschluss an den von Chinesen übernommenen Flughafen Hahn über Büschenbeuren, Thalfang bis Hermeskeil als öffentliches Naheverkehrsangebot zum Nationalpark herzustellen, vorbehaltlich eines Betriebskonzeptes, Streckenpachtung von der Bahn, der Höhe öffentlicher Zuschüsse, Trassenentgelte und der Kosten für Instandsetzung.“

Daher sagt die Leiterin der Tourist-Info: „Eisenbahnromantik ist hier nicht angebracht. Wir haben uns vor der Entscheidung, was aus der Bahntrasse wird, sehr eingehend mit allen Möglichkeiten auseinandergesetzt. Aus touristischen Gründen und Gründen der Wertschöpfung sind wir einhellig zum Ergebnis gekommen, einen behindertengerechten Freizeitweg anzulegen. Unsere Gäste würden nicht mit einer Museumsbahn von Büschenbeuren aus ins Sankt Wendeler Land anreisen. Die Idee ist absurd. Außerdem liegen die Haltepunkte der Hunsrückbahn weit außerhalb des Nationalparks, von wo aus ein funktionierender Busverkehr erst eingerichtet werden müsste. Dann ist es doch besser, wenn man Gelder investiert, um die Gäste von der gut bedienten Nahetalbahn zwischen Saarbrücken-Türkismühle und Mainz-Frankfurt in den Nationalpark zu bringen.“ Vom Bahnhof Türkismühle bestünden gute Busanbindungen durch den Nationalpark bis nach Trier. Eine parallele Bahnverbindung sei nicht notwendig. Scheer: „Man darf gespannt sein, wann das Land Rheinland-Pfalz und die Interessengemeinschaft die Eisenbahnlinie durch den Hunsrück von Büschenbeuren bis nach Hermeskeil ausbauen und im Fortgang noch den Flughafen Hahn anschließen, denn den Abschnitt Hermeskeil – Türkismühle brauchen sie dazu nicht.“

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