Kleidung, die man nie mehr ausziehen will

Neunkirchen. Ob historisch korrekt oder nicht: Mit Transsilvanien verbindet man im ersten Moment immer Vampirgeschichten rund um den Namen Dracula. Das soll sich ändern. Dafür sorgen Gabriela und Otto Pollak. Sie kamen vor acht Jahren aus den südlichen Karpaten nach Deutschland, den betagten Eltern zuliebe

 Gabriela Pollak (Zweite von vorne) und ihre Mitarbeiterinnen im Nähatelier am Hüttenberg. Foto: Willi Hiegel

Gabriela Pollak (Zweite von vorne) und ihre Mitarbeiterinnen im Nähatelier am Hüttenberg. Foto: Willi Hiegel

Neunkirchen. Ob historisch korrekt oder nicht: Mit Transsilvanien verbindet man im ersten Moment immer Vampirgeschichten rund um den Namen Dracula. Das soll sich ändern. Dafür sorgen Gabriela und Otto Pollak. Sie kamen vor acht Jahren aus den südlichen Karpaten nach Deutschland, den betagten Eltern zuliebe. Lange hatten der diplomierte Volkswirt und die Schneidermeisterin mit sich gerungen. So ohne Weiteres lässt niemand sein selbstgebautes Haus, einen Managerjob und ein Nähatelier zurück. Mit ganzen zwei Koffern Gepäck zogen die Eheleute und ihr Erstgeborener schließlich ins Saarland. Dass sie heute eine Firma mit vier Näherinnen und zwei Azubis in ihrem eigenen Haus führen, können sie immer noch nicht ganz fassen. Geschenkt hat ihnen den Erfolg freilich niemand. Fleiß, Zähigkeit und Zwölf- bis 14-Stunden-Arbeitstage waren Voraussetzung. Mitgebracht aus der Heimat hat Gabriela Pollak ihr Talent und ihre Erfahrungen. "So lange ich mich erinnern kann, habe ich schon eine Nadel in der Hand." Heimlich setzte sich die kleine Gabriela an die Nähmaschine des Onkels und nähte Kleider für sich und ihre Freundin: "Wir sahen immer wie Zwillinge aus." Damals wurde in Rumänien in jedem Haushalt genäht. "Eine Bekleidungsindustrie in dem Sinne gab es nicht." Weshalb sie zunächst in einer Polsterfabrik anfing. Später machte sie sich als Schneiderin selbstständig. In Deutschland wurde ihre Qualifikation nicht anerkannt. Also musste Gabriela Pollak erneut die Meisterprüfung ablegen. Auf Deutsch - eine Tortur! Doch die hat sich gelohnt: "Ich habe mindestens eine Maßanfertigung pro Woche", freut sich die Fachfrau, ihren Traumberuf ausüben zu können. Die Kundschaft wiederum ist dankbar, von ihr alte Lieblingsstücke aufgepeppt oder neue Kleidungsstücke auf den Leib geschneidert zu bekommen. Und das geht so: Im Gespräch versucht Gabriela Pollak herauszufinden, was sich die Kundin vorstellt. Gemeinsam wird ein Entwurf skizziert. Es folgen: Maß nehmen, einen aus über 400 hochwertigen Stoffen (Carnet de Mode, Elégance oder Tissus Monde Paris) aussuchen, Schnitt anfertigen und eventuell mit Probestoff testen. Während des Entstehungsprozesses sind zwei bis drei Anproben nötig. "Wenn ein Kleidungsstück gut sitzt, fühlt es sich an wie eine zweite Haut."Geschätzt wird von den Kunden auch die Detailverliebtheit der passionierten Näherin. Wo findet man heute noch paspelierte Knopflöcher? Eben. "Wenn die Kunden begeistert sind, ist das meine größte Belohnung", registriert die zweifache Mutter bescheiden, dass manche Kundinnen regelrecht süchtig nach Maßarbeit à la Pollak sind. Was gewissermaßen auch für Dritt- und Vierklässler einer Sulzbacher Grundschule gilt. Ihnen gibt Gabriela Pollak jede Woche Handarbeitskurse - und die Liebe zum Nähen Stich für Stich weiter. "Ein gut passendes Kleidungsstück ist wie eine zweite Haut."Gabriela Pollak

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort