Gedenkstein erinnert an ein Massengrab

Völklingen · Kinder spielen im Völklinger Bürgerpark, und Erwachsene gehen gerne dort spazieren. Doch in ihm findet sich auch ein Zeuge dunkler Geschichte: das Russendenkmal, das an verstorbene Zwangsarbeiter aus der Zeit des Ersten Weltkriegs erinnert.

 Völklingens Stadtarchivar Christian Reuther (links) erläutert das so genannte Russendenkmal im Bürgerpark. Foto: Jenal

Völklingens Stadtarchivar Christian Reuther (links) erläutert das so genannte Russendenkmal im Bürgerpark. Foto: Jenal

Foto: Jenal

Vor hundert Jahren begann der Erste Weltkrieg. In Völklingen erinnert das so genannte Russendenkmal im Bürgerpark an die Schreckenszeit. Seine Inschrift verkündet: "Hier ruhen 150 russische Kriegsgefangene 1914 bis 1918". Das Wissen über das Denkmal geriet in den vergangenen Jahrzehnten in Vergessenheit.

Im August 2013 bat das Völklinger Aktionsbündnis Stolpersteine die Bevölkerung um Hinweise. Ohne Erfolg, kein Zeitzeuge meldete sich. Erst Völklingens Stadtarchivar Christian Reuther gelang es, Licht ins Dunkel zu bringen.

Am Dienstagvormittag trafen sich Vertreter des Aktionsbündnisses mit dem Experten vor Ort. Auch Heimatkundler Roland Isberner war mit von der Partie. Der mit Klinkersteinen verkleidete Quader, so Reuthers Recherche, wurde 1929 im Auftrag der Gemeinde Völklingen als Gedenkstein für 150 russische Kriegsgefangene errichtet. Sie waren als Zwangsarbeiter eingesetzt, verstorben und dann in einem Massengrab beerdigt worden.

Die meisten ausländischen Arbeitskräfte schufteten im Ersten Weltkrieg in der Grube und bei den Röchling'schen Eisen- und Stahlwerken. Laut einer Volkszählung lebten Ende 1916 insgesamt 1422 Zivil- und Kriegsgefangene in Völklingen . Zu ihnen gehörten Russen, Belgier, Italiener und Ukrainer.

Bisher konnte Christian Reuther noch nicht alle Fragen rund ums Russendenkmal beantworten: Waren die Opfer vorher schon woanders begraben? Sind sie alle gleichzeitig ums Leben gekommen, etwa bei einem Unglück oder einem Fliegerangriff?

Für den Stadtarchivar ist es auch nicht nachvollziehbar, warum das Massengrab für Kriegsgefangene auf einem ehemaligen Zivilfriedhof angelegt wurde. Andere russische Soldaten sind auf dem benachbarten Ehrenfriedhof beigesetzt. Dort schaut die Gruppe ebenfalls vorbei. Anhand einer alten Gräberliste aus den 1930er Jahren ist der erste russische Soldat schnell identifiziert. Alex Welnikow starb am 8. Dezember 1916. Aber auch hier stößt Reuther auf eine Ungereimtheit, ein Soldat liegt nicht an der im Plan eingezeichneten Stelle.

Zurück zum Russendenkmal : Der Anregung des Aktionsbündnisses, im Bereich des Steins eine Infotafel anzubringen, zeigte sich Bürgermeister Wolfgang Bintz während der Besichtigung aufgeschlossen. Für ihn wichtig: Der Text muss aussagekräftig sein, und das Denkmal darf nicht in den Hintergrund gedrängt werden.

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