„Es war einfach eine tolle Zeit“

Oberkirchen · Wer Jürgen Pickard kennt, vermag es nicht zu glauben. Doch es ist Fakt: Der 71-jährige Oberkircher hat am Freitag seinen Job als Obmann der Fußball-Schiedsrichtergruppe Weiselberg beendet. 42 Jahre lang hat der ehemalige DFB-Schiri die Regelwächter angeführt.

 Abschied mit etwas Wehmut: Jürgen Pickard legte am Freitag seinen Posten als Schiedsrichter-Obmann nieder. 42 Jahre war er der Oberschiedsrichter der Gruppe Weiselberg. Foto: Frank Faber

Abschied mit etwas Wehmut: Jürgen Pickard legte am Freitag seinen Posten als Schiedsrichter-Obmann nieder. 42 Jahre war er der Oberschiedsrichter der Gruppe Weiselberg. Foto: Frank Faber

Foto: Frank Faber

Ein letztes Mal hat Jürgen Pickard am Freitag seinen Tätigkeitsbericht als Obmann der Schiedsrichtergruppe Weiselberg vorgetragen, danach war definitiv Schluss. "Ich gehe als Kapitän mit sehr viel Wehmut von Bord", gibt der 71-Jährige zu. Seit deren Einführung im Jahre 1972 hat er die Gruppe angeführt, unzählige Schiedsrichter betreut und pro Saison zwischen 1500 und 2000 Partien mit Unparteiischen besetzt.

Für seinen Rückzug spielen neben dem Alter gesundheitliche Gründe eine Rolle, die früh in den 1980er-Jahren schon einmal seine Karriere als DFB-Schiedsrichter gestoppt haben. Rückblick: Der Top-Leichtathlet feierte als Mittelstreckler im Trikot des TV Ottweiler die Saarlandmeisterschaft über 800 und 1000 Meter. Als Fußballer kickte er in der Oberkircher A-Jugend, danach wechselte er ins Lager der Schiedsrichter. "Von unten hoch bin ich über die Oberliga bis in die Zweite Bundesliga aufgestiegen", erzählt Pickard. Seine Lehrmeister waren der Tholeyer Willi Bungert und Ferdinand Biwersi aus Bliesransbach. "Für jemand, der aus dem Bergbau kommt und als Warenannahme-Leiter arbeitete, war das toll, in den hohen Klassen zu pfeifen", meint er.

Sein Debüt als Schiedsrichter in der Zweiten Liga Süd gab er am 29. Juli 1979 bei der Begegnung der Stuttgarter Kickers gegen den SSV Ulm. "Für mich der absolute Höhepunkt", sagt Pickard.

Taschentuch ersetzt Fahne

Viel hat er in all den Jahren erlebt. Kurioses, Ungewöhnliches. Im Trierer Moselstadion wurde er einmal heftig vom Wormser Peter Klag attackiert. Mit einer blutenden Nase verwies Pickard den Übeltäter vom Feld. In der Bundesliga assistierte er dem Reimsbacher Walter Engel an der Seitenlinie.

Als Linienrichter sorgte Pickard einmal für Aufsehen, die Bilder würden heute mit Sicherheit um die Welt gehen: Auf dem Bieberer Berg in Offenbach verlor Pickard beim Sprint an der Mittellinie die Fahne. Er erkannte eine Abseitsstellung und zeigte diese sofort mit dem Taschentuch an. "Es war einfach eine tolle Zeit, es war es schon wert", schwärmt Pickard.

Nach einem Dutzend Einsätzen in der Zweiten Liga musste er krankheitsbedingt die Schiedsrichter-Laufbahn einstellen, und tauschte die Pfeife mit dem Bewertungsbogen des Schiedsrichter-Beobachters ein. Bei seinem Heimatverein FC Oberkirchen fungierte Pickard zwischenzeitlich als Geschäftsführer und Vorsitzender. "Ich habe immer die Kameradschaft in den Vordergrund gestellt", so Pickard. Ein Schiedsrichter müsse einstecken können, aber auch mit Maß und Ziel austeilen. In der Szene gilt er als gradlinig, ehrlich und gewissenhaft. So hat er seinen Abschied von langer Hand auch geplant.

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