Die Köhler-Schule stand in Kalabrien

Mit Hingabe schaufeln Fiona (8) und ihr Bruder Dario (11) den schweren Mutterboden mit der Grasnarbe hoch. Weil schulfrei ist, haben ihre Eltern Silvana und Antonio sie mit zum Opa gebracht.

Es ist sozusagen die vierte Generation der Köhler in der Familie von Giulio Pupo, auch wenn Fiona und Dario natürlich vorwiegend Spaß haben wollen. Bei Antonio Gelardi sieht das Ganze schon anders aus. Er hilft zum zweiten Mal seinem Schwiegervater Giulio Pupo beim Bau eines Kohlemeilers. Diesmal auf einer großen Obstwiese oberhalb der Römerstraße in Wiebelskirchen. "Wir machen das zusammen, damit wir Jungen die Tradition einmal fortführen können."

Schwager Cosimo, der jüngste Sohn von Giulio Pupo, der in die Fußstapfen seines Vaters bei Saar Forst getreten ist, kommt nach der Arbeit ebenfalls vorbei. Denn so ein Kohlemeiler baut sich nicht von heute auf morgen. Schon vor Wochen hat der mittlerweile 70-jährige Pupo damit begonnen, Holz zu machen, das er mit einem Hänger zur Wiese transportiert hat. "Fichte, Lärche und Douglasie, das ist das beste Holz", weiß Giulio. Das ganze Jahr über habe er im Saarforst nach dem besten Holz gesucht. Unterstützt habe ihn Forstdirektor Gernot Scheerer, der bei Saar Forst für den Bereich Holzvermarktung zuständig ist (siehe Interview).

Gelernt hat Giulio Pupo das Köhler-Handwerk von der Pike auf bei seinem Vater, der diesen Beruf in der italienischen Provinz Kalabrien ausgeübt hat. Von dort kam der 20-jährige Giulio vor genau 50 Jahren nach Deutschland. "Ich war im Süden, ich war im Norden, überall habe ich mit Holz gearbeitet", sagt er mit seinem sympathischen italienischen Akzent. Bekannt ist er im ganzen Saarland wegen seines Könnens. Es ist mittlerweile der 20. Kohlemeiler, den er im Saarland aufbaut und dessen Kohle für köstlich krosse Schwenker und Grillwürstchen sorgen wird.

Und jeden Tag kommen etliche Besucher bei Pupo vorbei, um sich über den Stand der Dinge zu informieren und ein Schwätzchen zu halten. So wie Hans-Joachim Witte, der gerade seine Cocker-Dame Petty ausführt und jeden Fortschritt am Kohlemeiler mit seiner Kamera dokumentiert. Oder das Ehepaar Kraushaase, das seine Wiese mit den alten Obstbäumen für den Meilerbau zur Verfügung gestellt hat. "Das ist doch interessant", findet nicht nur das Wiebelskircher Ehepaar, auch Andrea Eva Frank und ihre Bekannte Severine Wolfanger sind dieser Meinung. "Wann wird denn der Meiler geöffnet?", wollen sie wissen. Wahrscheinlich Ende Mai, bekommen sie zur Antwort. Etwa eine Woche, nachdem der Meiler über den Schacht - eine Holztreppe führt den Köhler nach oben - per Glut entzündet worden ist. In den folgenden Tagen und Nächten muss die Glut im Meiler überwacht werden. Im Laufe des Tage muss der Köhler immer wieder zum Schacht aufsteigen, um zu überprüfen, ob der Meiler nicht leer brennt. Außerdem müssen stets Löcher gebohrt werden, damit der Kohlenmeiler nicht implodiert. "Man muss mit dem Kopf schaffen, nicht mit der Muskelkraft", sagt Pupo nachdrücklich und zeigt mit dem Finger auf die entsprechenden Körperteile. Es ist eben ein richtiges Handwerk, das Giulio Pupo mit Leidenschaft betreibt und gerne an die jüngere Generation weitergeben will. Wenn die Kohle endlich soweit ist, wird immer ein großes Fest gefeiert. Dann wird die fertige Holzkohle in Säcken ausgegeben. Es gibt größere und kleinere Stücke, je nachdem, wie dick das verwendete Holz war. "Nicht so akkurat wie im Baumarkt", lacht Giulio. "Aber allerbeste Qualität!"

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HintergrundEin Kohlemeiler bezeichnet einen mit Erde, Gras und Moos luftdicht bedeckten Holz-Haufen, der von einem Köhler in Brand gesetzt wird, um Holzkohle zu erzeugen. Der Holzkohlemeiler wird ebenerdig in Form eines Kegels gebaut. Zu Beginn wird ein Schacht (Quandel) aus Stangen errichtet, die senkrecht in den Boden gelassen werden. Rundherum werden zirka ein Meter lange Holzstücke aufgeschichtet. Darauf kommt ein Dach aus trockenem Laub, Heu oder Stroh. Zum Abschluss wird der Meiler mit Erde, Gras und Moos luftdicht verschlossen. Über den Schacht wird der Meiler entzündet. Die Aufgabe des Köhlers ist es nun, über die folgenden Wochen den Meiler weder erlöschen noch ihn durch zu viel Luftzufuhr abbrennen zu lassen. Dazu bohrt und verschließt er Löcher an der Oberfläche. red

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