Abtauchen in die Vergangenheit

Köllerbach · Mittelalterfans lieben's rustikal, stilvoll und nach alten Regeln. Um die 100 Söldner, Rittersleut und edle Fräuleins, dazu einfaches Volk, Gaukler, Spielleute, Händler und Tavernenwirte lagerten vier Tage in Köllerbach.

 Achim Häfner hatte neben Eule und Käuzchen auch seinen Adler dabei. Fotos: (2) Jenal

Achim Häfner hatte neben Eule und Käuzchen auch seinen Adler dabei. Fotos: (2) Jenal

 Theater vom „König, der kein Brummeisen spielen konnte“ gab es auch auf dem Mittelaltermarkt.

Theater vom „König, der kein Brummeisen spielen konnte“ gab es auch auf dem Mittelaltermarkt.

Nicht nur das Lager-Volk ist passend gekleidet, auch unter den Besuchern sind zahlreiche Gewandete. Gegen einen Obolus von drei Talern dürfen aber auch modern gekleidete Leute den 10. Mittelaltermarkt zu Pfingsten in den Ruinen der Burg Bucherbach hautnah miterleben.

Ute und Andre Schulze steigen aus einem Auto mit Hanauer Kennzeichen, beide sind "wie anno dunnemals" in grobes Leinen gehüllt und tragen am Fuß flache Bundschuhe aus Leder. Auf dem Parkplatz kommen schnell noch Trinkhörner und Geldsäckchen an den Gürtel, dann heißt es: "Raus aus der zivilen Welt, rein in eine Zeit, in der alles noch nicht so modern, so elektronisch, so eintönig" gewesen sei, sagt er, und sie fügt an, man wolle gucken, bummeln und was Schönes kaufen.

Gräfin Agnes von Saarwehrden empfängt die Besucher. An Torwächter Raimundus von Bilicies und seiner Lanze vorbei schnurrt die Zeit zurück. Flötend und trommelnd zieht ein Spielmannszug durch die Ruine. Heroldine Eva Juliane von Gemmerich rasselt mit dem Schellenstab und verkündet: "Ihr Leute, kommt und seht die Geschichte vom König, der kein Brummeisen spielen konnte und von der Königin, die keine Pfeffernüsse backen wollte." Die Schauspieltruppe trägt derweil das Bühnengemälde, Requisiten und den Thron herbei.

Passende Musik darf natürlich auch nicht fehlen: Theoderich Nemmersatt packt seine Drehleier aus. Er stellt sich als der "unfugigste Spielmann der Welt" vor. Denn er habe keine Fugen im Repertoire, mache dafür aber viel Unfug. Vor 20 Jahren hat er als Würstchenverkäufer auf der Teufelsburg angefangen, dann Trommel gespielt. Mittlerweile dürfe er sich mit Fug und Recht Spielmann nennen, denn er beherrscht sieben Instrumente wie Zister, Rauschpfeife, Gemshorn, zudem verfasst er Texte und Melodien übers Trinken, Feiern und Sterben, über Helden und über Spielleute, die Nachrichten, Gerüchte und neue Gesetze weitertragen.

"Theoderich" ist im wahren Leben Berufsberater, und so erfahren wir von ihm auch, dass Tierstimmen-Imitatoren, die im Mittelalter sehr beliebt waren, heutzutage praktisch ausgestorben sind. Andere Berufssparten haben überdauert und sind auf dem Markt vertreten. Sehr gefragt sind Schneider und auch sonst alles, was mit Kleidung und Schmuck zu tun hat. Das lässt sich an den vielen ungewöhnlichen Kopfbedeckungen, den Miedern, Umhängen und Beinkleidern ablesen. Sogar Ritterhauben und Rüstungen aus Eisen werden vor Ort geknüpft. Dosenwerfen, Diavolo und allerlei andere Vergnügungen sind ebenfalls geboten, und zwei Zelt-Tavernen laden zur Einkehr. Ludwinus der Gaukler schluckt und spuckt später Feuer. Greifvögel und Schafböcke mit kreisrunden Hörnern ergänzen das Bild.

Auch im Lager des "Mittelalter-Volks" vom Völklinger Verein "Die Tafelrunde" - Pater der Burg und Organisator des Marktes - gackert es. Tische, Bänke, Betten, Stühle - alles ist selbst gemacht und nach alten Plänen zusammengesteckt und verkeilt. Wie früher wandert Gemüse und was man sonst so parat hat zusammen in einen Topf und wird über offenem Feuer gegart.

Immerhin halb modern geht es in Kiandras Wahrsagezelt zu: Mit "50 Prozent Magie, 50 Prozent Psychologie" beschreibt sie die Gespräche, die sie mit ihren Kunden über die Baustellen des Lebens führt. Auch ein Badehaus mit großem Zuber gibt es. Und wenn man dann daran denkt, wie viele Leute im echten Mittelalter die Füllung eines Zubers benutzt haben, ist man dann doch irgendwie wieder ganz froh über die moderne Dusche zu Hause.

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