Rathausstürme Narren im St. Wendeler Land vertreiben Bürgermeister ins Exil

Tholey · Der Fette Donnerstag wurde für Maharadscha Tholemus alias Bürgermeister Hermann Josef Schmidt zu einem Albtraum aus 1001 Nacht. Die Narren aus den Schaumberg-Emiraten hatten das Rathaus gestürmt und angeführt von der Star-Anwältin Barbara Rausch wurde der selbst ernannte Großfürst entmachtet. Zuvor war es zu einer krachenden Anklage wegen dessen unfähiger Regentschaft gekommen. Bucklige und marode Gehwege wurden Tholemus aus Bergweiler zur Last gelegt. Eine Überschwemmung in Überroth, so klagte Anwältin Rausch an, habe er genauso zu verantworten wie die defekte Heizung im Neipeler Haus am Mühlenpfad. Und sie haute weiter drauf. In Hasborn würde er den Nachwuchs vernachlässigen und den Ausbau der Grundschule verweigern. Wegen eines Hausabrisses in Sotzweiler müsse er demnächst mit dem Boxclub Schaumberg in den Ring steigen. Zur Verteidigung zählte Tholemus unter anderem ein paar läppische Kinkerlitzchen wie einen neuen Drogeriemarkt zum Shoppen für seinen Harem in Tholey auf. Für die Fastnachts-Advokatin zu wenig und sie sprach ihn in allen Anklagepunkten schuldig. Resolut befahl sie den Garden, Tholemus und seine Stammesfürsten zu fesseln und abzuführen. Das Narrenvolk jubelte als die Prinzenpaare aus den Schaumbergdörfern ins vom Filz und Amtsschimmel befreite Rathaus einzogen.

 Narren-Anwältin Bärbel Rausch (rechts) hat den gefesselten Maharadscha Tholemus aus dem Rathaus gezerrt.

Narren-Anwältin Bärbel Rausch (rechts) hat den gefesselten Maharadscha Tholemus aus dem Rathaus gezerrt.

Foto: Frank Faber

In Marpingen hat die Narrenschar das Zepter seit Donnerstag, 14.11. Uhr in der Hand. Und das wird wohl noch eine Weile so bleiben, denn der Ort ist als Fastnachtshochburg im Landkreis bekannt. Die Narren des Theater- und Karnevalsvereines Alsweiler machten „kurza Prozess med demm Bürgermeischda“. Sie brachten einen Rammbock mit und drohten, sich gewaltsam Zutritt zum Rathaus zu verschaffen. Entsprechend gering war die Gegenwehr des Rathausoberen und seiner Mitarbeiter. Sie ließen die Faasendbooze in ihr Verwaltungsgebäude eintreten. Dort gab sich „Oberarzt Volker“ nach kurzem Wortgefecht geschlagen. Der Verhaftete und seine Häscher nahmen noch eine Wegezehrung zu sich und traten den beschwerlichen Marsch ins Marpinger Pfarrheim an, wo bis spät in die Abendstunden gefeiert wurde.

Die Narren der Karnevalsgesellschaft 1954 Nonnweiler hatten die richtige Mixtur gewählt, um Bürgermeister Franz Josef Barth aus seinem Rathaussessel ins Exil zu vertreiben. Einerseits waren dies Pauken und Trompeten der Kolpingkapelle, andererseits die Böllerschüsse des Schützenvereins Falkenauge Otzenhausen. Sie wecken den Verwaltungschef wohl aus seiner Schlafstellung. Zum Gelingen des Überfalls trugen aber auch hitzige Wortgefechte mit dem Elferratspräsidenten Sebastian Gehrmann und zu guter Letzt die karnevalistischen Gesetze des Thronadels mit Prinz Martin I. und Prinzessin Janina II. bei. „Nur Versprechungen, nicht ist geschafft worden. Ich hoffe, ihr habt ausgepennt, wir schießen mit allem, bis kein Stein mehr auf dem anderen steht“, warnte der Narrenchef Gehrmann den Bürgermeister. Er forderte ihn auf rauszukommen und den Schlüssel vom Rathaus zu übergeben. „Es wurde so viel gebaut wie selten“, verteidigte sich Barth. Doch weiteres Wehklagen wurde von der Narrenschar lautstark erstickt. „Du kommst nun in den karnevalistischen Knast, im Rathaus zieht buntes Treiben ein“, betonte der Thronadel und nachdem das Prinzenpaar seine elf Gebote proklamiert hatte, war die Gegenwehr des Verwaltungschefs erlahmt. Kleinlaut und friedlich überließ er der Narrenschar den Rathausschlüssel.

 Bürgermeister und Chefarzt Volker Weber hatte keine Chance: Die Narren übernahmen die Macht im Marpinger Rathaus.

Bürgermeister und Chefarzt Volker Weber hatte keine Chance: Die Narren übernahmen die Macht im Marpinger Rathaus.

Foto: Stefan Hell
 Der entmachtete Bürgermeister Franz Josef Barth (2. v. rechts) übergibt den Rathausschlüssel an Prinz Martin I. und Prinzessin Janina II.

Der entmachtete Bürgermeister Franz Josef Barth (2. v. rechts) übergibt den Rathausschlüssel an Prinz Martin I. und Prinzessin Janina II.

Foto: Erich Brücker
 Verstärkt durch einen chinesischen Drachen führten die Narren vom KKV Eisen Bürgermeister Andreas Veit zu Gericht.

Verstärkt durch einen chinesischen Drachen führten die Narren vom KKV Eisen Bürgermeister Andreas Veit zu Gericht.

Foto: Ralf Mohr

Unter den Augen von Nico Berang vom Verband Saarländischer Karnevalsvereine ließen es die Narren vom KKV Mir senn gut troff Eisen beim Rathaussturm in Nohfelden exotisch hergehen. Unter dem Motto „Frühlingsfest meets Fasend“ sind sie mit einem Drachen aus Fernost angereist. Da hatte Bürgermeister Andreas Veit keine Chance mehr und musste sich in das Gewahrsam der Chinesen aus Eisen begeben. Helmut Jenet vom KKV forderte die Narren auf, den Bürgermeister seiner Amtsgeschäfte zu entheben. „Pure Langeweile bestimmt sein Leben, aber jetzt bringen wir wieder seinen Puls zum Beben“, versprach er. „In diesen Tagen sind wir an der Macht. Und wehe es gibt Gegner, die werden kalt gemacht“, drohte er der Obrigkeit. „Mein lieber Herr und Bürgermeister, sie hans jo grad mitbekommen, wie wir mit Leichtigkeit das Rathaus eingenommen“; übernahm dann Kerstin Jenet-Molter vom KKV das Zepter. „Gerne lass ich Euch ins Rathaus ein. Bei Euch in guten Händen der Rathausschlüsse wird sein“, übergab Bürgermeister Veit die Schlüsselgewalt.

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