SZ-Serie In Nohfelden gemacht – weltweit im Einsatz

Nohfelden · Die Firma Wellgo hat vom nördlichen Saarland aus die Welt erobert – nicht nur im Hygienebereich.

 Andreas Heub-Schneider Gesellschafter der Nohfelder Wellgo-Gruppe, im hauseigenen Werkzeugbau, sozusagen die Keimzelle der Unternehmensgruppe. Valentina Linn ist im Bereich Projektmanagement eingestiegen.

Andreas Heub-Schneider Gesellschafter der Nohfelder Wellgo-Gruppe, im hauseigenen Werkzeugbau, sozusagen die Keimzelle der Unternehmensgruppe. Valentina Linn ist im Bereich Projektmanagement eingestiegen.

Foto: Thorsten Grim

Vom kleinen Werkzeugbau zum Global-Player – so könnte die Historie des Unternehmens Wellgo in Nohfelden überschrieben sein. Und die Unterzeile würde lauten: Zuhause auf allen sieben Weltmeeren. Denn ein in Nohfelden entwickeltes und produziertes Produkt findet sich unter anderem auf allen Schiffen der Aida-Flotte: Hygienspender mit Sensoren, die Wellgo seit Jahren für das Unternehmen Ille produziert.

Doch nicht nur auf Kreuzfahrtschiffen hängen diese sensorgesteuerten Ausgabegeräte made in Nohfelden. Sondern sie finden sich in zahlreichen öffentlichen und nichtöffentlichen Sanitäranlagen. In Deutschland und in aller Welt. „Die Spender für Seife oder Papier-Handtücher werden bis nach Neuseeland oder Südafrika exportiert“, erzählt Andreas Heub-Schneider, einer der beiden Geschäftsführer der Wellgo-Gruppe.

Sozusagen das Samenkorn der heute dreigliedrigen Gruppe ist die 1982 gegründete Wellgo Werkzeugbau und Spritzgussteile GmbH. Hier fing nicht nur alles an, der Werkzeug- und Formenbau ist noch immer ein wichtiges Glied der Unternehmensgruppe. Das sieht man an den Maschinen im Millionenwert, an denen Zerspaner und Werkzeugmechaniker arbeiten: 15 CNC-Fräsmaschinen, fünf Senkerodiermaschinen, drei Drehmaschinen, zwei Schleifmaschinen und zwei Tuschierpressen stehen in dieser Abteilung.

Die Werkzeuge, mit denen beispielsweise die Hygienespender produziert werden, entwickelt und baut Wellgo in eigener Regie. Selbst ist das Unternehmen. Dieses abgewandelte Sprichwort gilt auch für die anderen Geschäftsfelder, in denen die Nohfelder Partner zahlreicher namhafter Fimen sind. Im Saarland sind dies etwa das benachbarte Unternehmen Hörmann sowie die Hydac in St. Inbert. National beziehungsweise international zählen Porsche, Lamborghini, AMG, Bentley, Rolls Royce, Magna, Audi, Opel und BMW zu den Kunden – um nur einige zu nennen.

„Im Automotivsektor fertigen wir zum Beispiel Stoßfänger-Komponenten“, berichtet Heub-Schneider. Allerdings seien die produzierten Teile, die aus 20 bis 25 Einzelkomponenten bestehen, keine Massenware, sondern würden an edlen Karossen verbaut. „Wir bieten kleine Stückzahlen in hoher Qualität“, erläutert der Wellgo-Geschäftsführer. Stückzahlen, die für große Hersteller uninteressant wären.

Die für die Kleinserienfertigung benötigten hochkomplexen Spritzguss-Werkzeuge konstruieren Spezialisten des Unternehmens mit Hilfe moderner 3D-Software. Wobei die Konstrukteure zum Großteil aus dem hauseigenen Werkzeugbau stammen. „Das hat den Vorteil, dass die Konstrukteure genau wissen, um was es geht und auf was es bei der Konstruktion ankommt“, sagt der Geschäftsführer, der einst selbst bei dem Unternehmen ausgebildet wurde. „Ich war der erste Azubi“, berichtet der heutige Diplom-Ingenieur. Nicht ohne Stolz, dass man als Azubi im eigenen Haus aufsteigen kann bis zum geschäftsführenden Gesellschafter. So käme der aktuelle Leiter des Spritzgusses ebenso aus dem eigenen Nachwuchs wie der Leiter des Werkzeugbaus. „Bei uns kann man sich weiterentwickeln“, was nicht in jedem Unternehmen selbstverständlich sei. 16 junge Menschen bildet Wellgo aktuell über alle Bereiche hinweg aus.

Insgesamt 246 Mitarbeiter beschäftigen das Nohfelder Unternehmen in den drei Tochtergesellschaften Wellgo Werkzeugbau und Spritzgussteile, Wellgo Gerätetechnik und Wellgo Systems. Letztgenannte Firma wurde 2017 gegründet und ist das „jüngste Kind“ der Gruppe. Und mit das spannendste. Hier fertigt und vertreibt Wellgo motorisierte Assistenzsysteme auf dem Gebiet der Elektromobilität. Neben den am Markt üblichen Motoren und deren Ansteuerverfahren liegt der Schwerpunkt auf sensorlosen Verfahren, sowie der darauf abgestimmten Motor-
auslegung. Beispielhaft steht dafür ein Golf Caddy mit Elektroantrieb, der quasi von alleine weiß, wann er wie stark Kraft auf die Räder geben muss.

Das neuste Projekt ist eine intelligente Rolle, die an Förderbändern zum Einsatz kommt. Entwickelt wurde die intelligente Rolle in Kooperation mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft und der Saar-Uni. „Bei diesem Forschungsprojekt wurde einiges grundlagentechnisch erarbeitet“, berichtet Andreas Heub-Schneider. Damit nicht am Markt vorbei entwickelt und geforscht wird, habe man sich mit dem europäischen Marktführer in diesem Bereich kurzgeschlossen. „Wir konnten Amazon als assoziierten Partner gewinnen. In Zusammenarbeit fand ein reger Austausch statt“, erklärt der Wellgo-Geschäftsführer. In diesem Zusammenhang habe das Unternehmen erstmals einen eigenen technischen Vertrieb installiert. „Die ganze Zeit haben wir das nicht gebraucht. Aber wenn wir immer mehr eigene Produkte entwickeln, benötigen wir so etwas.“ Bislang hatten Partner den Vertrieb übernommen – wie die Firma Ille bei den Hygienespendern. Beziehungsweise war und ist ein Vertrieb bei der Zusammenarbeit mit Autoherstellern nicht notwendig. Bei den Förder-Rollen oder den Antrieben für die Golf-Caddys könnte das anders sein.

50 Lenze zählt Andreas Heub-Schneider. Die Aufgaben des Geschäftsführers teilt er sich mit Firmengründer Manfred Linn. Dessen Tochter Valentina Linn hat Wirtschaftsingenieurswesen studiert und unterstützt seit wenigen Monaten das Projektmanagement. „Für mich war schon immer klar, dass ich ins Unternehmen einsteigen werde“, erzählt die Wirtschaftsingenieurin. Darauf sei auch ihr Studium ausgelegt gewesen: Produktentwicklung, Prozessoptimierung, Industriegüter-Marketing, Produktionswirtschaft. Was Wellgo halt so braucht, „um als Unternehmen stetig weiter zu wachsen und die Geschäftsfelder auszuweiten“, erklärt Linn. „Unser Ziel ist es ja, letztendlich durch eigene Produkte ein Stück weit unabhängig zu bleiben. Unsere Philosophie ist es deshalb, möglichst breit aufgestellt zu sein“, sagt abschließend Heub-Schneider.

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