Pilger-Reise Für sich und zum Wohle anderer

St. Wendel · Patrick Hassdenteufel ist auf dem Jakobsweg bis Santiago de Compostela gepilgert und hat gleichzeitig fleißig Spendengeld gesammelt.

 Patrick Hassdenteufel (vorne rechts) überreicht Dirk Schmidt von der Hospital-Stiftung einen Scheck über 9000 Euro. Dahinter stehen Vertreter von vier der zwölf Unternehmen, die Hassdenteufel unterstützt haben.

Patrick Hassdenteufel (vorne rechts) überreicht Dirk Schmidt von der Hospital-Stiftung einen Scheck über 9000 Euro. Dahinter stehen Vertreter von vier der zwölf Unternehmen, die Hassdenteufel unterstützt haben.

Foto: Thorsten Grim

Mal rauskommen aus der alltäglichen Tretmühle und dem ganzen Stress der täglichen Terminhatz. Mal das Streben nach mehr und noch mehr hinter sich lassen. Abschalten. Ruhe spüren. In sich kehren. Danach sehnen sich viele. Und doch können die den Wunsch nach Entschleunigung nicht umsetzen. Auch Patrick Hassdenteufel aus St. Wendel war in in diesem Sinn ein Gefangener, der zwar ab und an sehnsuchtsvoll zwischen den Gitterstäben aus Wettbewerb, Profit und Wachstum hindurch in eine scheinbar unerreichbare Freiheit blickte. Auszubrechen, daran verschwendete er jedoch keine Gedanken.

Bis Ende des Jahres 2016. „Ich verspürte plötzlich das dringende Bedürfnis, den Jakobsweg zu gehen“, blickt der Vermögensberater zurück. Was genau dieses Verlangen auslöste, kann er gar nicht genau in Worte fassen. „Ich hatte mich vorher eigentlich nie mit dem Jakobsweg befasst.“ Wobei gemeinhin ja gesagt werde, „dass der Weg einen ruft“. Unterhalte man sich mit anderen Pilgern, verbinde nahezu alle, dass sie sich spontan dazu entschieden hätten, den Camino zu gehen. Auch ihm sei der Gedanke „Ich mache das jetzt“ urplötzlich in den Sinn gekommen. Gab es vielleicht religiöse Gründe? „Nein“, sagt Hassdenteufel, „Religion stand bei mir eigentlich immer eher im Hintergrund.“ Wobei er inzwischen denke, „dass es mehr gibt als das, was wir sehen“.

Diese Sichtweise hat er vom Camino mitgebracht. Auf den ging er, um seine innere Ruhe wieder und letztlich zu sich selbst zu finden. Ehe er sich dazu entschloss, „habe ich schlecht geschlafen, nachts mit den Zähnen geknirscht und geschnarcht“. Das sei seit seiner Rückkehr anders. Doch ehe er zurück konnte, musste er erst einmal hin. Wo starten? Wie lange ist die Strecke? Wie verläuft eigentlich die Route? Diese und viele Fragen mehr musste Hassdenteufel sich beantworten, ehe er den Jakobsweg unter die Sohlen seiner Wanderschuhe nehmen konnte.

„Nachdem ich mich intensiv über den Jakobsweg kundig gemacht hatte, reifte ein weiterer Gedanke in mir“, erzählt der Vermögensberater weiter. Die Idee war: „Ich will mit dieser Herausforderung auch noch etwas Gutes tun. Pro gelaufenem Kilometer spendet also meine Agentur einen Euro an eine soziale Einrichtung hier in St. Wendel.“ Rund 800 Kilometer misst die Wegstrecke vom Start im französischen Saint-Jean-Pied-de-Port bis zum Ziel Santiago de Compostela in Spanien, wo der Apostel Jakobus der Ältere begraben sein soll. 800 Euro wollte Hassdenteufel also selbst spenden – an die Stiftung Hospital. „Die machen so viel in so vielen Bereichen – von Jung bis Alt –, das wollte ich unterstützen.“ Und er wollte andere animieren, es ihm gleich zu tun. Deshalb schrieb er rund 150 Firmenkunden an, schilderte ihnen sein Vorhaben und lud sie ein, mitzumachen. Zwölf Unternehmen nahmen die Einladung an, mit ihm gemeinsam Gutes zu tun. „Ehrlich gesagt hatte ich mir mehr erhofft“, gesteht er.

Ehe sich Hassdenteufel an seinem Geburtstag am 23. März auf den Weg machte, rief er noch einen Internet-Blogg ins Leben. Dort schilderte er später seine täglichen Erfahrungen auf der Pilgerroute. „Die Resonanz auf den Blogg war überwältigend. Bis zu 3500 Follower haben auf das tägliche Update gewartet“, berichtet der Pilger.

Und dann ging es los – und zwar gleich mit Hindernissen. „Ich wollte unbedingt am 23. meine ersten Kilometer auf dem Camino laufen. Aber bei der Anreise habe ich schon in Paris festgesessen.“ Der streikenden französischen Staatsbahn sei Dank. Über Umwege schaffte er es dann aber doch noch, bis zum Abend seines Geburtstages in Saint-Jean-Pied-de-Port los zu pilgern. An dieser Stelle nun Hassdenteufels Pilger-Reise und seine Erlebnisse auf dem Camino selbst zu schildern, würde den Rahmen sprengen. 31 Tage war Hassdenteufel unterwegs, auf denen er so manches Abenteuer zu bestehen hatte – und die Verfolger seines täglichen Bloggs waren sozusagen in Echtzeit dabei. Alle anderen können demnächst in Papierform Hassdenteufels Pilgertour nachvollziehen. Denn basierend auf seinem Blogg will er ein Buch schreiben.

Doch zunächst stand nun die Übergabe seines erpilgerten Spendengeldes und dem der Unterstützer auf dem Programm: Letztlich waren es 9000 Euro, die Hassdenteufel Dirk Schmidt von der Hospital-Stiftung in Form eines symbolischen Schecks überreichte. Schmidt zeigte sich bewegt von dem unerwarteten Geldsegen: „Damit können wir jetzt zumindest teilweise Dinge realisieren, an denen wir schon länger brüten, für die aber bislang nie Geld da war.“

Am Rande der Übergabe räumt Hassdenteufel ein, bei der Rückkehr in die „normale“ Welt Anlaufschwierigkeiten gehabt zu haben. Doch inzwischen habe ihn der Alltag wieder. Allerdings auf einem anderen Level als vor der Pilgerreise, von der ihm wohl am meisten die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der einfachen Leute im Gedächtnis bleiben wird. „Ich habe als Fremder sehr viel Herzlichkeit auf dem Weg erfahren. Viele Menschen haben mir etwas gegeben und mich unterstützt, obwohl sie selbst nicht viel haben. In unserer Gesellschaft ist diese Hilfsbereitschaft ein bisschen verloren gegangen.“ Das will er für sich ändern – und hat es ein Stück weit bereits getan. Auch im Arbeitsleben hat er umgedacht. „Ich bin nicht mehr auf Teufel komm raus auf Erfolg gepolt, setze Erfolg nicht mehr an die erste Stelle. Da kommt jetzt die Familie, und die Zeit, die ich mit meinen Lieben verbringe.“ Denn was nütze ihm ein früher Grabstein, auf dem dann geschrieben stehe: War beruflich erfolgreich.

Apropos Familie: Nach dem Ende seiner Pilgerreise hat Hassdenteufel der Mutter seiner Tochter einen Heiratsantrag gemacht – nach elfeinhalb Jahren wilder Ehe. Im September sollen die Hochzeitsglocken läuten.

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