Goldener Engel Elvis und Bill Clinton im „Goldenen Engel“

Baumholder · Kulturzentrum samt Museum in Baumholder widmet sich unter anderem den deutsch-amerikanischen Beziehungen.

 Der Besuch des US-Präsidenten Bill Clinton 1995 in Baumholder ist ebenfalls in der Ausstellung dokumentiert.

Der Besuch des US-Präsidenten Bill Clinton 1995 in Baumholder ist ebenfalls in der Ausstellung dokumentiert.

Foto: Melanie Mai

Crash! Ein amerikanischer Jeep des Typs „Willys“ ist in der Mitte durchgeschnitten. Er wirkt, als würde er durch die Wand brechen. Dieses Herzstück des erst zum 1. November regulär betriebenen Regionalmuseums „Goldener Engel“ in Baumholder hat durchaus symbolischen Charakter. Er soll symbolisieren, mit welcher Wucht der Einzug der Amerikaner in der kleinen rheinland-pfälzischen Stadt das Leben der Bürger veränderte. Zumal der Jeep im Jahr 1952 gebaut wurde. „Fast genau zu dieser Zeit kamen die Amerikaner nach Baumholder“, sagt Museumsleiterin Ingrid Schwerdtner, die das olivgrüne Auto zu ihren persönlichen Lieblingsstücken im Museum zählt.

Konkret kamen die Amerikaner im Dezember 1951 in die Stadt. Von da an veränderte sich alles. Und diesen Einfluss der Amerikaner auf das Leben vor Ort soll das Museum veranschaulichen. Das obere Stockwerk widmet sich komplett dieser Geschichte, die untere Etage behandelt die Zeit von den Kelten und Römern bis zum Bau des 11 600 Hektar großen Truppenübungsplatzes und die damit verbundene Räumung von 14 Ortschaften und 14 Einzelgehöften. Unter anderem spielt dort ein alter Volksempfänger in Endlosschleife Zarah Leanders Hit „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn“. Und erinnert damit Bernd Alsfasser, den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Baumholder, an seine Kindheit. „Dieser Volksempfänger stand bei meinem Vater in der Werkstatt; Ingrid Schwerdtner hat ihn mir fürs Museum abgeluchst.“

Oben regiert also der „american way of life“. Jeans, Petticoat und Chucks hielten in Baumholder Einzug, früher als anderswo in Deutschland. Die Bürger tranken Coke und Whiskey, hörten Musik von Elvis oder Luis Armstrong – was jetzt auch über Kopfhörer im Museum möglich ist. Auf Tafeln ist nachzulesen, wie der Einzug der Amerikaner in Baumholder das Vergnügungsgewerbe aufblühen ließ: 1955 gab es 21 Gaststätten und Bars in der Stadt, 1958 mehr als 50. In politischen Gremien gab es damals bundesweit Diskussionen. Zweifler sorgten sich um die „moralische Integrität Deutschlands,“ was im Museum nachzulesen ist.

Sogar die Weltpolitik wirkte sich immer wieder konkret auf Baumholder aus. Auch diesem Thema ist eine Ecke gewidmet. Sie zeigt unter anderem den wohl berühmtesten Besucher, der je in Baumholder war: US-Präsident Bill Clinton verabschiedete im Dezember 2005 US-Soldaten in den Kosovo. Und hielt von Baumholder aus die „Rede an die Nation“. Einen weiteren enormen Einschnitt in das deutsch-amerikanische Zusammenleben bildete der 11. September 2001. Mit dem Anschlag auf das World Trade Center wurde der US-Standort geschlossen.

„Mir geht das Herz über“, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) während der Eröffnung. Das Museum sei auch perfekt geeignet, um Gäste der Landesregierung nach Baumholder zu bringen. Und auch die Ausstellung „100 Jahre Amerikaner in Deutschland“, die für November konzipiert werde, könne er sich gut im „Goldenen Engel“ vorstellen. Sowieso soll es wechselnde Ausstellungen in dem vier Millionen Euro teuren Museum geben, kündigt Schwerdtner an.

Neun Jahre dauerte es, bis das in der Stadt umstrittene Projekt verwirklicht wurde. Einem Architektenwettbewerb folgte die Erkenntnis, dass der Holzschwamm in der ehemaligen Gaststätte einen Abriss unumgänglich machte. Es kam zum Neubau. Und Architekt Marcus Hille lobt: „Das Museum ist ein Spiegelbild für eine offene und vielfältige Gesellschaft und das Symbol einer aktiven und weltoffenen Stadt.“

Serie Museen im Saarland: Die Saarbrücker Zeitung stellt wöchentlich ein Museum aus der Region vor. Folgende Beiträge sind erschienen: Teil 1: Interview mit Meinrad Maria Grewenig, Generaldirektor Weltkulturerbe Völklinger Hütte und Präsident Saarländischer Museumsverband (6. Juni), Teil 2: Saarland-Museum und Moderne Galerie (13. Juni), Teil 3: Ludwig-Galerie Saarlouis (20. Juni), Teil 4: St. Wendeler Museum im Mia-Münster-Haus (27. Juni), Teil 5: Uhrenmuseum Köllerbach (4. Juli), Teil 6: Historisches Museum Saarbrücken (11. Juli), Teil 7: Römermuseum Schwarzenacker (18. Juli), Teil 8: Saarland-Museum für Vor- und Frühgeschichte (25. Juli), Teil 9: Zeitungsmuseum Wadgassen (1. August), Teil 10: Altenkirch-Museum Rubenheim (8. August), Teil 11: Die Römische Villa Borg (15. August). Teil 12: Jean-Lurçat-Museum Eppelborn (22. August), Teil 13: Keramikmuseum Mettlach (29. August), Teil 14: Museum für Mode und Tracht Nohfelden (5. September), Teil 15: Theulegium Tholey (12. September), Teil 16: Glasmuseum Ludweiler (19. September), Teil 17: Städtisches Museum Saarlouis (26. September), Teil 18: Der Europäische Kulturpark Reinheim/Bliesbruck (2./3./4. Oktober). Teil 19: Erlebnisbergwerk Velsen (10./11. Oktober). Teil 20: Stadtmuseum Wadern (17. Oktober). Teil 21: Saarländisches Schulmuseum Ottweiler (24. Oktober). Teil 22: Schlossmuseum Saarbrücken (31. Oktober). Teil 23: Kulturzentrum Goldener Engel in Baumholder.

 Dieser Geländewagen der Modellreihe „Willys“ aus dem Jahr 1952 ist Herzstück der Ausstellung.

Dieser Geländewagen der Modellreihe „Willys“ aus dem Jahr 1952 ist Herzstück der Ausstellung.

Foto: Melanie Mai
 Der untere Teil des Museums beschäftigt sich mit dem Bau des Truppenübungsplatzes.

Der untere Teil des Museums beschäftigt sich mit dem Bau des Truppenübungsplatzes.

Foto: Melanie Mai
 Diesen Volksempfänger steuerte Bernd Alsfasser, der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Baumholder, bei.

Diesen Volksempfänger steuerte Bernd Alsfasser, der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Baumholder, bei.

Foto: Melanie Mai
 So sieht der Goldene Engel von außen aus, genau wie zu seinen Glanzzeiten als Restaurant in den 1960er-Jahren.

So sieht der Goldene Engel von außen aus, genau wie zu seinen Glanzzeiten als Restaurant in den 1960er-Jahren.

Foto: Melanie Mai
 Der „american way of life“ mit Jeans und Chucks, Cola und Whiskey, wird im Museum deutlich, wenn auch recht allgemein und nicht nur auf die Situation in Baumholder bezogen.

Der „american way of life“ mit Jeans und Chucks, Cola und Whiskey, wird im Museum deutlich, wenn auch recht allgemein und nicht nur auf die Situation in Baumholder bezogen.

Foto: Melanie Mai
 Übte Elvis einst auf dem Truppenübungsplatz Baumholder? Zumindest gibt es Vermutungen.

Übte Elvis einst auf dem Truppenübungsplatz Baumholder? Zumindest gibt es Vermutungen.

Foto: Melanie Mai
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