Kevin trifft die Stimme des Betze

Oberkirchen · Jahrelang bildete Kevin Schwenk mit Helmut Gelzleichter zusammen das Platzsprecher-Duo im Oberkircher Stadion. Als Gelzleichter starb, endete auch für den jungen Mann sein Einsatz an den Spieltagen. Als Überraschung hat die Saarbrücker Zeitung einen Besuch beim Stadionsprecher seines Lieblingsvereins FCK initiiert.

 Stadionsprecher Horst Schömbs begrüßt seinen Co-Moderator Holger Schröder (rechts) und Kevin. Fotos: Evelyn Schneider

Stadionsprecher Horst Schömbs begrüßt seinen Co-Moderator Holger Schröder (rechts) und Kevin. Fotos: Evelyn Schneider

Es herrscht Fritz-Walter-Wetter, als Kevin Schwenk am Montagabend das Stadion betritt. Der grüne Rasen ist noch unberührt, die Ränge sind leer. Ein Blick ins Rund. Rot-weiße Stuhlreihen bilden den Schriftzug FCK. Als Schutz vor dem Regen nimmt der 31-Jährige auf der Moderatorenbank Platz.

Wie das wohl sein mag, vor knapp 55 000 Zuschauern zu moderieren? So viele Besucher passen nicht ins Rund des Oberkircher Weiselbergstadions. Dort hat Kevin Schwenk, der nach Frühgeburt mit einem geistigen Handicap leben muss, 15 Jahre lang an der Seite von Helmut "Heli" Gelzleichter die Mannschaftsaufstellungen durchgesagt. Nach dem plötzlichen Tod von Gelzleichter im Oktober 2014 hat der 31-Jährige seinen Job als Co-Platzsprecher verloren (wir berichteten). Der Kaiserslautern-Fan vermisst seine Aufgabe am Spieltag. Aus diesem Grund hat die St. Wendeler Redaktion bei den Roten Teufeln nachgefragt, ob der Oberkircher einmal die Stadionsprecher auf dem Betze begleiten kann. Vom Verein gab es prompt ein Okay: Beim Spiel des pfälzischen Zweitligisten gegen Rasen-Ballsport Leipzig (RB Leipzig) darf der 31-Jährige einen Blick hinter die Kulissen werfen, zusammen mit Mutter Sibylle Schwenk.

Zeit für den Mikro-Test

"Wann geht's los?", fragt der Fußball-Fan ungeduldig, und dann ist es soweit: Er lernt Stadionsprecher Horst Schömbs kennen. Seit mehr als 20 Jahren ist er die Stimme auf dem Betzenberg. "Ich wünsche Dir einen tollen Tag hier. Genieße es", sagt Schömbs und eilt zurück in die Katakomben. Sein Moderationspartner Holger Schröder nimmt derweil neben dem Gast aus Oberkirchen Platz. In der Hand hält er eine Liste mit Zeitangaben. "Es gibt einen genauen Ablaufplan", erklärt er. Minutiös sind alle Durchsagen vorgegeben. Seit sechs Jahren ist Schröder als RPR1-Stadionmoderator an den Spieltagen live im Betze dabei. "Hier moderieren zu können, ist etwas Außergewöhnliches - weit mehr als ein Job." Im Gegensatz zur Sendung im Studio des Radiosenders gebe es im Stadion schon mal emotionale Situationen.

Der Moderationsprofi wirft einen Blick auf den Ablaufplan. Nächster Punkt: Mikro-Test. "Den hast Du in Oberkirchen auch immer gemacht", erinnert Sibylle Schwenk. Und zwar mit dem Klassiker: "1 ... 1... Test". Bei Schröders Test geht es humorvoller zu. Er plaudert mit einem gewissen Udo, der derweil den Sound checkt. Auch Kevin Schwenk darf probeweise zum Mikro greifen.

Kurz darauf wird es ernst: Die erste Moderation des Abends steht an. Die Ränge haben sich inzwischen gefüllt. Vor allem die Fans in der Westkurve sind schon stark vertreten - wie eine Wand, vor der auf dem Rasen ein weißer Pavillon aufgebaut ist. Holger Schröder hakt Kevin Schwenk ein und führt ihn zum Moderationspult unter dem weißen Stoff. Dort wartet bereits Horst Schömbs auf das Gespann. Und nicht nur der, denn auch Kameraleute und Tontechniker sind versammelt. Von Nervosität ist bei dem Oberkircher nichts zu spüren. Als wären täglich Objektive auf ihn gerichtet. Schömbs begrüßt die Fans der Roten Teufel - unter dem Applaus von Kevin Schwenk. Dessen strahlendes Gesicht wird auf die Videoleinwände im Stadion übertragen. RPR1-Moderator Schröder stellt den Gast vor und fragt nach dessen Tipp für den Ausgang des Spiels: "4:0", sagt der Oberkircher Edelfan selbstbewusst. Diese Vorgabe kommt auf den Rängen gut an.

Fan der ganzen Mannschaft

Nächste Station für den 31-Jährigen: Er nimmt neben Holger Schröder auf der Trainer-Bank des FCK Platz. "Gleich kommt die Mannschaft", kündigt der Moderator an. "Dann wird es laut", weiß Kevin Schwenk. Auf die Frage, ob er einen Lieblingsspieler hat, sagt der 31-Jährige ganz selbstverständlich: "Der FCK".

Es wird Zeit, Abschied zu nehmen von Holger Schröder. Der umarmt den Gast aus Oberkirchen : "Schön, dass ich Dich kennen lernen durfte." Während es für den Moderator weiter zum nächsten Programmpunkt geht, schlendert Kevin Schwenk mit seiner Mutter vor der Westkurve vorbei in Richtung Südtribüne. Dort wartet bereits Vater Frank Schwenk auf seine Familie.

 Test 1,2: RPR1-Moderator Holger Schröder (von links) checkt mit Kevin Schwenk Mikrofon und Ton.

Test 1,2: RPR1-Moderator Holger Schröder (von links) checkt mit Kevin Schwenk Mikrofon und Ton.

 Kevin auf der Trainerbank des FC Kaiserslautern.

Kevin auf der Trainerbank des FC Kaiserslautern.

Durch die Lautsprecher ertönen die Mannschaftsaufstellungen. Auch diese Zeile im Ablaufplan kann Schömbs abhaken. Es folgt das Betze-Lied. Kevin Schwenk singt und klatscht begeistert mit. 27 332 Zuschauer tun es ihm gleich. Die Stimmung ist gut, das Spiel nicht. Trotzdem glaubt der Oberkircher Fan noch lange an den Sieg. Als das Tor für RB Leipzig fällt, gesteht er leise: "Ich wäre schon enttäuscht, wenn sie verlieren." Doch die Roten Teufel reißen sich letztendlich zusammen und schaffen noch den Ausgleich zum 1:1. Kein Sieg, aber nach der drohenden Niederlage doch ein versöhnlicher Ausgang. Kevin Schwenk hat seine Stippvisite beim Stadion-Duo jedenfalls genossen: "Es war sehr schön."

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