Freisens Bürgermeister: Flüchtlinge verlassen uns

Freisen · Flüchtlinge unterbringen, Hilfe leisten, Integration fördern: Für die Gemeinden im Landkreis St. Wendel gilt es, einiges zu schultern. Wir fragen nach, wie die Verwaltungen mit den Mehrbelastungen klar kommen und wo es hakt. Dieses Mal im Gespräch mit Freisens Bürgermeister Karl-Josef Scheer.

Von sozialem Wohnungsbau für Flüchtlinge hält Freisens Bürgermeister Karl-Josef Scheer (SPD ) nichts. Jedenfalls nicht auf dem Land. "Die Familien , die hier sind, werden nicht bleiben." Sobald sie anerkannt seien, würden sie in Ballungsgebiete ziehen, vermutet er. Würde die Gemeinde jetzt, da Wohnraum knapp ist, bauen, könnte das später zum Problem werden. Scheer: "Die Flüchtlingswelle ebbt ab, und wir haben die leeren Gebäude hier stehen." Er befürchtet, dass in absehbarer Zeit die Flüchtlinge unter sich bleiben - Integration nicht immer möglich sei. "Das haben wir doch bei den Gastarbeitern gesehen; ich sehe darin eine große Gefahr." Eine Grafik, die die Wander-Welle darstellt, hält Scheer für interessant: "Dann könnte man das Geld gezielt dort einsetzen." Scheer will diese Aussagen nicht falsch verstanden wissen. "Ich bin froh, für jeden, der hier bleibt und sich integriert." Er glaubt nur nicht daran.

Noch sei Wohnungsmangel ohnehin kein Thema in Freisen . Derzeit leben 102 Flüchtlinge , fast ausnahmslos Syrer, in der Gemeinde, mit 30 weiteren Flüchtlingen rechnet Scheer dieses Jahr noch. Für sie sei die Unterbringung gesichert. Dann werde es eng. Zumindest, was dezentrales Wohnen angeht. Zwar würden nach wie vor Wohnungen angeboten, aber unter den meisten ehrlichen seien einige Anbieter, "die mit der Not der Menschen Geld machen wollen". Dies mache die Gemeinde nicht mit: "Wir werden garantiert keine acht Euro pro Quadratmeter zahlen." Das sei denen gegenüber unfair, mit denen die Gemeinde Mietverträge zu deutlich günstigeren Konditionen abgeschlossen habe. Wie es 2016 weitergeht? Scheer weiß es nicht. "Jede Schätzung wäre unrealistisch." Fest stehe: Wohnraum wird knapp; gebaut wird nicht. Dann müssten Container her.

Scheer spricht von einer Notsituation, die "nur mit viel Arbeit und mit Hilfe Ehrenamtlicher zu bewältigen ist". Ohne sie sei die Arbeit nicht zu leisten. In diesem Zusammenhang spricht er den Arbeitskreis an. Lotsen kümmern sich um Flüchtlinge , unterstützen sie bei Einkäufen, Behörgendgängen, Arztterminen und Schulanmeldungen. Apropos Schule: Neun Flüchtlingskinder besuchen die Grund- in Oberkirchen, sieben die Gemeinschaftsschule in Freisen . Außerdem kommen neun Kinder in den Kindergarten.

Auch in der Verwaltung drehe sich derzeit fast alles um Flüchtlinge , andere Arbeit müsse mal liegen bleiben. Dazu Scheer: "Der Verwaltungsaufwand ist fast nicht zu bewältigen, trotz der Einstellung einer zusätzlichen Arbeitskraft." Sascha Wolter von der Ortspolizei-Behörde sei hauptsächlich dafür zuständig. Wohnungen besichtigen und mieten sowie zwischen Landkreis und Kommune vermitteln seien vorrangige Aufgaben. Er wird von Till Hanauer unterstützt, der sein Freiwilligen-Jahr absolviert. Der bezeichnet Scheer als den "Oberlotsen". Er halte Kontakt zu Familien , helfe bei Problemen, ist bei Zuweisung anwesend. "Er geht in die Familien ", nennt Scheer eine große Stärke. Daher könne Hanauer erkennen, welche Neigungen und Fähigkeiten Flüchtlinge haben. Und Schulbildung. "Dann klappt die Integration in den Arbeitsmarkt und in die Vereine besser", sagt Scheer. Hanauar schwärmt von der Gastfreundschaft: "Wenn ich komme, laden sie mich direkt in die Wohnung ein, sofort bekomme ich was zu trinken, fünf Minuten später was zu essen." Eine weitere Aufgabe: Er soll den Flüchtlingen deutsche Kultur vermitteln. Der Bürgermeister ist sich bewusst: "Es wird ein langwieriger Prozess, zwei Kulturen in Einklang zu bringen, so dass es beide Seiten akzeptieren können."

Viel Arbeit für Bauhof

Wolter und Hanauer sind nicht die einzigen Mitarbeiter, die in die Flüchtlingsarbeit involviert sind, sagt Scheer: "Es gibt keinen in der Verwaltung, der nichts damit zu tun hat." Insbesondere Bauhofmitarbeiter lobt er, die zuständig sind, Wohungen herzurichten. Das Spendenlager sei prall gefüllt. Zum Glück habe es einen trockenen Sommer gegeben; Mähen habe nicht viel Arbeit bereitet. Jetzt hofft er auf einen trockenen Winter. Schnee könne niemand brauchen. > : weiterer Bericht

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