Da hilft kein pastoraler Zauberstab

Freisen · Zum Dorffrieden beitragen – das wollte Weihbischof Robert Brahm mit seiner Teilnahme am zweiten Freisener Ortsgespräch. Allerdings war von Frieden wenig zu spüren bei der etwa zweistündigen Diskussion am Montagabend im Feuerwehrhaus. Im Gegenteil: Zum Schluss forderten einige Bürger lautstark die Versetzung von Pastor Hanno Schmitt.

 Markus Nicolay (rechts) und Weihbischof Robert Brahm (links) beim Dorfgespräch. Foto: B & K

Markus Nicolay (rechts) und Weihbischof Robert Brahm (links) beim Dorfgespräch. Foto: B & K

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"Jeder stelle sich selbst einmal vor: Das, was ich die ganze Zeit gedacht habe, könnte auch falsch sein." Diesen Vorschlag machte Burkhard Becker gegen Ende des zweistündigen Freisener Dorfgespräches, zu dem Ortsvorsteher Gerd Bonenberger ins Feuerwehrhaus geladen hatte. Um Lösungsvorschläge bat zuvor der Priesterreferent im Bistum Trier , Markus Nicolay, explizit. Denn die etwa 130 Besucher im proppenvollen Saal demonstrierten an diesem Abend in einer heftigen und offenen Diskussion, warum der Kirchenstreit die Gemeinde Freisen in zwei Lager teilt - die einen stehen hinter dem aktuellen Pfarrer Hanno Schmitt, die anderen hinter dem früheren Pastor in Freisen . Konkrete Ideen zur Lösung des Problems gab es kaum. Vielmehr kritisierten die Bürger das Bistum; sie fühlten sich allein gelassen. Das schien auch Nicolay zu nerven: "Ich habe noch keinen Ansatz gehört, wie es wieder zu einem lebendigen Miteinander kommen kann." Beckers Idee könnte so ein Ansatz sein. Zumindest signalisierten die Männer und Frauen im Saal breite Zustimmung. Und Becker selbst sagt: "Der nächste Schritt wäre dann: Ich halte mich zurück." Er appellierte an die Bürger , nicht Vorurteilen oder Emotionen zu folgen.

Auch Nicolay präsentierte einen Lösungsvorschlag. "Wir müssen unbedingt die verschiedenen Konflikte auseinander halten." Damit meint er die Differenzen zwischen den beiden Geistlichen und verbunden damit die der Gläubigen auf der einen Seite und die Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Freisener Pfarrer auf der anderen Seite. Denn sobald das Thema Missbrauch auftauche, so lehre es die Erfahrung, sei eine sachliche Diskussion nicht mehr möglich. Schließlich sei von diesem Thema niemand unbelastet oder unberührt, die Atmosphäre werde "giftig".

Nicolay stellte in diesem Zusammenhang noch einmal klar, dass der ehemalige Freisener Pfarrer nicht wegen des Missbrauchs-Verdachts beurlaubt worden sei. Sondern wegen Ungehorsams. Mehrfach habe er sich nicht an Anordnungen gehalten. Außerdem sei er uneinsichtig gewesen, was den Umgang mit Kindern und Jugendlichen betreffe. Die Präventionsordnung des Bistums lasse einfach keine Urlaubsfahrten mit einzelnen Jugendlichen zu. Selbst, wenn er mit "lauteren Absichten" gehandelt habe.

Machtwort machtlos

Nicolay weiter: Beide Parteien sollten sich zusammenraufen und versuchen, den Streit intern zu klären: "Wo der Wurm drin ist, ist der Wurm drin; da hilft auch kein Machtwort vom Bischof." Denn auch das Oberhaupt des Bistums Trier könne nicht einfach einen "pastoralen Zauberstab" auspacken. Auch für eine geforderte Gemeindeberatung sei es noch zu früh. "Diese würde hier die Waffen strecken; Sie müssen hier vor Ort nach vorne schauen." Auch Brahm forderte den alten und neuen Pfarrgemeinderat auf, das Gespräch zu suchen. Dies könne nicht von oben herab diktiert werden; das müssten die Menschen in der Gemeinde Freisen schon selbst leisten. Pfarrer Schmitt sei dazu bereit - "geben Sie ihm eine Chance".

Diese Aussage sorgte für ein Raunen im Saal. Nach vorne schauen - das geht nach Ansicht einiger Dorfgespräch-Besucher nur ohne Hanno Schmitt. Dieser war übrigens auch anwesend, ließ die persönlichen Angriffe wortlos über sich ergehen. "Es kann in Freisen nur einen Neuanfang geben ohne Dr. Hanno Schmitt", sagte beispielsweise Peter Ferdinand. Weihbischof Robert Brahm war nach dem Dorfgespräch überrascht über diese drastischen Worte: "Ich hätte nicht damit gerechnet, dass so deutlich gesagt würde, dass Hanno Schmitt weg muss." Dieser Forderung erteilte er jedoch eine Absage. Ganz deutlich während des Dorfgesprächs.

Aber auch im Anschluss im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung: "Man kann nicht immer auf des Volkes Stimme hören. Und man kann doch nicht einfach einen Menschen entsorgen." "Vertrauen Sie auf das kirchliche Verfahren; ein anderes wird es nicht geben." Mit diesen Worten warb Priesterreferent Markus Nicolay für die Aufklärungsarbeit des Bistums Trier. Konkret geht es um die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger gegen den ehemaligen Freisener Pfarrer (wir berichteten). Der Fall, der dabei verhandelt wird, ist 2006 bekannt geworden; für die Staatsanwaltschaft sei die Sache verjährt, sie ermittele nicht weiter. Beim Bistum gelten andere Verjährungsfristen, das kirchenrechtliche Verfahren laufe weiter. Wann es zu einem Ergebnis kommen wird, das kann Nicolay noch nicht abschätzen. Schließlich habe das Bistum nicht die Möglichkeiten wie die Staatsanwaltschaft - es könne weder Zeugen vorladen noch Akten beschlagnahmen oder Hausdurchsuchungen anordnen. Derzeit würden die Vorwürfe geprüft - "ein mühsamer und kleinteiliger Prozess". Solange das Verfahren laufe, gelte weiterhin die Unschuldsvermutung. Darauf wies Nicolay ausdrücklich hin.

Das Ermittlungsverfahren in diesem Fall sei tatsächlich eingestellt, sagt Christian Rebmann, Sprecher der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, auf Nachfrage der Saarbrücker Zeitung. Es gebe allerdings zwei aktuelle Verfahren, die ebenfalls den ehemaligen Freisener Pfarrer betreffen. Eines wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern - dieses Verfahren basiere, so Rebmann, auf den Erkenntnissen des Bistums. Das zweite Verfahren stehe zwar im Zusammenhang zu den bisherigen Vorwürfen, aber nur indirekt. Es geht dabei um den Verdacht der versuchten Nötigung.

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