Tierheimfinanzierung Freisen knurrt als einzige Kommune

St. Wendel · Bürgermeister Scheer hat den Vertrag zur Finanzierung der Tierheime in Niederlinxweiler und Homburg nicht unterzeichnet.

 Für viele Tiere – nicht nur für Hunde – ist das Tierheim Linxbachhof in Niederlinxweiler die letzte Rettung.

Für viele Tiere – nicht nur für Hunde – ist das Tierheim Linxbachhof in Niederlinxweiler die letzte Rettung.

Foto: Bonenberger & Klos/B&K

Zahlreiche Verhandlungen wurden geführt, Sitzungen abgehalten und Wünsche geäußert. Am Ende stand nach zähem Ringen ein sogenannter Konsortialvertrag. Ein Gemeinschaftsvertrag also, in dem sich die Unterzeichner – neben Tierschutzverbänden die Landkreise Neunkirchen, St. Wendel und der Saarpfalz-Kreis sowie ihre insgesamt 22 Kommunen – verpflichten, die Tierheime in Homburg und Niederlinxweiler finanziell zu unterstützen. Alle 22 Kommunen? Nein! Einer hat nicht aufgehört, Widerstand zu leisten. Oder besser gesagt, eine Kommune. Freisen. Dessen Bürgermeister Karl-Josef Scheer (SPD) hat den Konsortialvertrag Anfang Mai nicht unterschrieben. Was sein gutes Recht ist, aber dennoch bei dem einen oder anderen auf Unverständnis stößt. Etwa bei Dirk Walter, Chef des Tierschutzvereins Neunkirchen. Der betreibt das Tierheim Linxbachhof in Niederlinxweiler. Außerdem sitzt Walter für die CDU im St. Wendeler Kreistag und war am Zustandekommen der Übereinkunft beteiligt.

Walter berichtet von einem „unangenehmen Telefonat“ mit dem Chef der Freisener Verwaltung. Zu dem sei es gekommen, nachdem Walter seinem Ärger über Scheers Nichtunterzeichnung des Gemeinschaftsvertrags in sozialen Medien Luft gemacht hatte. „In dem Telefonat hat Scheer behauptet, dass er von Anfang an immer gesagt hätte, dass er nicht mitmacht. Ich habe davon nichts mitbekommen. Und auch keiner an den Verhandlungen Beteiligten, mit denen ich gesprochen habe“, sagt Walter. Was ihn ärgert: „Er musste ja nicht mitmachen. Aber das hätte er doch von Anfang an sagen können.“ Dass der Freisener Bürgermeister das nicht getan habe, zeige auch die Tatsache, dass sein Name auf allen Verträgen stehe. Die Vertragsunterzeichnung von den acht Bürgermeistern im Landkreis – beziehungsweise letztlich nur sieben — sei so gelaufen, dass ein Mitarbeiter des Landkreises Neunkirchen, dessen Landrat Sören Meng (SPD) federführend mit den interkommunalen Verhandlungen betraut war, mit dem Vertrag nach Hofeld-Mauschbach gekommen sei. Die Bürgermeister hätten dort ihren Kaiser-Wilhelm unter das Dokument gesetzt. Auch Scheer sei bei der Zeremonie dabei gewesen. „Erst später im Landratsamt Neunkirchen ist dann jemandem aufgefallen, dass Scheers Unterschrift fehlte“, schildert Walter seine Sicht der Dinge.

Dass die fehlende Unterschrift erst im Nachhinein aufgefallen sei, dazu äußert sich Scheers Parteikollege Sören Meng auf SZ-Nachfrage nicht. Auch bleibt unbeantwortet, ob ihm von Anfang an bekannt gewesen sei, dass Freisen nicht mitmachen wolle. „Über die internen Abläufe in den jeweiligen Landkreisen kann ich nichts sagen“, heißt es dazu nur. Nach Information der Saarbrücker Zeitung war jedenfalls in keiner Sitzung zur Vertragsaushandlung die Rede davon, dass Freisen ausschert – und das sei auch in keinem Sitzungsprotokoll erwähnt worden. Erst im Nachhinein sei das ins Protokoll der letzten Sitzung zu diesem Thema im Landratsamt St. Wendel hineingeschrieben worden. Aus dem St. Wendeler Landratsamt war dazu jedoch keine offizielle Stellungnahme zu bekommen.

Freisens Bürgermeister Scheer widerspricht alldem. „Es war ganz klar, dass Freisen diese Kooperation nicht mitmacht, weil Freisen genau den gleichen Vertrag schon mit dem Tierheim in Jettenbach geschlossen hat. Und zwar aus dem Jahr 2011.“ Er selbst habe bei den Verhandlungen auch immer wieder über Freisens Vertrag mit Jettenbach beziehungsweise dem zuständigen rheinland-pfälzischen Landkreis Kusel referiert, „und gesagt, auf welche Dinge man unbedingt achten muss, wenn man den neuen Vertrag mit dem Tierheim Linxbachhof macht“. Deswegen könne weder Landrat noch ein Bürgermeister sagen, dass keiner davon wusste, dass Freisen mit dem Tierheim in Jettenbach bereits einen solchen Konsortialvertrag habe. „50 Cent pro Bürger“, sagt Scheer, überweise Freisen jährlich nach Kusel. Auch das habe er gesagt. Daher sei auch klar gewesen, „dass eine Kommune keine zwei Tierheime füttert“. Auf die Frage, ob die anderen Verhandlungspartner möglicherweise davon ausgegangen sind, dass Freisen den Vertrag mit Jettenbach kündigt, antwortet Scheer: „Wenn ich einen Vertrag gemacht habe (...), dann wäre es unter Geschäftspartnern ziemlich fies, dass man zuerst sagt, wir machen mit. Und nachher schert man aus, nur weil es irgendwo vorerst 20 Cent pro Bürger billiger ist. So etwas macht man weder unter Bürgermeister-Kollegen noch unter Geschäftspartnern.“ Scheer weist ausdrücklich darauf hin, dass jeder der anwesenden Bürgermeister bei der Vertragsunterzeichnung in Hofeld-Mauschbach mitbekommen habe, dass er nicht unterschrieben hat.

 Die Landräte Udo Recktenwald, Sören Meng und Theophil Gallo (vorne von links) unterzeichnen  den Konsortialvertrag.

Die Landräte Udo Recktenwald, Sören Meng und Theophil Gallo (vorne von links) unterzeichnen den Konsortialvertrag.

Foto: Jasmin Alt/LKNK

Und auf noch etwas weist Scheer hin: Es habe geheißen, dass der interkommunale Vertrag nur für das laufende Jahr gelten solle, da es aus Niederlinxweiler keine belastbaren Zahlen zu Unterhaltskosten und Fällen gäbe. Wenn diese vorlägen, wolle man neu verhandeln. Daher sei es zwingend gewesen, den Vertrag unmittelbar nach Unterzeichnung wieder zu kündigen, denn sonst verlängere sich die Laufzeit. Das ist nicht passiert und wird auch nicht passieren. „Von einer Kündigung des Vertrages ist derzeit nicht auszugehen“, teilt dazu Neunkirchens Landrat Meng mit, „da sich bereits jetzt eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der jeweiligen Landkreise und der beiden Tierheime mit einer möglichen künftigen Vertragsgestaltung beschäftigt. Diesbezüglich fand auch vergangenen Monat eine erste Besprechung mit Umweltminister Reinhold Jost statt.“ Worum es in diesen Verhandlungen mit dem SPD-Minister genau ging, sagt Meng jedoch nicht. Möglicherweise um die Kopfpauschale. 30 Cent zahlt derzeit jede Kommune pro Einwohner. Hinzu kommen 10 000 Euro pro Landkreis. Hätten alle mitgemacht, wären jährlich rund 140 000 Euro für die Finanzierung der Tierheime in Homburg und Niederlinxweiler zusammengekommen. Nun fehlen etwa 2400 Euro aus Freisen, das aus Vertragstreue lieber rund 3500 nach Kusel überweist, sich über die Kreisumlage aber mit knapp 1000 Euro an der Summe beteiligt, die der Landkreis St. Wendel freiwillig – für Fundtiere sind laut Gesetz die Kommunen zuständig – für die Tierheimfinanzierung berappt. „Was mir nicht unbedingt recht ist. Aber wir werden deswegen jetzt nicht auf die Barrikaden gehen“, sagt Scheer. Doch trotz der Beteiligung der Freisener über die Kreisumlage „werden wir Menschen, die mit Fundtieren aus dieser Kommune zu uns kommen, abweisen müssen“, sagt Walter. Nicht abweisen würde der Chef des Niederlinxweiler Heims zusätzliches Geld aus dem Innenministerium. Denn wie die SZ Anfang Mai berichtete, denkt man dort darüber nach, ebenfalls einen Obolus für die Tierheimfinanzierung über eine sogenannte Bedarfszuweisung beizusteuern.  Aber im zuständigen Förderreferat des Ministeriums „liegt noch kein Antrag auf Gewährung einer Bedarfszuweisung zur Liquiditätssicherung der Tierheime in Niederlinxweiler und Homburg vor“, teilt dazu Ministeriumssprecherin Katrin Thomas mit. Den zu stellen obliege dem Kreis Neunkirchen.

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