Saar-Studie Jeder dritte Drogensüchtige ist über 50

Saarbrücken · Die Zahl älterer Drogenabhängigen wird mutmaßlich größer: Für sie braucht es spezielle Behandlungs- und Beratungsangebote.

 (Symbolbild).

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Foto: dpa/Felix Zahn

Zur besseren Versorgung der Drogenabhängigen im Saarland, darunter immer mehr Frauen und Ältere, regt eine neue Studie des Münchner Institutes für Therapieforschung ein Beratungs- und Behandlungszentrum aller bisherigen Träger „unter einem Dach“ an. Ob und gegebenenfalls wo es an der Saar zu einem solchen neuen oder ausgebauten Drogenhilfe-Zentrum kommt, das von der Erst-und Sozialbetreuung bis zur ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung Drogensüchtiger alles übernimmt, ist allerdings noch völlig offen. Der Landesdrogenbeauftragte, Gesundheits-Staatssekretär Stephan Kolling (CDU), sagte am Mittwoch nach einem Werkstattgespräch mit Experten im Haus der Ärztekammer in Saarbrücken: Bis zum Jahr 2020 werde ein Zehn-Punkte-Programm zur Weiterentwicklung der Suchthilfe erarbeitet.

„Wir sprechen nicht von ­Opioid- und Cannabis-Patienten, sondern es sind Menschen mit Problemen, von denen wird reden“, betonten Dr. Tim Pfeiffer-Gerschel und Esther Dammer vom Institut für Therapieforschung bei Vorstellung ihrer neuen, vom Saarland in Auftrag gegebenen Studie. Demnach haben Drogenabhängige oft schon Eltern mit Suchtproblemen. Für diese Betroffenen, aber vor allem auch für Drogen konsumierende Frauen, neu Zugewanderte ohne gesellschaftliche Anbindung und auch immer mehr ältere Drogenkonsumierende müssten mehr Hilfs- und Prophylaxe-Angebote geschaffen werden.

 Staatssekretär Stephan Kolling ist auch Landesdrogenbeauftragter.

Staatssekretär Stephan Kolling ist auch Landesdrogenbeauftragter.

Foto: Iris Maurer

Die Wissenschaftlerin Dr. Marienne Lück-Filsinger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW Saar) stellte die Ergebnisse einer aktuellen Studie mit Befragungen von über 70 Drogenabhängigen an den vier Saarbrücker Treffpunkten Johanneskirche, Wärmestube, Bahnhofsvorplatz und Pavillon Martin-Luther-Straße vor: „Das Durchschnittsalter der Drogenkonsumenten liegt bei 43 Jahren, ein Drittel sind über 50 Jahre alt, was zeigt, dass für alternde Drogenabhängige etwas vorgehalten werden muss.“ Die Hauptursachen für das Abdriften in Abhängigkeiten: keine Arbeit (nur 7 Prozent der Drogensüchtigen haben einen Job), keine richtige Wohnung und zu wenig gesellschaftliche Teilhabe.

94 Prozent der Befragten kennen das bisherige Drogenhilfezentrum (DHZ) in der Saarbrücker Brauerstraße, doch nur knapp jeder Dritte von ihnen nutzt es. „Das Zentrum ist für diejenigen, die spritzen müssen“, heiße es in der Szene, berichtete Lück-Fickinger. Bedauert werde auch, dass es kein Essensangebot mehr im Drogenhilfezentrum gebe. Ihr Fazit: „Ohne Aussicht auf bessere Lebenslagen, sehen Abhängige kaum Aussicht auf ein drogenfreies Leben.“

Nach Angaben des Landesdrogenbeauftragten Kolling gibt es keine exakte oder auch nur geschätzte Zahl der Drogenabhängigen im Saarland insgesamt. Auf jeden Fall steige die Zahl der Amphetamin- und Mehrfach-Konsumenten und die Drogenqualität nehme ab. Die Folgen davon: 29 Drogentote im Saarland allein im vergangenen Jahr.

Laut Staatssekretär Kolling bestehen bislang 19 Suchthilfezentren in den saarländischen Landkreisen, und 19 Substitutionsärzte sowie Gesundheitsämter und andere Drogenhilfeeinrichtungen kümmern sich um Abhängige. „Wir brauchen Vielfalt“, betont Kolling mit Blick auf sein angekündigtes Zehn-Punkte-Programm, das nun gemeinsam mit Trägern und Gesellschaftern der Drogenhilfe erarbeitet werden soll: „Es wird keinen Abbau von Leistungen geben, sondern ein Mehr.“ Schon im Landeshaushalt 2019/20 sei dafür mehr Geld mit 1,5 Millionen Euro eingestellt worden.

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