Streit ums gerechte Bußgeld

Saarbrücken. Einmal zu schnell gefahren, schon sind 100 Euro Bußgeld fällig. Doch während der Einkommensmillionär den Betrag aus der Portokasse zahlt, trifft es den Geringverdiener umso schmerzlicher. Wenn es nach der Landtagsfraktion der Linken ginge, sollte dieser sozialen Ungerechtigkeit Einhalt geboten werden

 Wer zu schnell fährt und geblitzt wird, wird in der Regel nach dem Bußgeldkatalog bestraft. Foto: dpa

Wer zu schnell fährt und geblitzt wird, wird in der Regel nach dem Bußgeldkatalog bestraft. Foto: dpa

Saarbrücken. Einmal zu schnell gefahren, schon sind 100 Euro Bußgeld fällig. Doch während der Einkommensmillionär den Betrag aus der Portokasse zahlt, trifft es den Geringverdiener umso schmerzlicher. Wenn es nach der Landtagsfraktion der Linken ginge, sollte dieser sozialen Ungerechtigkeit Einhalt geboten werden. Die Linke stört sich daran, dass die Bußgeldkatalog-Verordnung (BkatV) in der Regel die Höhe der Bußgelder für alle Täter bestimmt. In einem Antrag, der heute im Landtag diskutiert werden soll, fordert die Fraktion in diesem Punkt mehr soziale Gerechtigkeit. Der Innenpolitische Sprecher der Linksfraktion Rolf Linsler meint: "Größere Bußgelder sollten im Verhältnis zum Einkommen stehen". Dafür soll sich laut Antrag künftig eine Bundesratsinitiative einsetzen.Katharina Bauer, Sprecherin beim ADAC in München hält die Forderung für "schwer umsetzbar". "Das System des Bußgeldkatalogs müsste komplett umgestellt werden." Rolf Linsler sieht hingegen kein Problem: "Am Verwaltungsaufwand sollte es nicht scheitern. Wenn es in anderen Ländern funktioniert, sollte es auch bei uns in Deutschland funktionieren." Als Beispiele nennt er die Schweiz, Finnland und Dänemark. Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Elke Eder-Hippler ist kritisch: Müsste in jedem Fall das Einkommen des Betroffenen ermittelt werden, würde dies zu einem "unverhältnismäßigen Aufwand" führen sowie zu einer "zusätzlichen persönlichen Belastung der Betroffenen." Ähnlich urteilt Grünen-Abgeordnete Simone Peter: "Wir halten den Antrag nicht für zielführend." Eine solche Reglung würde zu einer "massiven Erhöhung des Verwaltungsaufwandes und damit zu höheren Kosten" führen.

Auch nach Auffassung der Zentralen Bußgeldbehörde ist der Vorschlag der Linken "unverhältnismäßig und nicht praktikabel", so Thorsten Bischoff, Pressesprecher beim Wirtschaftsministerium. Daneben sei auch der Präventionsgedanke wichtig, der sowohl einkommensstarke als auch -schwache Bürger betreffen sollte und der nicht durch die Aussicht auf niedrigere Bußgelder "ausgehebelt" werden dürfe. Die vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten seien bereits geeignet, die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Bußgeld-Bemessung ausreichend zu berücksichtigen.

Meinung

Gerechtigkeit ist Utopie

Von SZ-RedakteurDietmar Klostermann

Niemand wollte der Schweiz unterstellen, dass sie dem Kommunismus huldige. Dennoch musste dort ein Raser im Jahre 2010 satte 200 000 Euro Bußgeld berappen, weil er mit seinem Ferrari mit 130 Sachen durch ein Dorf gebrettert war. Ein Gericht in St. Gallen bezifferte den Kontostand des Rasers auf umgerechnet knapp 15 Millionen Euro. Zudem soll er eine Villa und fünf weitere Luxuskarossen besitzen. War diese Buße gerecht? Die Schweizer, alles brave Kapitalisten, sagen ja. Nur bei den armen Nachbarn in Deutschland bleibt diese Form von Gerechtigkeit Utopie. Könnte das daran liegen, dass bei uns die Raser in der Mehrheit sind?

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