Strafprozess nach tödlichem Explosions-Unfall in Neunkirchen

Saarbrücken. Eine Lehrstunde in Sachen Explosionsgefahr bei Alltagsgegenständen lieferte gestern ein Sachverständiger vor dem Landgericht. Dort müssen sich vier leitende Mitarbeiter von Umweltunternehmen in Neunkirchen und Mühlheim/Ruhr einer Anklage wegen unsachgemäßem Umgang mit explosiven Stoffen und fahrlässiger Tötung stellen

Saarbrücken. Eine Lehrstunde in Sachen Explosionsgefahr bei Alltagsgegenständen lieferte gestern ein Sachverständiger vor dem Landgericht. Dort müssen sich vier leitende Mitarbeiter von Umweltunternehmen in Neunkirchen und Mühlheim/Ruhr einer Anklage wegen unsachgemäßem Umgang mit explosiven Stoffen und fahrlässiger Tötung stellen. Die Männer im Alter zwischen 39 und 54 Jahren sollen dafür verantwortlich sein, dass am 6. November 2002 bei einem Entsorgungsbetrieb in Neunkirchen ein Fass mit alten Spraydosen explodierte. Der Deckel traf einen 21 Jahre alten Arbeiter am Hals, zertrümmerte dessen Kehlkopf und zerstörte wesentliche Teile der Blutzufuhr zum Gehirn. Zunächst habe das Ganze wie ein Arbeitsunfall ausgesehen. Erst bei genauer Inspektion von Tatort und -umfeld sei der Verdacht möglicher Umweltdelikte aufgekommen. So entsorgt die Firma unter anderem gebrauchte und als gefährliches Gut eingestufte Druckgasspraydosen. Dafür gebe es strenge Regeln, um Unfälle zu vermeiden. Im konkreten Fall habe dies aber nicht funktioniert: Auf der Zuliefer-Rampe, wo der Arbeiter tödlich verletzt wurden, hätten zwölf unbeschädigte, 120-Liter-Plastikfässer gestanden. Elf Fässer seien leer gewesen, nur ein Fass sei gefüllt und mit einem Plastikdeckel verschlossen gewesen. Auch die Reste des schwer beschädigten 13. Fasses, das explodierte. An diesem habe der 21-Jährige zum Zeitpunkt der tödlichen Explosion offenbar gearbeitet. Vorläufiges Fazit der Ermittler: In den Fässern des Unternehmens aus Mühlheim/Ruhr waren wohl Spraydosen in loser Schüttung ohne das vorgeschriebene Dämmmaterial. Es habe sich meist um große Farbdosen für Baustellen gehandelt, die teils noch voll gewesen seien. Einige der Dosen seien nicht mit einem Deckel verschlossen gewesen. Zumindest eine dieser Dosen habe sich entleert. Das habe im Innern des nur halb gefüllten Transportfasses aus Mühlheim ein hochexplosives Gemisch ergeben. Gezündet worden sei dies durch elektrostatische Aufladung von außen. Der Gutachter: Als der Arbeiter außen am Fass die beiden Gefahrgut-Klebeschilder abriss, gab es eine elektrostatische Aufladung nach innen, die einen Zündfunken verursachte. Ob und wieweit dafür die vier Männer der Entsorgungsunternehmen verantwortlich sind, soll nun geklärt werden. Der Prozess wird fortgesetzt. wi

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