Stimmen nach der Landtagswahl

Merzig-Wadern. Sichtlich stolz war Helma Kuhn-Theis, Kreisvorsitzende der CDU, über den Wahlsieg ihrer Partei: "Ich hatte persönlich den Eindruck, dass die SPD zu Beginn des Wahlkampfes vor uns lag. Aber in den letzten beiden Wochen vor dem Wahltag haben wir aufgeholt, so habe ich es verspürt

 Bronze, Gold und Silber: Aber die Zeit der Wahlplakate ist abgelaufen. Foto: Thorsten Wolf

Bronze, Gold und Silber: Aber die Zeit der Wahlplakate ist abgelaufen. Foto: Thorsten Wolf

Merzig-Wadern. Sichtlich stolz war Helma Kuhn-Theis, Kreisvorsitzende der CDU, über den Wahlsieg ihrer Partei: "Ich hatte persönlich den Eindruck, dass die SPD zu Beginn des Wahlkampfes vor uns lag. Aber in den letzten beiden Wochen vor dem Wahltag haben wir aufgeholt, so habe ich es verspürt. Das war bei vielen Gesprächen an den Wahlständen zu verspüren", sagte die CDU-Politikerin, deren Partei sich zudem im Kreis Merzig-Wadern mit deutlichem Vorsprung als stärkste politische Kraft behauptete. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer ist nach Ansicht von Kuhn-Theis für ihren Mut belohnt worden, die Jamaika-Koalition vorzeitig aufzukündigen. "Das war nicht eben alltäglich in der Politik, sie hat dafür auch Nachteile in Kauf genommen und ist das Risiko eingegangen, ihr Amt als Ministerpräsidentin zu verlieren." Das Jamaika-Bündnis habe wegen zahlreicher Querelen bei wichtigen Fragen "am Scheideweg" gestanden. Gerade im Kreis Merzig-Wadern sei die CDU wegen der strikten Ablehnung der Nordumfahrung Merzig durch die Grünen in eine schwierige Situation gekommen. Dass die SPD es nicht geschafft hat, stärkste Partei im Land zu werden, lag nach Überzeugung von Kuhn-Theis daran, "dass viele SPD-Wähler zu Hause geblieben sind, weil sie mit der großen Koalition nicht einverstanden waren".Es herrsche eine schon fast trotzige Stimmung, beschrieb es die SPD-Kreisvorsitzende Anke Rehlinger. Einerseits habe die Partei gegenüber der letzten Wahl 2009 deutlich zugelegt, andererseits habe sie ihr vorrangiges Wahlziel, den künftigen Ministerpräsidenten zu stellen, klar verfehlt. Die Schuld dafür gab Rehlinger insbesondere der Linkspartei und deren Spitzenkandidaten Oskar Lafonatine: Dessen "Demobilisierungskampagne", das fortwährende Buhlen um ein rot-rotes Bündnis, "hat unsere Wähler verunsichert". Rehlinger sieht darin auch einen Grund für die gegenüber 2009 um sechs Prozent niedrigere Wahlbeteiligung: "Unser Bekenntnis zu einer großen Koalition ist in Misskredit gezogen worden."

"SPD geriet in ein Dilemma"

Durch die wiederholten Koalitions-Angebote der Linken sei die SPD in ein Dilemma geraten: "Wenn wir uns vor der Wahl nicht auf eine große Koalition festgelegt hätten, dann hätten wir wohl noch weniger Stimmen bekommen", war Rehlinger überzeugt. Dass die Linke im Saarland so stark abgeschnitten habe, sei eine "westdeutsche Sondersituation, die insbesondere mit einer Person zusammenhängt", erklärte Rehlinger mit Blick auf Oskar Lafontaine. Die SPD werde dennoch das Ergebnis akzeptieren und ungeachtet der rechnerischen Möglichkeit eines rot-roten Bündnisses bei ihrer Linie im Hinblick auf die große Koalition bleiben. Dass die Sozialdemokraten im Kreis noch deutlicher hinter der CDU zurücklagen als auf Landesebene, hat aus Rehlingers Sicht strukturelle Gründe: "Der eher ländliche Kreis Merzig-Wadern ist immer schon eher konservativ geprägt gewesen.

Deutlich zufriedener fiel die Reaktion von Linken-Kreischef Elmar Seiwert zum Wahlergebnis aus: "Die Linke hat sich etabliert, man kann uns nicht mehr nachsagen, wir wären eine reine Protestpartei." Die jetzt erreichten 16 Prozent seien "eine gute Ausgangsbasis, auf der wir für die Zukunft aufbauen können". Seiwert räumte ein, dass Spitzenkandidat Oskar Lafontaine sehr viel zu diesem guten Abschneiden beigetragen habe: "Er spielt für uns im Saarland eine große Rolle". Die SPD habe zwar Stimmen hinzugewonnen, Heiko Maas als Kandidat aber verloren.

Seiwert erinnerte daran, dass es neben der großen Koalition noch eine zweite Option für die Sozialdemokraten gebe: "Es gibt eine linke Mehrheit im Saarland. Es liegt an der SPD, diese auch zu nutzen, um Ziele durchzusetzen, die sie mit der CDU nicht durchsetzen kann." Die Linke müsse ihre neue Rolle als größte Oppositionspartei unter der großen Koalition dazu nutzen, "unser Profil noch weiter zu schärfen und die Themen zu bearbeiten, denen wir uns in den vergangenen Jahren schon im Landtag und den Kommunalparlamenten gewidmet haben". Dass die Wahlbeteiligung niedriger ausgefallen ist als bei der letzten Wahl und die Linke zudem an Stimmen eingebüßt hat, führt Seiwert auf die frühzeitige Festlegung von CDU und SPD auf eine große Koalition zurück: "Das hat insgesamt den Oppositionsparteien geschadet. Viele haben keinen Sinn darin gesehen, ihre Stimme abzugeben, weil sowieso im Vorfeld schon alles entschieden war."

Umso stolzer waren die Piraten nach ihrem beachtlichen Einzug aus dem Stand. Mit 7,4 Prozent enterten die Polit-Neulinge den Saar-Landtag, das sei ein "fantastisches Ergebnis", befand Michael Klein, Kreisvorsitzender der Piraten in Merzig-Wadern. "Wir haben hier alle Luftsprünge gemacht." Den Erfolg seiner Partei führt Klein nicht allein auf Protestwähler zurück. "Wir haben einen guten Wahlkampf gemacht und sicher auch Schwung durch den Einzug ins Berlin-Parlament erhalten." Viele Wähler an der Saar hätten den Piraten eine Chance geben wollen, sagte Klein. "Weil wir eine andere Politik machen wollen."

Erleichtert, aber auch enttäuscht fiel die Reaktion der Grünen auf den knappen Einzug in den Landtag aus. Karl-Heinz Raczek, Kreisvorsitzender in Merzig-Wadern: "Dass es so knapp wurde, hat mich enttäuscht. Mit einem Prozent mehr hätte ich schon gerechnet. Aber die Erleichterung überwiegt." Dass seine Partei den Sprung ins Parlament um ein Haar verpasst hätte, habe mit lokalpolitischen Wählerentscheidungen zu tun, vermutete Raczek. "Wir haben ja regional sehr unterschiedlich abgeschnitten." In Merzig habe wohl das Nein der Grünen zur Nordsaarlandstraße Stimmen gekostet, wohingegen die Grünen mit ihrem Ergebnis in Perl über sieben Prozent sehr zufrieden sein könnten. "Dort ist das Thema Cattenom eben sehr präsent", sagte Raczek.

Von einem "desaströsen Ergebnis" sprach angesichts von nur 1,2 Prozent der Wählerstimmen der Kreisvorsitzende der FDP, Patrick Maurer. "Das ist eine absolute Katstrophe, da gibt es auch nichts mehr schön zu reden", sagte Maurer gestern gegenüber der SZ. Die Partei müsse sich nach diesem Absturz inhaltlich neu positionieren: "Man hängt uns gerne das Etikett der sozialen Kälte an. Ich denke, dass die FDP sich wieder mehr in Richtung sozialliberaler Positionen entwickeln muss." Diese Meinung wollte er auch auf der Sitzung des Landesvorstandes am Montagabend vertreten: "Dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Ich weiß, dass es auch Stimmen gibt, die in eine andere Richtung argumentieren."

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