Teure Eier Steuert das Saarland auf eine Eier-Krise zu?

Saarbrücken · Der Fipronil-Skandal hat langfristige Folgen. Diese machen sich auch in den saarländischen Supermärkten bemerkbar.

 Infolge des Fipronil-Skandals mussten nach Angaben der Chefin des Saar-Geflügelhalterverbands Sieglinde Kraemer sechs Millionen Hühner gekeult werden. Kraemer hat selbst einen Hühnerhof in Schmelz.

Infolge des Fipronil-Skandals mussten nach Angaben der Chefin des Saar-Geflügelhalterverbands Sieglinde Kraemer sechs Millionen Hühner gekeult werden. Kraemer hat selbst einen Hühnerhof in Schmelz.

Foto: Foto © Rich Serra - www.rich-se/Rich Serra

Wer am vergangenen Wochenende Kuchen backen wollte, stand in den saarländischen Supermärkten unter Umständen vor leeren Eierregalen. Grund: Der Fipronil-Skandal, der im Sommer wochenlange Aufregung in der EU ausgelöst hatte, zieht langfristige Folgen nach sich. Im Zentrum des Skandals um das Insektizid standen vor allem Geflügelbetriebe in den Niederlanden. Von dort aus wurden die Eier europaweit in den Handel gebracht. Für Verbraucher soll von verunreinigten Produkten zwar keine akute Gesundheitsgefahr ausgegangen sein, vorsorglich wurden aber bislang unbekannte Mengen an Eiern und Eierprodukten vom Markt genommen und vernichtet.

Das gibt auch die Warenhauskette Real an. Im Zuge des Skandals Ende August mit dem Insektengift habe das Handelsunternehmen bundesweit in den rund 282 Märkten alle Eier aus den Niederlanden sowie die aus Deutschland betroffenen Waren aus dem Verkauf genommen. Real setze jetzt verstärkt auf bereits bestehende Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Bauern. Man könne deshalb noch nicht wie gewohnt alle Varianten an Eiern anbieten, heißt es in einem Schreiben an die SZ.

„Am Samstag waren die Regale leergeräumt“, muss auch Hans-Jürgen Fuck-Feix, Mitarbeiter im Frischebereich von Globus in Güdingen zugeben. Warum kann er nur vermuten. Für Sieglinde Kraemer, Vorsitzende des Verbandes der Geflügelhalter im Saarland, liegen die Gründe auf der Hand. Denn: Nicht nur die Eier, auch rund sechs Millionen Hühner wurden nach ihren Angaben vernichtet. „Die leeren Ställe müssen jetzt erst einmal wieder aufgefüllt werden. Das dauert mindestens ein Jahr“, sagt Kraemer. Das Problem: Mehr als 70 Prozent der nach Deutschland eingeführten Eier stammten bislang aus den Niederlanden. Die Bundesrepublik könne laut Kraemer gerade einmal 60 Prozent ihres Eigenbedarfs decken, das Saarland nur 20 Prozent. Etwa 120 000 Legehennen sind hier gemeldet, bei rund einer Million Einwohnern. In den vergangenen zwei Monaten kam es nach Kraemers Bekunden auf dem freien Markt bereits zu einer Preissteigerung von fünf Cent pro Ei.

Bei den Verbrauchern, die ihre Eier aus den Supermärkten beziehen, macht sich das nur schleichend bemerkbar. Discounter wie Aldi oder Lidl haben Preis-Vereinbarungen mit ihren Lieferanten. Um die Lieferverträge mit dem Lebensmitteleinzelhandel erfüllen zu können, müssen Eierlieferanten aus eigener Tasche drauflegen und Eier hinzukaufen. Noch wird der Einzelhandel wegen des Engpasses bevorzugt beliefert und der Eierpreis bleibt dank der vertraglichen Bindung stabil. Dennoch bleiben die Regale leer. Warum erklärt Kraemer: „Für viele Gastronomen sind die Eier jetzt zu teuer. Sie kaufen dann beim Discounter und das macht sich an leeren Regalen bemerkbar“. Die neuen Preise für das kommende Jahr werden gerade erst verhandelt. Das ärgert Kraemer: „Im Saarland verkaufen wir in der Regel nicht an die Discounter, unsere Kunden spüren den Preisanstieg bereits jetzt“, sagt sie.

Was sie jedoch am allermeisten beanstandet: „Auch für die verarbeitende Industrie sind die Eier zu teuer. Die Produzenten greifen auf Eierpulver beispielsweise aus China zurück. Das ist auf dem Endprodukt – den Kuchen, den Keksen, den Nudeln – nicht zu erkennen“, moniert Kraemer. „Nirgendwo steht, wo das Ei gelegt wurde. Das verlangen wir“, fordert die Vorsitzende des Geflügelverbandes.

Die Nachfrage sei nach dem Fipronil-Skandal auf ihrem Hof deutlich gestiegen. Ihr Geflügelhof Wittmer in Schmelz ist mit circa 50 000 Tieren der größte im Saarland. „Ich kann aber nur meine Stammkunden bedienen. Neue Kunden kann ich gar nicht annehmen.“ Oft würde ihr von den Käufern vorgeschlagen, einfach mehr Hühner anzuschaffen. „Es gibt in Deutschland genaue Vorschriften, wie viele Hühner man halten darf, auf wie viel Platz“, erklärt Kraemer. „Wir dürfen nicht einfach mehr Hühner kaufen. Da gibt es auch regelmäßige Kontrollen.“ Eine Lösung gibt es ihrer Meinung nach zurzeit nicht. „Verbraucher müssen sich einfach auf teure Eier einstellen. Und vermutlich auch auf leere Regale. Frankreich hat seine Butter-Krise, wir haben hier eine Eier-Krise“, sagt Kraemer. „Und die wird sich noch das ganze Jahr 2018 bemerkbar machen“, so ihre Einschätzung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort