Starke Dorfgemeinschaft in Menningen

Die Vorbereitungen für die Menninger Clemens-Kirmes laufen bereits auf Hochtouren, als die Menschen in dem am weitesten von der Kernstadt entfernten Bietzerberg-Stadtteil zusammenkommen, um sich für die SZ-Aktion „Unser Ort hat viele Gesichter“ ablichten zu lassen. „Die Würstchenbude, das Fahrkartenhäuschen und das Karussell stehen schon, am Samstag geht es mit einem Fassanstich dann richtig los“, erzählt Ortsvorsteherin Rosi Gruhn voller Vorfreude.

 Gute Stimmung herrschte beim Fototermin in Menningen für die SZ-Aktion „Unser Ort hat viele Gesichter“.Fotos: Rolf Ruppenthal

Gute Stimmung herrschte beim Fototermin in Menningen für die SZ-Aktion „Unser Ort hat viele Gesichter“.Fotos: Rolf Ruppenthal

 Die St. Clemens-Kapelle ist ein Schmuckstück des Ortes.

Die St. Clemens-Kapelle ist ein Schmuckstück des Ortes.

 Ortsvorsteherin Rosi Gruhn

Ortsvorsteherin Rosi Gruhn

"Verantwortlich für die Organisation ist das Kirmesteam, das diese Aufgabe bereits seit 14 Jahren erfüllt. Es war das Kirmes-Team, übrigens ein eingetragener Verein, der damals die Tradition des Kirmes-Hannes und dessen Beerdigung wieder zum Leben erweckt hat." Mit dieser Beerdigung wird die Kirmes montags offiziell beendet.

Vereine sind ein gutes Stichwort, denn verglichen mit der relativ geringen Anzahl von nur rund 640 Einwohnern verfügt Menningen über eine beeindruckend hohe Vereinsdichte: "Wir haben insgesamt zehn Vereine im Ort, angefangen beim Musikverein, dem Sportverein, dem ‚Trimm Dich‘-Club und der gemischten Chorgemeinschaft bis hin zum Fastnachts- und dem Saarwaldverein", zählt Gruhn auf. Dann sind da natürlich noch die Freiwillige Feuerwehr des Ortes, deren Jugendwehr besonders aktiv ist und unter anderem bei der Aktion "Saarland Picobello" teilnimmt, sowie der Heimatkundliche Verein Bietzerberg.

Heimatkundlich wichtig: Menningen ist umgeben von intakter Natur, große Teile des Naturschutzgebietes "Wolfskopf", das zum nationalen Kulturerbe Deutschlands gehört, befinden sich auf Menninger Boden. Auch das malerische Mühlental trägt seinen Teil dazu bei, dass der Ort für Wanderungen wie gemacht ist. "Besonders erwähnenswert ist der 17,5 Kilometer lange Bietzerberger Wanderweg, der zusammen mit unserer Kapelle viele Besucher anzieht", ist die Ortsvorsteherin stolz. Die alte, romantische Clemens-Kapelle ist ein zwar schlichtes, aber dennoch kostbares sakrales Bauwerk. Erbaut wurde sie Mitte des 17. Jahrhunderts als Filialkirche der Pfarrei St. Martin in Bietzen. "Sehenswert ist vor allem der Barockaltar mit Figuren des heiligen Clemens und zwei Bischöfen sowie die Kommunionsbank aus dem 18. Jahrhundert", betont Gruhn. Eng verbunden mit der Kapelle ist das traditionelle Patronatsfest des heiligen Clemens, das seit dem 4. Jahrhundert immer am 23. November mit einer Messe gefeiert wird. Dabei gingen die Ereignisse der Weltgeschichte nicht spurlos an der Kapelle vorbei, im Zweiten Weltkrieg etwa wurde das Gotteshaus stark beschädigt. Mit eigenen Mitteln haben die Menninger die Kapelle wieder restauriert und mittlerweile sogar mit einer Gasheizung ausgestattet. "Zur Neu-Einweihung gab es ein großes Fest aller Vereine, bei dem insgesamt 4500 Euro zusammenkamen. Der Erlös ging an den Förderverein der Pfarrei", sagt die Ortsvorsteherin zufrieden. "Das ist auch ein Beweis für das Engagement der Menninger, ganz besonders in Bezug auf die Kirche", ergänzt sie.

Ein weiteres Beispiel für diese Hingabe: Die ehrenamtliche Gruppe "Menningen Aktiv", die aus vier bis acht Leuten besteht, trifft sich an jedem letzten Samstag im Montag und hat sich zum Ziel gesetzt, alle machbaren Arbeiten durch Freiwillige aus dem Ort anzugehen. Von Reinigungsarbeiten über Instandsetzung bis zu Hilfeleistungen, die der Ortsverschönerung dienen, sind die Männer und Frauen im Einsatz.

Mit dem entsprechenden Arbeitsgerät ausgestattet, begann man Ende Mai 2010 am Dorfplatz. Der jüngste Erfolg der Initiative: der Bau der Grillhütte auf dem Menninger Freizeitplatz, die vor kurzem eingeweiht wurde. Menschlich gibt es in Menningen keine Probleme, die Zusammenarbeit mit den beiden anderen Bietzerberg-Gemeinden Bietzen und Harlingen beschreibt die Ortsvorsteherin als "harmonisch". Die Umgänglichkeit der Menninger zeigt sich auch in folgender Anekdote, die Gruhn parat hatte: "Wir haben im Ort seit 22 Jahren eine Krabbelgruppe, die von Christa Kremer betreut wird. 2010 zog Tatiana Genath, eine Frau russischer Herkunft, nach Menningen. Dort verliebte sie sich in einen Menninger. Jetzt haben die beiden eine Tochter, Isabelle. Ich empfahl ihr bei einer zufälligen Begegnung, einmal die Krabbelgruppe zu besuchen. Dadurch hat sie nun mehr Kontakt zu jungen Müttern mit Kindern und hat auch an der Kinder- und Jugendwanderung, die der Ortsrat mit unserem Saarwaldverein jedes Jahr veranstaltet, teilgenommen. Man kann also sagen, bei uns wird Integration groß geschrieben, und ausländische Mitbürger sind herzlich willkommen", sagt die Ortsvorsteherin stolz.

Nicht ganz ideal ist hingegen die Tatsache, dass es kein einziges Geschäft mehr im Ort gibt, keinen Bäcker, keinen Metzger, keinen Dorfladen. "Allerdings gibt es noch einige Betriebe vor Ort, etwa ein Nagelstudio, einen Kosmetik-Laden, eine Fußpflege und einen Elektro-Betrieb", ergänzt Gruhn. Dann erwähnt sie noch Wolfgang Schmitz mit seinem ökologischen Landbau: "Er arbeitet zwar nur im Nebenbetrieb, hauptberuflich ist er Krankenpfleger, trotzdem macht er mit seinen Produkten weit über das Dorf hinaus Werbung für Menningen." Zu Schmitts Erzeugnissen gehören neben Säften und Aufstrichen auch Wein, Viez und Sekt ebenso wie Hochprozentiges. Die hohe Qualität seiner Produkte hat Schmitt schon so manchen nationalen Preis eingebracht, zuletzt den "Pomme d'Or" für zwei seiner Tropfen in Frankfurt. Der Zukunft ihres Ortes sieht Gruhn frohen Mutes entgegen: "Ich denke, wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, dass unsere Einwohnerzahlen sinken, im Gegenteil, sie werden wohl eher steigen. So hatten wir im Jahr 2008 ganze 12 Geburten. Eine stattliche Zahl für einen so kleinen Ort", findet die Ortsvorsteherin. Die ersten Siedler Menningens waren vermutlich Römer: "Mandiacum" ist überliefert, was so viel bedeutet wie "Siedlung des Mandius". Aus "Mandiacum" wurde um 1492 "Mennick" und im Jahr 1519 erstmals Menningen, so jedenfalls steht es in einer Untertanenliste des deutschen Oberamtes in Lothringen geschrieben. Der Dreißigjährige Krieg verwüstete die Bietzerberg-Gemeinden, so dass Bietzen, Menningen und Harlingen 1661 nur noch sieben Einwohner zählen. Im Jahr 1750 wurde die St.Clemens-Kapelle eingeweiht und 1778 fiel der ganze Bietzerberg an Kurtrier und wurde fortan mit Mettlach und Keuchingen von der Meierei Merzig aus mitverwaltet. Mit dem Ausbruch der Französischen Revolution wurde Menningen im Jahr 1798 Teil des Kantons Merzig im Saar-Departement. Ein besonders spannendes Kapitel: Die heutige Weltfirma Villeroy & Boch nahm ihren Anfang in Menningen. Im Jahr 1828/1829 erbaute Charles A. Villeroy an der Mündung des Ohligsbaches eine neue Saarmühle. Und diese Mühle war am 14. April 1836 Schauplatz für die Fusion der Firmen Villeroy und Boch. Ebenfalls interessant: Für die Jahre 1836 und 1864 ist der Weinbau auch für Menningen verbürgt. Teile der ehemaligen Weinbergsmauern sind noch immer auf der Gemarkung "Auf dem Wingert" zu sehen. 1906 erhält Menningen eine Telegrafenhilfsstelle sowie eine öffentliche Fernsprechstelle. Die Gebietsreform von 1974 machte Menningen zu einem Stadtteil von Merzig.

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