Stadtrat will den Windel-Zuschuss

Saarbrücken. Wenn 2011 der Müll in Saarbrücken nach dem Gewicht berechnet wird, drohen Familien mit Kleinkindern und Menschen, die unter Inkontinenz leiden, höhere Gebühren als dem Rest der Einwohner. Denn Windeln sind sehr schwer. Deshalb hat der Stadtrat beschlossen, diese Bevölkerungsgruppen mit einem Zuschuss zu entlasten. Wie hoch dieser Betrag ist, muss der Stadtrat noch entscheiden

Saarbrücken. Wenn 2011 der Müll in Saarbrücken nach dem Gewicht berechnet wird, drohen Familien mit Kleinkindern und Menschen, die unter Inkontinenz leiden, höhere Gebühren als dem Rest der Einwohner. Denn Windeln sind sehr schwer. Deshalb hat der Stadtrat beschlossen, diese Bevölkerungsgruppen mit einem Zuschuss zu entlasten. Wie hoch dieser Betrag ist, muss der Stadtrat noch entscheiden. Die Kommunen Eppelborn, Lebach und St. Wendel, die ebenfalls den Müll wiegen, zahlen bereits einen Zuschuss. In Eppelborn sind es zum Beispiel maximal 24 Euro für Kleinkinder und 50 Euro für Menschen, die an Inkontinenz leiden. Nach einer Schätzung des Instituts für Abfall, Abwasser und Infrastruktur-Management (INFA), das die Daten Eppelborns hochgerechnet hat, kommen auf Saarbrücken maximal Kosten in Höhe von 200 000 Euro zu. So steht es in einem Bericht der Verwaltung zur Stadtrats-Sitzung.

Die Linke-Fraktion hatte vor einigen Wochen einen kostenlosen Windel-Müllsack für Familien und Inkontinenz-Patienten gefordert. Der scheint vom Tisch, wie eine SZ-Anfrage bei den Stadtratsfraktionen ergab. CDU-Fraktionschef Peter Strobel kritisiert das System des Müllwiegens: "Familien mit Kleinkindern und inkontintente Patienten zahlen drauf. Obwohl wir unermüdlich auf solche Probleme hinweisen, votierte die rot-rot-grüne Ratsmehrheit für die Verwiegung." Die CDU hatte in der letzten Legislaturperiode das so genannte Ident-System beschlossen. Dabei wird die Gebühr nach der Anzahl der Tonnen-Leerungen berechnet. Strobel begrüßt nun die Korrektur beim Wiegesystem. Der Zuschuss für Härtefälle sei wichtig. "Ob damit alle Mehraufwendungen abgegolten sind, steht aber in den Sternen."

Widerstand gegen Sack

Für FDP-Fraktionschef Friedhelm Fiedler ist das Müllwiegen ungerecht. "Viele vollgesaugte Windeln haben ein hohes Gewicht. Das bedeutet beim neuen System enorm hohe Müllgebühren." Einen Windelsack lehnt Fiedler ab. Erstens stinken die Säcke im Sommer. Und zweitens wisse dann jeder Nachbar, ob jemand unter Inkontinenz leide oder nicht. Auch die FDP ist deshalb für den Zuschuss aus dem Haushalt. Denn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger dürfe die Bürger nicht entlasten.

Auch die rot-rot-grüne Stadtratskoalition ist sich beim Windel-Zuschuss offensichtlich einig. Linke-Fraktionschef Rolf Linsler beharrt nicht auf dem Windelsack: "Wichtig ist, dass Familien mit kleinen Kindern und inkontinente Erwachsene nicht bestraft werden." Auch SPD und Grüne sind für den Zuschuss. Den Windelsack lehnt die Öko-Fraktion als unhygienisch und diskriminierend ab. Die SPD-Fraktion betonte, das Windelproblem habe nichts mit dem neuen System zu tun. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz sage deutlich, dass Abfälle möglichst vermieden, dann verwertet und nur, wenn dies nicht möglich ist, entsorgt werden.

Als einzige sind die Freien Wähler auch mit der Zuschuss-Lösung nicht glücklich. Das sei eine "öffentliche Demütigung" für die Antragsteller, die ihre intimen Probleme offenlegen müssten. Fraktionschef Bernd Richter kritisiert außerdem, dass für das neue Müllsystem und die Bearbeitung der Zuschussanträge vier neue Stellen geschaffen würden.

Am 7. Dezember wird der Stadtrat über den Zuschuss entscheiden, teilte die Stadt gestern mit.

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