Stadt soll Gebühr splitten

Völklingen. Im Dezember 2011 hatte der Völklinger Stadtrat mehrheitlich die Abwassergebührensatzung verabschiedet. Linke und Grüne hatten scharf kritisiert, dass die Satzung keine gesplittete Gebühr (siehe "Hintergrund") vorsieht, sondern die Gebühren allein danach bemisst, wieviel Frischwasser die Grundstücksnutzer beziehen

 Die Völklinger Abwassergebühr errechnet sich danach, wieviel Frischwasser jeder Haushalt verbraucht. Foto: DPA

Die Völklinger Abwassergebühr errechnet sich danach, wieviel Frischwasser jeder Haushalt verbraucht. Foto: DPA

Völklingen. Im Dezember 2011 hatte der Völklinger Stadtrat mehrheitlich die Abwassergebührensatzung verabschiedet. Linke und Grüne hatten scharf kritisiert, dass die Satzung keine gesplittete Gebühr (siehe "Hintergrund") vorsieht, sondern die Gebühren allein danach bemisst, wieviel Frischwasser die Grundstücksnutzer beziehen. Die Grünen führten ökologische Argumente ins Feld: Bei einer gesplitteten Abwassergebühr bitte die Kommune Grundstückseigner auch zur Kasse fürs Regenwasser, das von Dächern und Asphalt in den Kanal fließt. Das bedeute einen Anreiz, Flächen zu "entsiegeln" - ökologisch erwünscht. Auf diesen Anreiz zu verzichten, sei ein falsches politisches Signal. Die Linken hatten juristisch argumentiert: Nach aktueller Rechtsprechung sei Völklingen verpflichtet, die Abwassergebühr zu splitten. Denn nur so sei Gebührengerechtigkeit zu erreichen.Wie angekündigt, reichte die Linksfraktion beim Landesverwaltungsamt eine Beschwerde ein gegen die beschlossene Satzung. Dazu hat das Amt mittlerweile ausführlich Stellung genommen. Es hat zwar keinen Anlass gesehen, den Dezember-Ratsbeschluss zu kassieren. Es hat aber Zweifel angemeldet an den städtischen Kalkulationen, die der Gebührensatzung zugrundeliegen. Eben damit will die Linke nun ihre Klage begründen.

Die Sache ist kompliziert. Grundsätzlich, so führt das Landesverwaltungsamt aus, muss eine Kommune Gebühren erheben für Leistungen, die nur sie ihren Bürgern anbieten kann - etwa Abwasserentsorgung. Sie muss die Gebühren gerecht aufteilen, sprich: je nachdem, wie stark die Bürger die Leistung beanspruchen. Wo exaktes Messen zu aufwendig und teuer wäre, kann die Kommune schätzen. So auch beim Abwasser. Was über die Kanäle zur Kläranlage fließt, kommt teilweise von Privatgrundstücken - als Schmutzwasser (dafür, sagt das Amt, sei die Menge des bezogenen Frischwassers ein plausibles Maß) und als Niederschlagswasser. Dritte Abwasser-"Quelle" ist der Niederschlag, der von öffentlichen Straßen und Plätzen in den Kanal rinnt; seine Beseitigung wird nicht über Gebühren, sondern aus der Stadtkasse finanziert. Grundlage für die Gebührenkalkulation ist, welchen Anteil an den Gesamt-Abwasserkosten jede dieser drei Quellen verursacht. Und da, schreibt das Amt, unterscheide sich die Schätzung der Stadt Völklingen "deutlich" von den (Gutachter-)Annahmen, die bei Gerichtsurteilen der jüngsten Zeit eine Rolle gespielt hätten. Es gebe daher Zweifel, ob es zulässig sei, in Völklingen auf eine gesplittete Abwassergebühr zu verzichten. Und: Der Stadt werde "zur Verringerung des sicherlich bestehenden Prozessrisikos" empfohlen, ihre Kalkulation zu überarbeiten. Die Linksfraktion habe Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU) aufgefordert, dies ab 2014 zu tun, schreibt Ganster. Lorig habe jedoch nicht reagiert - also ziehe die Linke nun vors Verwaltungsgericht.

Meinung

Bitte eine politische Lösung

Von SZ-RedakteurinDoris Döpke

Die Mehrheit der gewählten Völklinger Bürgervertreter hat sich im Dezember dafür entschieden, keine gesplittete Abwassergebühr einzuführen. Eine gesplittete Gebühr, sagten CDU und SPD, würde bei der Neueinführung hohe Kosten verursachen; dafür muss man ja bei allen Privatgrundstücken feststellen, wie groß dort jeweils die versiegelten Flächen sind. Das sei zu teuer. Und die gesplittete Gebühr müsse nicht unbedingt sein.

Die Linke-Fraktion sah das anders, unterlag aber im Rat. Nun hat sie den juristischen Weg beschritten. Droht mit dem Gang zum Verwaltungsgericht. Das klingt nach Trotz, nach Zeigefinger: Hättet ihr im Rat bloß auf uns gehört. Egal, rechtliche Einwände sollten Verwaltung und Rat zu denken geben - hat das Verwaltungsgericht doch auch die Völklinger Müllgebühren-Satzung gekippt.

OB und Stadtrat sollten sich auf politischer Ebene über das Abwasser-Thema verständigen, schnell und sachlich. Eine Gerichtsentscheidung, wie sie auch ausfallen möge, wäre die schlechtere Lösung. Denn sie schwächt die Rolle des Rats.

Hintergrund

Gesplittete Abwassergebühr bedeutet, dass das, was die Bürger zahlen müssen für die Benutzung kommunaler Kanäle, sich nicht nur daran orientiert, wie viel Frischwasser sie verbrauchen. Neben diesem Wert - er zeigt, wie viel Wasser aus den Haushalten in den Kläranlagen gereinigt werden muss - wird auch die versiegelte Grundstücksfläche einbezogen; denn sie leitet Niederschlag in den Kanal.

Wer Regen jedoch versickern lässt oder nutzt, etwa für den Garten, zahlt weniger oder keine Gebühr. Das soll Bürger anspornen zur "Entsiegelung" von Flächen, die menschliche Eingriffe in natürliche Wasserkreisläufe und Hochwassergefahren mindert. Der Start des Verfahrens ist aufwendig; die Schätzung der versiegelten Flächen stützt sich meist auf Luftaufnahmen. dd

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