Prostitution: in Frankreich verboten, in Deutschland erlaubt Stadt kämpft gegen Bordellwerbung

Saarbrücken · Verwaltung und Plakatfirma haben vereinbart, dass „grob anstößige“ Bilder in der Stadt nicht mehr angeklebt werden

 Werbeplakate für Bordelle gehören in Saarbrücken seit einjger Zeit zum Stadtbild. Die Stadtverwaltung und viele Bürger halten einen Teil dieser Plakate für „grob anstößig“. 

Werbeplakate für Bordelle gehören in Saarbrücken seit einjger Zeit zum Stadtbild. Die Stadtverwaltung und viele Bürger halten einen Teil dieser Plakate für „grob anstößig“. 

Foto: Petra Messinger

„Was wir mit Werbe Fabry gemacht haben, ist eine klarstellende Interpretation des bestehenden Vertrags“, sagt der Saarbrücker Rechtsdezernent Jürgen Wohlfarth über die neue Vereinbarung der Stadtverwaltung mit der saarländischen Firma für Außenwerbung.

Nachdem bei der Stadt wie auch bei der Saarbrücker Zeitung vermehrt Beschwerden über Bordellwerbung eingingen, soll mit dieser Vereinbarung nun sichergestellt werden, dass zumindest Werbe Fabry künftig „grob anstößige“ Bordellwerbung nicht mehr plakatiert.

„Grob anstößig“ ist ein juristischer Begriff und bedeutet laut Wohlfarth eine „unerwartete und schockierende Konfrontation mit sexuellen Darstellungen, vor allem an nicht einschlägigen Örtlichkeiten“.

Für die kommunale Frauenbeauftragte Petra Messinger gehörte die Werbung für ein Burbacher Bordell auf jeden Fall zu dieser Kategorie. „Da wird die Frau entpersonalisiert und besteht nur noch aus ihrem Hinterteil. Das ist frauenverachtend, die Frau wird als Objekt dargestellt und dagegen kämpfen wir seit Jahren“.

Dass die Stadt auf Betreiben Messingers hin nur mit der Firma, die es plakatiert hatte, gezielt das Gespräch suchte und nicht auch mit anderen, liegt daran, dass die Stadt nur mit zwei Firmen überhaupt einen Außenwerbevertrag abgeschlossen hat: mit Werbe Fabry und Wall, ehemals JCDecaux. Bei JCDecaux habe es jedoch noch nie grob anstößige Bordellwerbung gegeben, sagt Wohlfarth.

Die Verträge setzten auch bisher schon Grenzen. Darin heißt es laut Wohlfarth wörtlich: „Das Unternehmen lehnt Aufträge ab, deren Inhalt gegen eine behördliche Anordnung, gegen allgemeine Gesetze oder die guten Sitten verstößt“.

Mit der neuen Vereinbarung sei man einen Schritt weitergekommen, betont Wohlfarth, denn die Formulierungen in dem Vertrag seien doch sehr allgemein gewesen.

Um die anderen, kleineren Werbefirmen in Saarbrücken zu erreichen, hat Wohlfarth gestern einen Brief an die Bundeszentrale des Fachverbands für Außenwerbung in Frankfurt geschrieben — mit der Bitte, dem Beispiel von Werbe Fabry zu folgen.

Die Vereinbarung mit Werbe Fabry und der Brief enthalten noch eine zweite Regel: „Sonstige ‚normale‘ Plakatwerbung für Prostitutionsangebote findet nicht im Sichtbereich sensibler Einrichtungen statt. Dazu gehören u.a. Kindergärten, Schulen, Jugendeinrichtungen und Kirchen. Maßstab dafür ist die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes(..)“, lautet der Text.

Umkehrt bedeutet dies auch: Jenseits des Blickfelds sensibler Einrichtungen darf es im städtischen Raum weiterhin Werbung für Prostitution geben, nur keine „grob anstößige“.

Hätte die Stadt nicht mehr machen können? Die Stadt Frankfurt etwa hat in ihrem Vertrag mit einer Werbefirma jüngst festgelegt: „Insbesondere sind mit der Menschenwürde nicht zu vereinbarende (zum Beispiel diskriminierende, frauenfeindliche und sexistische) Darstellungen und Aussagen unzulässig.“ Auch in Berlin gehen einige Bezirke inzwischen dazu über, „sexistische Werbung“ per Vertrag zu verbieten. Rechtsdezernent Wohlfarth glaubt nicht, dass sich damit etwas bewirken lässt. „Es gibt ja kein rechtliches Instrument, mit diesen vagen Begriffen irgendetwas flächendeckend zu verbieten“, sagt er. Zum einen müsse man immer den Einzelfall prüfen, zum anderen sei juristisch nur die „grobe Anstößigkeit“ eine Ordnungswidrigkeit. „Dem können wir als Kommune nichts hinzufügen“, erklärt Jürgen Wohlfarth. Wenn andere Städte Begriffe wie „sexistisch“ in die Verträge schrieben, hofften sie damit vielleicht auf eine präventive Wirkung. „Alle Städte kämpfen gegen Bordellwerbung, und alle haben das Problem, dass ihnen die Hände gebunden sind, gegen sexistische Werbung vorzugehen ist noch schwieriger“, sagt auch die Frauenbeauftragte Messinger, und verweist auf eine Gesetzesinitiative des Justizministers dagegen. Sie wurde wegen großer Proteste nicht nur von Seiten der Werbewirtschaft wieder fallen gelassen.

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