Ex-Vizechef der Fachhochschule für Verwaltung vor Gericht Staatsanwalt klagt Kriminaldirektor an

Quierschied · Wegen schwerer Nötigung im Amt müssen sich jetzt der frühere Vize der Fachhochschule für Verwaltung und ein Polizeirat verantworten.

 Die Fachhochschule für Verwaltung des Saarlandes in Göttelborn.

Die Fachhochschule für Verwaltung des Saarlandes in Göttelborn.

Foto: BeckerBredel

„Schwere Nötigung im Amt“ wirft die Staatsanwaltschaft Saarbrücken nach fast einjährigen Ermittlungen dem leitenden Kriminaldirektor Christof Baltes und einem Polizeirat vor. Beide wirkten an der Fachhochschule für Verwaltung. Baltes war dort Vizerektor und  leitete den Fachbereich „Polizeivollzugsdienst“. Der Polizeirat war Dozent im Rahmen der Ausbildung junger Kommissaranwärter.

Die beiden hohen Beamten sollen sich jetzt vor dem Strafrichter am Amtsgericht Saarbrücken wegen „des Verdachts der gemeinschaftlichen schweren Nötigung in vier tat­einheitlichen Fällen“ verantworten. Dies teilte  Mario Krah, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, auf Anfrage unserer Zeitung mit.

Das Strafgesetzbuch sieht für Nötigung im besonders schweren Fall eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. Vizerektor Baltes ist seit  Ende August 2018 zu einer anderen Behörde abgeordnet. Auslöser der Ermittlungen war eine anonyme Strafanzeige.

Hintergrund sind Vorfälle, die sich vor zwei Jahren an der Fachhochschule im Quierschieder Ortsteil Göttelborn ereigneten. Demnach gab es den Verdacht, dass eine Dozentin in einem ihrer Kurse Hinweise zu einer bevorstehenden Klausur gegeben haben könnte. Vier Kurssprecher eines Studienganges der Polizeistudenten, alle Beamte auf Widerruf,  sollen daraufhin von der Fachbereichsleitung einzeln vernommen worden sein. Um sie zu bestimmten Aussagen zu bewegen, so die Staatsanwaltschaft, sollen die beiden Vorgesetzten ihre „überlegene hierarchische Stellung“ ausgenutzt haben und den Polizeistudenten „gezielt mit Entlassung gedroht“ haben.

Zudem seien die Nachwuchspolizisten gedrängt worden, den Führungskräften Einblick in ihre privaten Mobiltelefone zu geben. Nach Angaben der Ermittler haben die jungen Beamten aus Angst vor Entlassung und möglichen Nachteilen in bevorstehenden Prüfungen ihre Telefone zur Verfügung gestellt. Von einzelnen Nachrichten in einem so genannten Chat in einer „Whatsapp“-Gruppe unter den Studenten sollen daraufhin Fotos gemacht worden sein.

Die Staatsanwaltschaft geht wohl davon aus, dass den vier betroffenen Kurssprechern von den Führungskräften der Fachhochschule zumindest zum Beginn der Vernehmungen, die protokolliert wurden, keine Hintergründe erläutert wurden. Sie seien auch nicht informiert worden, ob sie als Zeugen oder Beschuldigte vernommen werden. Pressesprecher Krah: „Ein Diziplinarverfahren war gegen die Kurssprecher zu keiner Zeit eingeleitet worden.“ Die Kurssprecher mussten angeblich auch bis zum Abschluss der Vernehmungen gemeinsam in einem Raum warten und ihre Mobiltelefone in Verwahrung geben. Gespräche untereinander und das Verlassen des Raumes seien untersagt worden. Mitarbeiter der Fachhochschule sollen die Studierenden in dem Raum beaufsichtigt haben.

Der beschuldigte Polizeirat hat sich nach Angaben von Pressesprecher Krah zu den erhobenen Vorwürfen nicht geäußert. Baltes habe sich darauf berufen, „Verwaltungsermittlungen im Vorfeld förmlicher Disziplinarverfahren“ geführt zu haben. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft sind aber im Zuge solcher Verwaltungsermittlungen weder förmliche Vernehmungen noch Sicherstellungen privater Sachen zulässig.

Rechtsanwalt Wolfgang Zimmerling, der den leitenden Kriminaldirektor verteidigt, teilte auf Anfrage mit, er sehe sich außerstande, eine Stellungnahme zu der Anklage abzugeben. Bei erster Durchsicht habe sich gezeigt, dass die  umfangreiche Einlassung seines Mandanten „überhaupt nicht berücksichtigt wurde“. Er sei zunächst um erneute Akteneinsicht bemüht.

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