sss Zu Tisch — mit schöpferischer Kraft

St. Wendel · Die Produkte aus der St. Wendeler IT-Softwareschmiede FoodGenius optimieren Abläufe in der Gastronomie und bei Lieferdiensten.

 Von hier aus will er weitere Gebiete der Gastro-Szene erobern: FoodGenius-Mastermind Andreas Maurer in seinem Büro in St. Wendel.

Von hier aus will er weitere Gebiete der Gastro-Szene erobern: FoodGenius-Mastermind Andreas Maurer in seinem Büro in St. Wendel.

Foto: Alexander Stier

Zunächst einmal liebt er gutes Essen, gesteht Andreas Maurer. Wenngleich man ihm das beileibe nicht ansieht. Und er mag es, wenn Dinge klug zu Ende gedacht werden. Er mag Effizienz, sein Auto fährt elektrisch, er heizt sein vernetztes Haus mit selbst erzeugtem Strom und geht gern komplexen Prozessen auf den Grund. Computerfreak hätte man ihn im ausgehenden zweiten Jahrtausend wohl genannt. Heute werden Menschen wie Maurer als Nerd bezeichnet. Und das ist inzwischen nicht nur im Kreis der Computercracks durchaus anerkennend gemeint. Beispielsweise heißt es beim Online-Lexikon Wikipedia: Positiv betrachtet ist ein Nerd ein Individualist, der durch Besitz hinreichender Fachkenntnisse einen entsprechenden Grad an gesellschaftlicher Anerkennung innerhalb der jeweiligen Szene aufweist. Und anerkannt ist Maurer allemal – über „die Szene“ hinaus. Denn er ist sozusagen das Gehirn des St. Wendeler Unternehmen FoodGenius.

Der Grundstein für FoodGenius wurde im Jahr 2002 gelegt, als Maurer in die Computer-Branche einstieg. Als IT-Dienstleister „für alles und jeden, der kompetente Hilfe brauchte“, erzählt der 37-Jährige bei einem Besuch in den kürzlich neu bezogenen Büroräumen am Tholeyer Berg in St. Wendel. Die Farben an den Wänden sind noch frisch, die Möbel gerade erst ausgepackt und aufgestellt worden. Auf der Dachterrasse feierte Maurer mit Familie, Freunden, Mitarbeitern und Geschäftspartnern kürzlich „gechillt“ die Einweihung – ein paar Meter über der Stelle, wo früher die Raiffeisen eine Lagerhalle samt Gleisanschluss hatte. Hier nimmt FoodGenius die Zukunft in Angriff und will weiter wachsen.

Zurück in die Vergangenheit: Arztpraxen, Anwaltskanzleien, Altenheime und Autohäuser zählten zu den ersten Kunden des Informatikers, der seine Firma BM Computersysteme nannte. „Irgendwann wandte sich dann Mary’s Pizza Service in St. Wendel mit einem Rechnerproblem an mich“, erinnert sich Maurer. „Und nach einem längeren Gespräch lief schließlich alles darauf hinaus, dass ich denen einen Online-Shop gebaut habe.“ Das war 2008.

Die Arbeit des IT-Autodidakten überzeugte seinen neu gewonnenen Kunden. Und der machte Werbung. Schon bald sprach sich sein Konzept und seine Herangehensweise in der Gastro- und Lieferdienst-Szene herum. „Immer mehr Kunden aus dem Bereich kamen auf mich zu.“ Alle wollten sie sein Konzept haben, zugeschnitten auf den jeweiligen Betrieb. Bis nach Mannheim und Heidelberg erweiterte sich der Kundenkreis.

Das Geschäftsmodell basierte seinerzeit darauf, dass eine bestimmte Software eingekauft und die Onlineshops daran angedockt wurden, erzählt der gebürtige St. Wendeler. Nachdem 2009 größere Betriebe zum Kundenkreis dazu gestoßen waren, „kam irgendwann der Wunsch von den Auftraggebern: Die Software, die ihr da verwendet, ist ja ganz toll. Aber wir brauchen noch dies und das, und mit dieser Software können wir das nicht realisieren“. Als Beispiele für „dies und das“ nennt Maurer einen Fahrer-PC, an dem Mitarbeiter ihre Touren planen und einbuchen, um am Ende ihrer Schicht einfacher und fehlerfreier abrechnen zu können.

Mittlerweile war aus dem Ein- ein Zwei-Mann-Unternehmen geworden. „Wir haben dann entschieden, keine Erweiterungen für die bestehende Software mehr zu machen, sondern von Grund auf eine eigene Software zu schreiben.“ Am 1. Januar 2010 ging der erste Kunde mit dem Pizza-Manager an den Start. „Das war unsere erste eigene Kassen-Software.“ Die schlug ein am Markt. Bis heute hat das St. Wendeler Unternehmen Kunden, die den Pizza-Manager in einer weiter entwickelten Version einsetzen.

Stetig entwickelte sich die Firma, die ihren Sitz seinerzeit im St. Wendeler Stadtteil Dörrenbach hatte, in den folgenden Jahren weiter. Die Zahl der Mitarbeiter stieg, der Kundenstamm wuchs. Der Kundenzuwachs kam „insbesondere auch aus der Nicht-Pizza-Lieferdienst-Branche“. Der Kanal, über den damals die Werbung lief – und das auch heute noch zu einem Großteil tut –, war Mundpropaganda. Dann begann das Unternehmen aber auch, bei einer großen Suchmaschine Werbe-Anzeigen zu schalten. „Das sind bis heute unsere beiden einzigen Vertriebskanäle.“

2016 schließlich brachte Maurers Team – das Unternehmen war inzwischen zu einer GmbH umgeformt worden – die Weiterentwicklung des Pizza-Managers auf den Markt, den FoodGenius. „Das ist ein Helfer der Gastronomie, der im Labor der FoodGenius, der FoodGenius Labs GmbH, entsteht und ständig weiterentwickelt und angepasst wird“, erklärt der Firmengründer, in dessen Unternehmung aktuell insgesamt 18 Menschen arbeiten.

Einsatzbereiche der FoodGenius-Belegschaft sind einerseits die Entwicklung, andererseits die Kunden-Unterstützung, also der Support. „24 Stunden am Tag“, sagt Maurer, sei bei Problemen jemand für die Kunden erreichbar. „Das muss so sein. Unsere Kunden kommen überwiegend aus der Gastronomie, und da müssen wir uns deren Zeiten anpassen.“ Der FoodGenius läuft übrigens als richtige Software, wird vor Ort installiert. „Es gäbe zwar auch die Möglichkeit, das System browserbasiert zu nutzen, aber wir verfolgen den Ansatz, dass es direkt im Laden funktionieren muss – auch ohne Internet, falls das mal ausfällt.“ Denn ein großer Betrieb, der an einem Abend tausende Euro Umsatz macht, könne es sich nicht leisten, dass plötzlich nichts mehr geht. „Man meint zwar immer, dass das Internet heute überall stabil laufen sollte, aber dem ist nicht so.“

Der Kerngedanke hinter FoodGenius ist, „dem Gastronom so viel Arbeit wie möglich, auf die er eigentlich gar keine Lust hat, abzunehmen. Damit er wieder Zeit hat, Gastgeber zu sein“. Das bedeute, dass die Software den Gastronomen bei der Bestellannahme unterstützt, ebenso bei der Pflege der Speisekarte, bei der Warenwirtschaft, beim Einkauf. „Er versucht an allen möglichen Stellen, gängige Fehler zu vermeiden“, erklärt Maurer. Etwa bei der Abrechnung oder der Bestandserfassung. Die Personalverwaltung mit Zeiterfassung ist drin. „Und was für Lieferdienste spannend ist, ist die Touren-Optimierung.“ FoodGenius legt Lieferfahrten zusammen, wo es sinnvoll ist. Darüber hinaus können Gastro-Betriebe in dem System all ihre Rezepturen samt den dazugehörigen Zutatenlisten und Handlungsanweisungen speichern. Das sei besonders für Franchise-Unternehmen interessant, denn „der Einsatz von FoodGenius garantiert, dass die Zutaten, die Mengen und die Zubereitung überall gleich sind“.

Das System ist so erweiterbar, dass der Kunde in einem Restaurant an einem Terminal seine Bestellung abgeben kann. Oder per Tablet. Oder per Handy. Ein Kunde, der aktuell FoodGenius in seinem Gastronomie-Betrieb einführt, sei Bruder Jakob in der St. Wendeler Fußgängerzone. Der bundesweit bekannteste Referenzkunde ist „Henssler At Home“ von Fernseh-Koch Stefan Henssler. Der größte Kunde ist „Stückwerk Pizzakultur“ mit Sitz im Ruhrgebiet mit mehr als 30 Filialen. Dort kommen Bestell-Terminals zum Einsatz, wie sie der eine oder andere vielleicht von einem großen Burger-Laden kennt.

Um auch künftig in der Oberliga der Gastro-Lieferdienst-Unterstützer mitspielen zu können, ist das FoodGenius Lab dabei, „eine echte kleine KI (künstliche Intelligenz, Anm. der Red.) zu entwickeln. Die soll die Lieferzeitprognose deutlich verbessern“, erklärt der Firmenchef. Ob die nachher auch tatsächlich „live gehen wird, das weiß ich im Moment noch nicht. Aber wir forschen dran, sammeln Daten und lassen sie parallel im Hintergrund mitrechnen. In der Hoffnung, dass wir das Ding irgendwann live schalten und sagen können: ‚Hey, wir haben da jetzt eine total präzise Lieferzeitprognose.’“

 So sieht der FoodGenius-Basisarbeitsplatz aus.

So sieht der FoodGenius-Basisarbeitsplatz aus.

Foto: Balazs Tarsoly

Wenn das dann funktioniere, „wollen wir das Thema Nachhaltigkeit – etwa bei der Warenwirtschaft – verstärkt einbringen“, sagt Maurer, dessen Frau Simone in dem Unternehmen mitarbeitet und Prokura hat. „Wir treffen alle wichtigen Entscheidungen gemeinsam“, sagt der zweifache Vater, der noch mit weiteren Unternehmungen am Markt ist. Einmal gehe es um die Einführung eines Gutscheinsystems für das ganze Saarland. Zum anderen revolutioniere er gerade die Personalplanung in einigen Krankenhäusern und Kliniken. Ins Auge gefasst hat die Maurer-Mannschaft auch Großküchen, etwa in Krankenhäusern oder Altenheimen. Denn auch wer dort lebt oder Zeit verbringt, mag gutes Essen – und das soll er dank FoodGenius bekommen.

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