Zukunft des ländlichen Raumes „Wir glauben an die Zukunft der Dörfer“

Nohfelden · Ein selbstfahrendes Auto, das die Lebensmittel bringt. Orte, die für Jung und Alt attraktiv sind. Wohnquartiere, die sich selbst mit Energie versorgen. Visionen, die im Modellprojekt „Zukunft Dorf“ Wirklichkeit werden könnten.

 Ein Image-Film über die Dörfer und die Heimat im St. Wendeler Land bereicherte die Auftaktveranstaltung.

Ein Image-Film über die Dörfer und die Heimat im St. Wendeler Land bereicherte die Auftaktveranstaltung.

Foto: B&K/Bonenberger

„Das Leben findet bei uns in den Dörfern statt.“ Das betont Innenminister Klaus Bouillon  am Donnerstag vor 200 Gästen bei der Auftaktveranstaltung „Zukunft Dorf“ im Hotel Seezeitlodge am Bostalsee. Und so soll es auch bleiben. Das ist  zumindest das Ziel dieses Leitprojektes im Bundesmodellvorhaben Landaufschwung.

Der Wandel in vielen Dörfern ist aber nicht mehr zu übersehen. Die Einwohnerzahl geht zurück, die verbleibende Bevölkerung wird immer älter.  Junge ziehen weg. Häuser stehen leer. Geschäfte machen zu. Die dörfliche Struktur blutet aus. Die  Attraktivität sinkt. Das muss aber nicht so sein. „Wie sollen die Dörfer im ländlichen St. Wendeler Raum in 20 Jahren aussehen?“, umschreibt Landrat Udo Recktenwald die Kernfrage des Projektes Zukunft Dorf. Und weiter: „Ziel kann es nicht sein, Dörfer aufzugeben. Wir müssen versuchen, das Leben dort attraktiv zu halten.“

Man wolle aber nicht nur theoretische Konzepte erarbeiten, sondern Praxisbeispiele angehen und umsetzen. Das wird in drei Musterdörfern mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten passieren, in Remmesweiler, Oberkirchen und Hasborn. Projektpartner Hugo Kern von der Firma Kernplan stellt diese Schwerpunktdörfer vor. „Wir glauben an die Zukunft der Dörfer“, schickt er  in seiner Präsentation voraus. Und: „Wir müssen das Dorf aktiv neu denken.“

Das Energiedorf Oberkirchen:  Freisen sei die Vorbildgemeinde für erneuerbare Energien im Saarland. In Oberkirchen werde man der Frage nachgehen, wie die zukunftsfähige Versorgung mit Wasser, Entsorgung, Energie und Digitalisierung aussehen kann. Zum Beispiel könnte ein neu entstehendes Wohngebiet autark durch ein kleines Blockkraftwerk mit Strom und Wärme versorgt werden.

Sehnsuchtsdorf Hasborn: Was macht ein Dorf wie Hasborn so attraktiv für Jung und Alt? Das  ist hier die Ausgangsfrage. Sind es die vielen Vereine, die gute Autobahnanbindung? Oder die Dorfentwicklung? Spezielle Netzwerke? Können diese Besonderheiten auf andere Dörfer übertragen werden? Darauf werden Antworten gesucht. Tatsache sei, dass junge Hasborner, die wegziehen mussten, gerne wieder in ihr Dorf zurückkommen.

Smart-Village Remmesweiler:  Wie kann die Versorgung in dem Dorf sichergestellt werden, nachdem der Dorfladen zugemacht hat? Auf diese Frage hat Hugo Kern schon eine konkrete Antwort: „Wir kümmern uns selbst.“ Im kommenden Jahr soll ein Internetshop mit Waren örtlicher Händler eröffnet werden. Dort können die Remmesweiler ihren Einkauf tätigen.  Ältere Bürger treffen sich dazu im Dorfgemeinschaftshaus und können die Artikel dort mit Unterstützung bestellen. Die Warenpakete werden dann ins Dorfgemeinschaftshaus geliefert. Für Berufstätige werden diese in speziellen Boxen abgestellt. Für Kern ist das aber erst der Anfang. Seine Vision: „2030 hat jedes Dorf ein autonom fahrendes Fahrzeug, eine selbstfahrende Mitfahrerbank. Diese organisiert sich selbst und bringt die Bestellungen direkt nach Hause oder ins Dorfgemeinschaftshaus.“

Mit den autonom fahrenden Fahrzeugen werde der Standortnachteil des ländlichen Raumes aufgehoben, ist sich der Experte sicher. Hugo Kern: „Damit lösen wir den Knoten im ländlichen Raum.“

Ein selbstfahrendes, eventuell den Einkauf organisierendes Fahrzeug, das dann vielleicht auch Menschen zu Hause abholen und in die Stadt chauffieren könnte? Das ist eine Vision. Aber so gewollt in diesem Projekt. „Es ist der Versuch, visionäre Dinge zu tun. Hier können wir experimentieren“, so  Landrat Udo Recktenwald. Man versuche nicht, nicht zukunftsfähige Strukturen noch ein paar Jahre aufrechtzuerhalten, unterstreicht Hugo Kern einen Grundsatz.

Eines ist in allen drei Dörfern Voraussetzung: Das Ganze kann nur funktionieren, wenn sich die Menschen vor Ort mit engagieren und sich einsetzen. Die öffentliche Hand kann da nur unterstützen. Recktenwald: „Es ist wichtig, die Ideen mit den Bürgern zusammen zu entwickeln und umzusetzen.“ Dazu wird es eine Reihe von Treffen geben. In Remmesweiler hat ein solches Dorfgespräch schon stattgefunden. Dort  stehe man in den Startlöchern. Auf das Engagement der Bürger setzen auch die drei Bürgermeister der Modelldörfer, Peter Klär, Hermann Josef Schmidt und Karl-Josef Scheer. Das unterstreichen sie in einer Fragerunde mit  Joachim Weyand, der die Veranstaltung kurzweilig moderiert.

Finanziert wird das Modellvorhaben Landaufschwung vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Minister Christian Schmidt geht einer Videobotschaft auf das Ziel des Projektes ein: Es gehe darum, den Wandel aktiv zu gestalten. Der ländliche Raum solle die gleichen Perspektiven bekommen wie die städtischen Gebiete.

 Zahlreiche Gäste interessierten sich für das Projekt Zukunft Dorf, das in der Seezeitlodge vorgestellt wurde.

Zahlreiche Gäste interessierten sich für das Projekt Zukunft Dorf, das in der Seezeitlodge vorgestellt wurde.

Foto: B&K/Bonenberger

Die  Mitarbeiterin des Bundesministers, Katrin Franke, überreicht  an den St. Wendeler Landrat einen Vertrag mit der Verlängerung des Modellprojektes. Das läuft nun bis Ende 2019. Die Gesamtförderung beträgt 2,25 Millionen Euro.

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