Was sagen Pfarrer zu einer Päpstin?

St. Wendel. Johanna von Ingelheim - sie lebte im neunten Jahrhundert. Sie strebte Bildung an, was den meisten ihrer Zeitgenossinnen in einer von Männern dominierten Welt verwehrt blieb. Die Autorin Donna W. Cross schildert in ihrem Roman ein Leben dieser Frau, das der Amtskirche missfällt

St. Wendel. Johanna von Ingelheim - sie lebte im neunten Jahrhundert. Sie strebte Bildung an, was den meisten ihrer Zeitgenossinnen in einer von Männern dominierten Welt verwehrt blieb. Die Autorin Donna W. Cross schildert in ihrem Roman ein Leben dieser Frau, das der Amtskirche missfällt. Darin wird Johanna Chefin der katholischen Kirche im Vatikan, zu Johannes VIII - "Die Päpstin". Bei Historikern und Geistlichen ist umstritten, ob es Johanna jemals gab, deren Romanleben zurzeit im Kino zu sehen ist. "Ich würde jedem meiner Gemeindemitglieder sagen: Geht da rein, damit Ihr mitbekommt, was sonst noch so in der Welt läuft." Pfarrer Christian Scheinost (Foto: dia-saar.de) aus Namborn ist beeindruckt von der Päpstin-Darstellung: "Ich finde es eine sehr interessante These und gar nicht abwegig." Scheinost schätzt sich sehr kirchenkritisch ein und macht daraus öffentlich keinen Hehl. "Ich bin sicherlich kein Kirchenhistoriker. Aber ich habe glaubwürdige Dokumentationen gesehen, wie meine Kirche Dinge verschleiern kann." So traue er der Institution auch die Päpstin-Wahl und die anschließende Leugnung durchaus zu. Ganz anderer Auffassung ist Pastor Anton Franziskus (Foto: SZ) von der Pfarrei St. Wendelin in der Kreisstadt: "Ich habe das Buch nicht gelesen und den Film nicht gesehen. Aber ich habe in einem Geschichtsbuch nachgelesen. Darin heißt es, dass es die Päpstin nie gab. Das glaube ich auch." Ansonsten vermutet Franziskus hinter dieser Geschichte nur eine von vielen, die katholische Kirche in Misskredit zu bringen. "Dem Vatikan unterstellt man gern alle Schlechtigkeit."Franz-Peter Rech (Foto: dia-saar.de) ist Pfarrer der Theleyer Pfarrei. Und auch für ihn steht fest: "Kirchenhistorisch ist an der Sache nichts dran." Er habe den Roman gelesen, und "er besteht aus sehr vielen Mutmaßungen". Aber durch Geschichtsforschungen stehe fest, dass eine Päpstin unmöglich sei. Rech: "Die Legende ist widerlegt, weil es keine zeitliche Lücke zwischen den Päpsten gibt, in der es eine Päpstin gegeben haben könnte." "Auch wenn es geschichtlich nachgewiesen ist, lässt sich das Gerücht um eine Päpstin doch nicht mehr ausrotten", ist Pfarrer Hans-Ludwig Leininger (Foto: Bonenberger) aus Nonnweiler überzeugt. Den Menschen gefalle das Thema Frauen in der Kirche. Denn in diesem Bereich seien die Katholiken noch nicht so weit wie die Gesellschaft. Da bestehe Nachholbedarf. Aber die Story des Romans über eine mögliche Päpstin "scheint nicht belegbar zu sein". Übrigens: Einige Geistliche im Landkreis wollten sich nicht dazu äußern - entweder mit dem Hinweis, das Buch nicht gelesen zu haben, oder aus grundsätzlichen Erwägungen, sich nicht an der Diskussion zur Existenz einer Päpstin zu beteiligen. Meinung

Katholische Kirche braucht Wandel

Von SZ-RedakteurMatthias Zimmermann Die katholische Kirche hinkt der weltlichen Gesellschaft in puncto Gleichberechtigung weit hinterher. Das haben ihr die Protestanten jetzt vor Augen geführt. Denn mit der Wahl der Bischöfin Margot Käßmann zur Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) haben auch ihre männlichen Amtskollegen deutlich gemacht, dass die Frau - dazu noch eine geschiedene - in höchsten Kirchenämtern angekommen ist. So wie Frauen Chefsessel beispielsweise in Konzernen besetzen. Davon sind die Katholiken leider noch weit entfernt - sowohl von Frauen in Führungspositionen als auch von der Priester-Ehe. Fraglich ist, wie lange sich die katholische Amtskirche an diese veralteten Strukturen klammern kann. Denn die Kirche als Institution wäre längst zusammengebrochen, würde sie nicht von Frauen besonders in ländlichen Regionen wie der unsrigen aufrechterhalten. Dazu zählen in erster Linie die engagierten Frauengemeinschaften, die vielerorts mit abwechslungsreichen Angeboten für eine lebendige Gemeinde sorgen. Das ist jedoch nicht genug. Die katholische Kirche muss sich für Frauen in Spitzenpositionen einsetzen. Gleichberechtigung ist auch in der Amtskirche nötig, ansonsten stellen Mythen wie der um eine angebliche Päpstin ewig ein Zeichen für die Ausgrenzung der Frau dar.

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