Lockdown für den Heiligen Auch St. Martins Pferd bleibt im Stall

Hoof · Auch die besonders bei Kindern beliebten Martinsumzüge fallen in diesem Jahr coronabedingt aus. Bleibt nur die Erinnerung: Daniela Müller und Stefanie Drumm schildern ihre Erlebnissen als St. Martin.

 Stefanie Drumm und Daniela Müller (von links) mit ihren Pferden in der Reithalle des Erlen-Hofs.

Stefanie Drumm und Daniela Müller (von links) mit ihren Pferden in der Reithalle des Erlen-Hofs.

Foto: Jennifer Fell

Eigentlich sollte die 37-jährige Kalibriertechnikerin Daniela Müller aus Hoof am Freitagabend mit ihrem Islandpferd Máni durch ihren Wohnort reiten, begleitet von Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr und der Unterhaltungsgruppe Hoof, die Gutscheine für Martinsbrezeln an die vor ihren Haustüren stehenden Kinder verteilen wollten. Diese Alternative hatte der Hoofer Ortsvorsteher Gernot Müller vorgeschlagen, war doch ein Laternenumzug mit anschließender Versammlung auf dem Dorfplatz im Jahr der Corona-Pandemie nicht machbar. Im Zuge rasant ansteigender Infektionszahlen sei jedoch selbst diese Variante zu riskant erschienen, erklärt ein Sprecher der Organisatoren.

Wir treffen uns mit Daniela Müller und Stefanie Drumm vor dem Erlen-Hoof der Familie Schaumburg, der ebenfalls im St. Wendeler Ortsteil Hoof liegt. Hier haben die beiden Frauen seit drei Jahren ihre Pferde untergestellt. Insgesamt 75 Pferde leben derzeit auf dem Reiterhof: „Sie haben hier ganz viel Bewegungsfreiheit und sind bei jedem Wetter draußen, das stärkt das Immunsystem“, erläutert die 27-jährige Pferdepflegerin Stefanie Drumm aus Werschweiler.

Genau wie Daniela Müller war sie in den zurückliegenden Jahren mehrfach als Sankt Martin im Einsatz – was inzwischen eher üblich denn Ausnahme ist: „Ich weiß nicht, warum das so ist, aber Männer sind hier kaum vertreten“, sagt Drumm. Die Frauen berichten von ihren bisherigen Erfahrungen: „Ich bin vor zwei Jahren zum ersten Mal beim Umzug hier in Hoof geritten, vergangenes Jahr kamen dann noch Veranstaltungen in Sinnerthal und Wiebelskirchen dazu“, erzählt Daniela Müller.

Stefanie Drumm ist seit sieben Jahren am Martinstag mit ihrem Pferd Mona, einem Haflinger-Lewitzer-Mix, Mittelpunkt des Geschehens: „Ich war schon bei ganz vielen Umzügen, etwa in Wiebelskirchen, Stennweiler, Illingen, Hirzweiler oder Göttelborn. Allerdings hätte ich in diesem Jahr wohl ohnehin nicht teilnehmen können, da mein Pferd Mona erkrankt und mein zweites Pferd noch nicht soweit ist.“ Daniela Müller ergänzt, dass sich auch nicht jedes Pferd für einen solchen Auftritt eigne, da es häufig erst transportiert werden müsse, was schon Stress bedeute und danach einer Situation ausgesetzt sei, die man nicht simulieren oder trainieren könne: „Es ist dunkel, laut, die Kinder rufen und möchten das Pferd anfassen, und dann ist da natürlich noch das Feuer“, präzisiert sie. Bei ihrem ersten Auftritt vor zwei Jahren in Hoof hätten sich viele begeisterte Kinder um ihr Pferd Máni geschart, da sie dieses schon vom Reitunterricht auf dem Erlen-Hoof kannten: „Er ist dort der Held aller Anfänger, weil er sehr gelassen ist — auch beim Umzug ist er ruhig geblieben.“

Ein ganz besonderes Erlebnis hatte die Werschweilerin Stefanie Drumm bei einem ihrer ersten Einsätze als berittener Heiliger: „Ein Mann kam zu mir und fragte mich, ob ich ihm behilflich sein könne. Er wolle seiner Freundin einen Heiratsantrag machen und ich solle ihm zusammen mit meinem Pferd die Schachtel mit dem Ring übergeben. Das habe ich natürlich gerne mitgemacht. Seine Braut war zu Tränen gerührt und hat Ja gesagt.“

Die 27-Jährige bedauert, dass der Sankt Martinstag in diesem Jahr nicht gefeiert werden kann, dies sei gerade für die Kinder schade, die sich immer sehr auf diese Veranstaltung freuten: „Mein Sohn Nick ist im Waldorfkindergarten. Dort haben die Erzieherinnen improvisiert und eine kleine Feier in den einzelnen Gruppen veranstaltet, bei der Martinsbrezeln verteilt wurden. Dazu durften die Kinder die selbst gebastelten Laternen einschalten. Aber mit der Atmosphäre eines Umzuges ist das nicht vergleichbar“, sagt Drumm.

Auch Daniela Müller bedauert, dass mit dem Wegfall der Feierlichkeiten ein weiteres Stück Kultur und Brauchtum im Jahr 2020 auf der Strecke bleibt: „Wenn ich die Beweggründe für die Absage auch gut verstehe, finde ich es trotzdem schade, dass nicht einmal die Alternativ-Veranstaltung möglich war. Ich hätte das sehr gerne gemacht, denn für die Kinder ist die Zeit der Kontaktsperre ohnehin sehr schwierig. Damit hätten sie zumindest ein wenig Normalität gehabt.“

Beide sind sich einig, dass all die Menschen, die gemeinsam mit ihren Pferden als Sankt Martin auftreten, dies nicht aus finanziellen Erwägungen heraus tun: „Meist bekommt man nur eine kleine Aufwandsentschädigung, die nicht einmal die Kosten abdeckt. Ich habe mir beispielsweise einen Mantel schneidern lassen und muss mir immer eine Transportmöglichkeit suchen“, sagt Stefanie Drumm.

Ihre Reitkollegin Daniela Müller fügt hinzu: „Aber man macht es dennoch voller Begeisterung. Denn die glänzenden Kinderaugen sind die schönste Belohnung für Pferd und Reiter.“ Dem kann Stefanie Drumm nur zustimmen.

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