Unsere liebsten Weihnachtsserien Unvergessene Weihnachtsserien
Melanie Mai (45) „An Weihnachten bleibt der Fernseher aus.“ Das war die Ansage meines Vaters Jahr für Jahr. Es sollte schließlich Zeit für die Familie sein, zum Plaudern, zum Spielen. Eine Ausnahme gab es allerdings. Die Weihnachtsserien im ZDF durften meine Schwester und ich stets gucken. Und meistens schauten unsere Eltern mit. Das ging schon mit „Timm Thaler“ los. Damals war ich vier, und ich erinnere mich noch heute dran, wie wir später diskutierten. Die alles entscheidende Frage: Würdest Du dein Lachen für viel Geld verkaufen? Damals dachte ich noch, das wäre gar nicht so schlimm; heute für mich unvorstellbar. Aber eigentlich verbinde ich mit den Weihnachtsserien eine ganz andere Person: Patrick Bach. Ich glaube, ich war ein bisschn verknallt in ihn, als er 1981 als Silas auf seinem schwarzen Pferd „Grünspan Entendreck“ schimpfte. Nur seinetwegen schaute ich mir ein Jahr später auch „Jack Holborn“ an, obwohl mich das Piraten-Thema nicht wirklich interessierte. Umso glücklicher war ich, als Patrick Bach 1987 in „Anna“ zurückkehrte. Hier stimmte alles: Die Hauptdarsteller, das Thema, die Musik. „Anna“ war gleichzeitig das Ende meiner Weihnachtsserien-Ära. Von nun an blieb an den Feiertagen der Fernseher aus.
Evelyn Schneider (42) „My love is a tango“ . . . Dieses Lied kommt mir sofort in den Sinn, wenn ich an Weihnachtsserien denke. Und vielleicht ist meine Liebe nicht speziell der Tango, aber der Tanz ganz sicher. Auch wenn ich leider nicht mit dem Talent gesegnet wurde wie Anna. Die gleichnamige Serie über die junge Ballerina, die sich nach einem schweren Autounfall zurück ins Leben und auf die Tanzfläche kämpft, hat mich als neunjähriges Mädchen sehr begeistert. Und – wie ich rückblickend feststellen muss – auch ein bisschen geprägt. Denn mit Anna fing meine Liebe zu Tanzfilmen an. Ob „Dirty Dancing“, „Honey“ oder „Save the last dance“ – ich mag es, wenn sich Geschichten mit Tanz und Musik verbinden. Selbstredend wollte ich als Kind auch selbst Ballettunterricht nehmen, später war es eher der Hip-Hop-Kurs, der mich interessierte. Es ist gar nicht so lange her, da habe ich mir – aus Sentimentalität – die komplette „Anna“-Serie auf DVD gekauft. Vielleicht sollte ich sie 2020 noch einmal zu meiner Weihnachtsserie machen und mit Anna – zumindest gedanklich – übers Parkett schweben.
Sarah Konrad (29) „Meine liebste Weihnachtsserie“ – die Begeisterung meiner Kollegen für dieses Thema teile ich so ganz und gar nicht. Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht einmal daran erinnern, dass es solche Serien zu meiner Kindheit überhaupt gegeben hat. In Zeiten, in denen ich noch ans Christkind glaubte, zeigte das ZDF am 24. Dezember meist „Michel aus Lönneberga“ und „Pippi Langstrumpf“ in Dauerschleife. Aber dank Netflix muss ich meinen (alten) Kollegen hier das Feld nicht ganz überlassen. Denn das Streaming-Portal veröffentlicht in der kalten Jahreszeit immer mal wieder neu produzierte Weihnachtsserien. Momentan schaue ich mir das norwegische Netflix-Original „Weihnachten zu Hause“ an: Johanne ist 30 Jahre alt, Krankenschwester und single. Am ersten Adventssonntag ist sie bei ihren Eltern zum Essen eingeladen. Während sie alleine vorbeischaut, rücken ihre Geschwister mit Partnern und Kindern an. Verzweifelt behauptet Johanne, dass auch sie inzwischen eine glückliche Beziehung führe. Blöd nur, dass ihre Familien den neuen Freund unbedingt an Heiligabend kennenlernen möchte. Johanne bleiben nun also genau vier Wochen, um die Liebe ihres Lebens zu finden. Klingt nach einer kitschigen, übertriebenen, vorhersehbaren Geschichte – und das ist sie auch. Aber was soll’s, in diesem Corona-Winter ist selbst die Serie „Weihnachten zu Hause“ eine willkommene Abwechslung.
Volker Fuchs (60) Zu meiner Kinderzeit gab es ganze zwei Fernsehprogramme, das Erste und das Zweite. In den 60er Jahren hatten wir noch einen Fernsehschrank. Der Schwarz-Weiß-Bildschirm versteckte sich hinter einer rollladenähnlichen Schiebetür, die abgesperrt und nach zwei Seiten wie ein Vorhang aufgeschoben werden konnte. Fernsehen war damals irgendwie etwas Besonderes. Und etwas ganz Besonderes waren die Aufführungen der Augsburger Puppenkiste. Für mich wie ein Weihnachtsgeschenk, auch wenn die Serien meiner Erinnerung nach meist im November anliefen. Unvergessen „Urmel auf dem Eis“, oder „Kommt ein Löwe geflogen“, „Kleiner König Kallewirsch“, „Bill Bo“. Da schlägt mein Herz heute noch höher, habe ich heute noch Bilder von den hüpfenden Figuren im Kopf. Und manches Lied ist mir noch präsent. Zum Beispiel, wenn der traurige Seelöwe singt: „Ich weiß nicht, was soll das bedeuten . . .“ Viele Jahre später habe ich als Erwachsener bei einem Besuch in Augsburg in der Puppenkiste Videokassetten mit „Urmel auf dem Eis“ gekauft und sie meinen Kindern gezeigt. In Farbe. Übrigens: Videokassetten waren damals topmodern. Und heute? Hat längst nicht mehr jeder ein passendes Abspielgerät zuhause. „Urmel auf dem Eis“ aber hat für mich trotz aller technischen Veränderungen nichts von seiner Faszination verloren. Bald mit meinen Enkeln: Beim Gucken wird dann die Couch zur Mupfel.
Thorsten Grim (48) Es begab sich aber zu der Zeit, als Kaiser Franz beim HSV zum Saisonende noch einmal die Meisterschale in Händen halten würde, dass alle Welt sich vorm Bildschirm versammele. Ja, ein jeder vor dem einen pro Haushalt. Mehr gab es nicht. Auch kein Netflix oder Amazon Prime oder so. Das alles geschah zu der Zeit, als Helmut Kohl Landpfleger... äh Kanzler von Deutschland war. Später öffnete er dem Engel Kirch die Tür und den privaten Sendern das Tor. Doch das ist eine andere Geschichte. Zur Zeit also, da alles noch heile war und überhaupt mehr Lametta, sendete das ZDF Weihnachtsserien. Wenn ich gedanklich ins Damals reise, lande ich im Winter ’81 (Kaiser Franz verrät’s) – ich sehe lange Spaziergänge im weißen Winterwunderland, warmer Kakao, ich auf auf der Couch, die Füße unter einer kuscheligen Wolldecke und dann geht es ab, mit Patrick Bach in eine Welt voller Abenteuer. Er ist ist wild und unerschrocken, der verkaufte Junge – mit seinem Hengst, dem Schwarzen. Viele Prüfungen muss mein Held bestehen, ehe es zum glücklichen Ende kommt: Silas. Im Jahr darauf steche ich mit Jack Holborn in See und gerate schnurstracks hinein in die Welt furchtloser Piraten. In jenem Jahr hatte mir das Christkind das Buch „Die Schatzinsel“ unter den Baum gelegt. Ich war begeistert. Doch dann der Absturz mit der unsäglichen Piefigkeit des „Nesthäkchens“. Endgültiger Tiefpunkt markiert für mich „Anna“. Eine grauenhaft langweilige Geschichte – mit meinem Silas im Rollstuhl. Wer bitte denkt sich denn sowas aus? Und warum?
Mit Thimm Taler fing an Weihnachten 1979 alles an.