Fußball-Europameisterschaft „Das Halbfinale sollte drin sein“

St Wendel · Mit dem Spiel gegen Weltmeister Frankreich startet die deutsche Nationalelf diesen Dienstag in die Fußball-EM. Die Fußball-Trainer aus der Region trauen dem Team durchaus etwas zu, die „Todesgruppe“ könnte sogar ein Vorteil sein.

 Dass Bundestrainer Joachim Löw die Spieler Mats Hummels (links) und Thomas Müller (rechts) vor der EM zurück in die Fußball-Nationalmannschaft geholt hat, begrüßen auch die Trainer aus der Region. Einige hätten auch  Jeróme Boateng gerne im Team gesehen.

Dass Bundestrainer Joachim Löw die Spieler Mats Hummels (links) und Thomas Müller (rechts) vor der EM zurück in die Fußball-Nationalmannschaft geholt hat, begrüßen auch die Trainer aus der Region. Einige hätten auch  Jeróme Boateng gerne im Team gesehen.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Der Auftakt wird gleich knallhart: An diesem Diemstag um 21 Uhr trifft die deutsche Nationalmannschaft im ersten Gruppenspiel der Fußball-Europameisterschaft auf Weltmeister Frankreich. Mit Frankreich, Europameister Portugal und Ungarn spielt Deutschland damit in der „Todesgruppe“, der wohl schwersten Vorrunden-Gruppe. Dennoch trauen die Fußball-Experten im Kreis der Mannschaft viel zu.

 Faruk Kremic, Trainer der SG Marpingen-Urexweiler.

Faruk Kremic, Trainer der SG Marpingen-Urexweiler.

Foto: Frank Faber

„Deutschland hat eine gute Mannschaft mit erfahrenen und jungen Spielern, der Bundestrainer hat eine gute Auswahl getroffen“, findet Faruk Kremic, der Trainer des Verbandsligisten SG Marpingen-Urexweiler. Die Rückholaktion der von Bundestrainer Joachim „Jogi“ Löw zuvor ausgemusterten Mats Hummels und Thomas Müller bezeichnet er als gute Entscheidung. Was für das Team drin ist? „Klar hat Deutschland mit Frankreich, Portugal und Ungarn eine starke Gruppe erwischt, aber da muss die Mannschaft trotzdem weiterkommen, vielleicht sogar dann bis ins Halbfinale“, findet der 47-jährige Trainer. Beim Blick auf die Titelanwärter hat er keinen klaren Favoriten, stattdessen „sechs, sieben Teams“, die das schaffen können. „Entscheidet wird sein“, glaubt Kremic, „welches Team nach dem Corona-Jahr und der Belastung der Spieler mit einer kurzen Pause die meiste Frische auf den Platz bringt. Am Ende wird eine eingespielte Mannschaft den Titel holen.“

 Christian Schübelin, Übungsleiter des FC Freisen.

Christian Schübelin, Übungsleiter des FC Freisen.

Foto: B&K/Bonenberger/

Sein Freisener Kollege Christian Schübelin merkt an: „Deutschland hat ja zunächst drei Heimspiele in München.“ Dennoch ist er vor dem Anpfiff noch skeptisch, was eigentlich in Löws Team drinsteckt. „Löw hätte auch Jeróme Boateng zurückholen sollen“, meint der 41-jährige Übungsleiter. In der Offensivabteilung des DFB-Teams sieht er mehr Vorbereiter als klassische Strafraumtypen, die dann die Tore schießen. „Im Mittelfeld muss man sehen, wie fit Toni Kroos ist und wann Leon Goretzka zurückkommt“, findet Schübelin. Auftaktgegner Frankreich geht für ihn als Topfavorit in das Turnier. „Aber dieses Mal gibt es so viele Favoriten wie noch nie. Wir werden sehr viele interessante Spiele sehen können“, ist Schübelin überzeugt.

Grenzwertig findet er den Turniermodus mit 24 Mannschaften an zwölf Spielorten, weswegen die Kicker in Corona-Zeiten oft quer durch Europa reisen müssen.

 Der Trainer des VfB Theley, André Dewes.

Der Trainer des VfB Theley, André Dewes.

Foto: Verein

Für Theleys Spielertrainer André Dewes hat Löw ein gutes Aufgebot nominiert. „Im Mittelfeld ist Deutschland doppelt und top besetzt“, sagt er. Wenn Joshua Kimmich auf die Position des rechten Verteidigers rücke, habe sich Löw auf der Sechser-Position Luft verschafft. „Damit bootet er dann keinen etablierten Spieler aus und setzt ihn auf die Bank“, meint der 36-Jährige. Einen Spieler aber vermisst Dewes im Aufgebot. Als Fan von Eintracht Frankfurt hätte er gerne die Spielkunst von Eintracht-Spielmacher Amin Younes im deutschen Mittelfeld gesehen. Ganz vorne kann er sich den Auftritt des Rückkehrers Thomas Müller, der die Hälfte der Bayern-Tore von Robert Lewandowski vorbereitet hat, gemeinsam Sergé Gnabry und Timo Werner gut vorstellen. „Werner hat zwar zuletzt viele Chancen versiebt, hat aber auch für den Champions-League-Gewinner FC Chelsea im zweistelligen Bereich Tore vorbereitet“, sagt Dewes.

Bereits in den Gruppenspielen gegen Weltmeister Frankreich und Titelverteidiger Portugal antreten zu müssen, birgt für ihn auch Vorteile: „Sicher ist Frankreich das Maß aller Dinge. Aber wenn Deutschland in den Gruppenspielen weiterkommt, kann es erst wieder ganz spät im Turnier auf Favoriten wie Frankreich treffen.“ Deshalb sei das Erreichen des Halbfinals gar nicht so utopisch.

Mit dieser Meinung steht Dewes nicht alleine da. „Da die vier besten Dritten auch noch weiterkommen, muss Deutschland sich schon saublöd anstellen, damit die Mannschaft nicht ins Achtelfinale kommt. Dazu kommt dann noch, dass wir das letzte Gruppenspiel gegen Ungarn haben“, meint auch Peter Krämer, Trainer des Landesligisten SG Nohfelden/Wolfersweiler. Doch er meldet auch Bedenken an: „Der Bundestrainer muss mich zuerst von seinem Vorhaben, hinten mit einer Dreierkette zu spielen, richtig überzeugen.“ Bei der taktischen Ausrichtung in der Defensive sieht er zu viel Raum im Rücken der Außenbahnspieler. „Und dadurch entstehen dann zu große Räume“, warnt Krämer.

 Peter Krämer, Trainer des TuS Nohfelden.

Peter Krämer, Trainer des TuS Nohfelden.

Foto: Dirk Naumann

Im Angriff freut sich Krämer auf die Rückkehr von Thomas Müller, aber einen Strafraumspieler mit Präsenz und Durchsetzungsvermögen vermisst er im Aufgebot. „Der DFB hat zu lange auf die falsche Neun gesetzt und keine Spieler Marke Mittelstürmer ausgebildet“, merkt Krämer an. Was er der Mannschaft letztendlich zutraut? Bei der Turnierkonstellation müsse das Viertelfinale machbar sei, ein Halbfinale wäre schön. „Vom Start gegen Frankreich wird viel abhängen“, ist Krämer überzeugt.

 Heiko Wilhelm, Trainer des SV Hasborn.

Heiko Wilhelm, Trainer des SV Hasborn.

Foto: FCH

Auch für Heiko Wilhelm, den Trainer des Saarlandligisten SV Hasborn, ist Frankreich aktuell das Nonplusultra – und Belgien der Geheimfavorit auf den Titel. „Die Zusammenstellung der deutschen Mannschaft ist gut, ich hätte aber auch Jeróme Boateng noch mitgenommen“, sagt Wilhelm. Auch er traut der DFB--Mannschaft einiges zu. „Mit Frankreich und Portugal kommen dicke Brocken in der Gruppe, doch da müssen wir weiterkommen. Insgesamt kann das Team was erreichen“, meint der 50-Jährige. Für ihn persönlich ist momentan die taktische Ausrichtung, ob Deutschland mit einer Vierer- oder Dreierkette verteidigt und vorne mit einem oder zwei Angreifer agiert, gar nicht so wichtig. „Wir wollen einfach nur die Stärken des deutschen Teams sehen“, fordert Wilhelm. Für viel wichtiger hält er es, dass die Europameisterschaft auch ein großes Stück an Normalität wieder zurückbringt. „Deshalb sollen wir uns einfach auf viele schöne Fußballspiele freuen“, was Wilhelm bis zum 11. Juli genießen wird.

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