Reisebüros im Landkreis St. Wendel „Jede Buchung ist für uns ein Jackpot“

St Wendel · Wegen der Pandemie trauen sich viele Menschen immer noch nicht, in Urlaub zu fahren. Die Reisebüros im St. Wendeler Land freuen sich daher über jeden einzelnen Kuden.

 Strand oder Berge? Mittelmeer oder Ostsee? Zu dieser Fragen können sich Urlaubswillige im Reisebüro beraten lassen.

Strand oder Berge? Mittelmeer oder Ostsee? Zu dieser Fragen können sich Urlaubswillige im Reisebüro beraten lassen.

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Die Tourismusindustrie steuert nach dem heftigen Absturz in der Corona-Krise 2020 zunächst weiter auf harte Zeiten zu. Zwar sehen Reisebüros und Veranstalter im Landkreis einen ersten Hoffnungsschimmer, doch von früheren Umsätzen und Buchungen sind sie noch meilenweit entfernt. Mit den jüngsten Lockerungen und Öffnungen zahlreicher Länder steigt wieder die Reiselust. Aber. „Das fängt doch schon in Deutschland an, jedes Bundesland kocht sein eigenes Süppchen. Wie soll ein Kunde bei den völlig unterschiedlichen und ständig veränderten Verordnungen noch durchblicken?“, sagt Mary Künzer, Inhaberin des Reisebüros Künzer in Oberkirchen.

Noch rollt ihr Reisebus nicht, der dadurch aber laufende Kosten einfährt. Wie im Vorjahr sind ihr nun erneut unter anderem Abschlussfahrten mit Schulklassen oder Vereinsausflüge weggefallen. „Elf Touren sind schon wieder abgesagt worden“, klagt sie. Zudem laufen die Anfragen für die Urlaubssaison in ihrem Reisebüro noch spärlich an. „Eine Buchung an einem Tag ist nicht wirtschaftlich“, meint Künzer. Einen Urlaub auf der griechischen Insel Kos muss sie wegen der Einstufung zum Risikogebiet stornieren, einen in Ägypten bucht sie um. „Die Nachfrage ist noch sehr verhalten“, findet die Touristikunternehmerin. In den Sommerferien hat sie Bustouren ins Salzburger Land, nach Südtirol, in den Harz und nach Dresden geplant. „Ich hoffe, dass ich in diesem Jahr noch auf maximal 14 Fahrten komme, was kein Vergleich zu früheren Jahren ist“, stellt Künzer gegenüber.

Die Rückabwicklung von Reiseverträgen mache mehr Arbeit als das eigentliche Verkaufen, sagt Sabine Ost, Geschäftsführerin des gleichnamigen Reisebüros in Oberthal. „Nach wie vor ist alles sehr kompliziert, ständig ändert sich was“, weiß Ost, dass dadurch generell der Beratungsbedarf steigt. Denn weiterhin spricht das Auswärtige Amt Reisewarnungen für viele Regionen in Europa aus. „Dann kommt ein PCR-Test dazu, der Zusatzkosten für den Kunden verursacht“, erklärt Ost. Die Sehnsucht der Menschen nach Urlaub sei groß, allerdings sei momentan alles noch zu kompliziert. „Die Balearen, die Kanaren oder Portugal sind sicher. Dank Impfung schießen die Preise für eine Reise in die USA durch die Decke“, sagt sie.

Derzeit erlebt die Geschäftsführerin ihren Arbeitsalltag so, dass er fast unwirtschaftlich ist. „Jedes vierte Reisebüro schließt“, blickt Ost auf eine gebeutelte Branche. Und gleich orakelt sie: „Wir sind die Letzten, die aus der Nummer rausgehen.“ Erst 2023 rechnet die Oberthalerin wieder mit normalen Verhältnissen. „Die Nachfrage kommt wieder in Schwung, aber kein Kunde weiß, was er buchen kann und deshalb besteht eine große Unsicherheit“, erläutert Stefan Würtz, Inhaber von Best Reisebüro in der St. Wendeler Bahnhofstraße. Allgemein benötige die Reisebranche nun endlich Planungssicherheit. „Über uns schwebt das dreitägige Damoklesschwert des Robert-Koch-Instituts, das nach Inzidenz-Werten aussagt, welches Land als Risikogebiet oder Virusvariantengebiet eingestuft wird“, meint Würtz. Rund 18 Monate bade dies die Reisebranche schon aus. „Die Politik tut nichts, die Hilfen im Reisebereich sind unzureichend. Für den persönlichen Lebensunterhalt haben wir noch keinen Cent bekommen“, beschwert er sich.

Als Hoffnungsschimmer bezeichnet er die Gruppe der geimpften Personen ab 60 Jahre. „Da gibt es Nachfragen für den September und Oktober. Der Wunsch der Kunden, eine Reise anzutreten, ist vorhanden. Aber es ist schwierig und die Testpflicht macht es nicht einfacher“, so Würtz. Auch Cynthia Wittling, Inhaberin und Geschäftsführerin von Cynthias Reisewelt in Niederkirchen, hat festgestellt: „Die Kunden sind reiselustig und die Beratung für die Einreise ins und Rückreise aus dem Urlaubsland ist intensiver geworden.“ Tagesaktuell werde die Liste der Coronavirus-Risikogebiete beobachtet. Viele Länder fordern bei der Einreise derzeit ein negatives Testergebnis, das in der Regel nicht älter als 48 bis maximal 72 Stunden sein darf. „In den meisten Fällen ist ein PCR- oder vergleichbarer Test erforderlich, wodurch der Kunde Mehrkosten in Kauf nehmen muss“, sagt Wittling.

 Mary Künzer vom Reisebüro Künzer hofft auf bessere Zeiten.

Mary Künzer vom Reisebüro Künzer hofft auf bessere Zeiten.

Foto: Frank Faber

Kreuzfahrten gehen und Urlaubsreisen auf die Ferieninsel Mallorca, nach Spanien oder Griechenland seien nachgefragt und gebucht worden. „Es ist noch kein Vergleich zu der Zeit vor Corona, aber jede Buchung ist für uns ein Jackpot“, sagt Wittling, die sich freut, dass es nun wieder losgeht.

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