Dichter Johannes Kühn „So suche ich mein Glück im Gedicht“

Wörschweiler/Hasborn · Dichter Johannes Kühn wird am 3. Februar 85 Jahre alt. Wörschweiler Filmemacherin Gabi Bollinger widmete ihm ein Porträt.

 Benno Rech (links) und Johannes Kühn sitzen regelmäßig zusammen an ihrem Stammtisch im Gasthaus Huth in Hasborn-Dautweiler. 

Benno Rech (links) und Johannes Kühn sitzen regelmäßig zusammen an ihrem Stammtisch im Gasthaus Huth in Hasborn-Dautweiler. 

Foto: Evelyn Schneider

Der koffeinfreie Kaffee in der Tasse dampft noch, auf dem Tisch liegen verschiedene Blätter, es wird gelesen, geschwiegen und diskutiert. So sitzen Lyriker Johannes Kühn und sein Freund Benno Rech häufig im Gasthaus Huth in Hasborn-Dautweiler zusammen. An dem Tisch am Fenster hat der 84-jährige Dichter seinen Stammplatz, und hier kam ihm schon so manche Zeile in den Sinn. „Ich schreibe Zuhause oder in der Wirtschaft. Ich bin dann in einer Art von Fieber. Die Worte fließen einfach aufs Papier.“ Zunächst schreibt Kühn alles von Hand auf. Den Titel habe er als erstes, dann folge der Rest. Wie aus einem Guss. „Er bosselt nicht an Gedichten herum“, sagt Rech. Vor ihm liegen drei neue Schöpfungen Kühns. Ein typisches Tageswerk des Poeten. Über dem Papier, auf dem Kühn per Hand seine Verse aufnotiert hat, ist fein säuberlich ein zweites Blatt fixiert. Es ist das gleiche Gedicht, doch dieses Mal hat eine Schreibmaschine akkurat die Buchstaben aufs Papier gedruckt. „Ich bin auf die Schreibmaschine gut zu sprechen“, begründet Johannes Kühn schmunzelnd seine Wahl.

Die Treffen der beiden Jugendfreunde dienen dazu, die besten Gedichte auszuwählen. „Wenn wir arbeiten, sind wir in der Regel zu dritt“, erklärt Benno Rech. An diesem Vormittag fehlt seine Frau Irmgard. „Johannes ist der Chef und meine Frau und ich die Dichterknechte“, benennt er lächelnd die Rollenverteilung.

Erst vor wenigen Wochen hat die Wörschweiler Filmautorin Gabi Heleen Bollinger dem saarländischen Dichter Kühn ein besonderes Porträt gewidmet. In „Papier, Stift, Kaffee und Zigarren“ wird ein ungewöhnliches Leben in lyrischen Bildern gezeigt. Die Filmautorin hat den Dichter im Auftrag des Saarländischen Rundfunks in einem 30-Minuten-Feature porträtiert: „Papier, Stift, Kaffee und Zigarren – Der Dichter Johannes Kühn.“ Gabi Bollinger sagt: „Der Film begleitet Kühn in seinem Tagesablauf und erzählt sein Leben in lyrischen Bildern, Gedichten und der Begegnung mit Weggefährten.“ Eigentlich hatte sie den Beschluss schon länger gefasst, einen Film über  Kühn endlich anzugehen. Seine Gedichte haben mich schon vor Jahren zu einem 30-Minuten Hörstück inspiriert und auch zu einem kleinen Film im Kulturmagazin des Saarländischen Rundfunks“, erzählt die in Wörschweiler lebende Künstlerin (wir berichteten).

Die beiden Männer saßen schon als Jugendliche so zusammen. Während der gemeinsamen Schulzeit im Internat des Missionshauses habe Kühn ihm seine Gedichte vorgelesen, erinnert sich Rech zurück. Und dann haben die beiden Jungen darüber gesprochen. Für zwei Bergmannskinder sei es damals eher ungewöhnlich gewesen, ein Gymnasium zu besuchen. Das Missionshaus sei eine große Chance für sie gewesen. Auf dem Heiligen Berg in St. Wendel war es auch, wo die bis heute währende Freundschaft begann. Kühn erinnert sich noch genau an seine ersten Zeilen. „Ich habe über das Glockengeläut im Dorf geschrieben.“ „Sonntagsglocken“ lautete der Titel. „Ich habe zu schreiben angefangen und nie mehr aufgehört.“ So einfach beschreibt er seine Dichterkarriere. Von Kritikern, Verlegern, Übersetzern wird er in Deutschland und weit darüber hinaus als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Lyriker der Gegenwart gefeiert. Seine Gedichte wurden ins Französische, Spanische und gar ins Japanische übersetzt, er selbst mit zahlreichen Literaturpreisen bedacht. „Das weiß der Hasborner Bürger nicht“, sagt Kühn. „Sie sagen sich vielmehr: Er ist ein Komet aus der Heimat und der leuchtet ein bisschen.“ Ihren Dichter-Stern möchten die Menschen in Hasborn-Dautweiler am Sonntag, 3. Februar, in der Kulturhalle feiern. Dann nämlich wird der Lyriker 85 Jahre alt. Er und seine treuen Wegbegleiter Irmgard und Benno Kühn lassen es sich dabei nicht nehmen, das Programm mitzugestalten. Einmal am Vormittag und einmal am Nachmittag werden sie Gedichte vorlesen. Benno Rech zückt zwei Blätter aus seiner Tasche. Darauf ist ein Ablaufplan samt der bereits ausgewählten Verse vermerkt. „Ich freue mich darauf“, sagt Kühn.

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